Täglich mehr wissen
00:00:01: Guten Morgen.
00:00:02: Hier ist Ihr Tagesanbruch von T-Online für Dienstag, den neunten September, zwei-tausendfünfundzwanzig.
00:00:09: Was heute wichtig ist?
00:00:10: Spätsommermuse und Kriegsterror.
00:00:13: Wie geht das zusammen?
00:00:14: Geschrieben von T-Online-Chef-Redakteur Florian Harms.
00:00:18: Und am Mikrofon bin heute ich im Gezimmermann.
00:00:23: Der Spätsommer ist ein Meister der Täuschung.
00:00:26: Die Luft duftet immer noch nach Ferien, der Himmel spannt sich in markelosem Blau über Biergärten und Bullplätze.
00:00:33: Selbst ein Dienstag fühlt sich plötzlich an wie ein Feiertag.
00:00:37: Doch während hierzulande die Sonne scheint, wird anderswo das Licht ausgelöscht.
00:00:41: Die Ukraine erleidet die stärksten Luftangriffe seit Beginn des russischen Angriffskriegs.
00:00:46: Bomben prasseln auf Wohnhäuser, Fabriken stürzen ein, Menschen fliehen aus Kellern, die sie für sicher hielten.
00:00:53: Im Gasastreifen Walz, die israelische Armee, alles nieder und macht auch noch Gaserstatt dem Erdboden gleich.
00:00:59: Männer und Frauen sterben im Kugelhagel, Kinder hungern.
00:01:03: In Jerusalem richten palästinensische Terroristen ein Blutbad an, prompt schwört die israelische Regierung noch härtere Rache.
00:01:10: Und im Sudan tobt ein Bürgerkrieg so gnadenlos, dass es den meisten Medien nicht einmal eine Schlagzeile wert ist.
00:01:17: Dort, wo niemand mehr hinschaut, sterben die meisten Menschen.
00:01:21: Während die Gewalt eskaliert, zieht sich die Welt zurück.
00:01:24: Die US-Regierung kürzt ihre humanitäre Hilfe, die Vereinten Nationen streichen deshalb Nothilfeprogramme zusammen.
00:01:32: Hilfsorganisationen müssen entscheiden, wer noch eine Mahlzeit und eine Infusion bekommt und wer nicht.
00:01:38: Die Welt ist ein zynischer Ort, denn wir leben in zwei Realitäten zugleich.
00:01:42: In der einen bestellen wir unseren Cappuccino in der anderen verhungert ein Kind.
00:01:47: In der einen ärgern wir uns über einen verspäteten Zug, in der anderen sucht jemand im Schutt nach den Überresten seiner Angehörigen.
00:01:54: Dieser Kontrast ist so bizarr, dass er eigentlich nicht auszuhalten ist.
00:01:59: Kein Wunder, dass viele Menschen hierzulande mittlerweile wegschauen.
00:02:02: Nicht aus Ignoranz, sondern aus Selbstschutz.
00:02:05: Die Omnipresenz des Grauens zermürbt sie, doch Mitgefühl ist wie ein Muskel.
00:02:09: Wird er nicht benutzt, verkümmert er.
00:02:12: Wer dem Fatalismus verfällt und nun noch, ich kann ja eh nichts ändern, säuft, macht das Elend noch größer.
00:02:18: Schon richtig, als kleine Würstchen.
00:02:20: im großen Weltgeschehen können wir Kriege nicht stoppen.
00:02:23: Eines jedoch können wir.
00:02:24: Wir können verhindern, dass uns das Leid gleichgültig wird.
00:02:28: Das Rezept ist einfach und schwer zugleich.
00:02:31: Erstens.
00:02:31: Bewussthinsehen.
00:02:33: Nicht in der Endlosschleife der Breaking News versinken, sondern wenigstens einmal am Tag aufmerksam lesen, sehen, verstehen.
00:02:41: Zweitens.
00:02:42: Reden.
00:02:43: Wer mit Freunden und Kollegen über das Weltgeschehen spricht, verwandelt Ohnmacht in Anteilnahme.
00:02:49: Drittens.
00:02:50: Handeln.
00:02:51: Eine Spende ist kein Ersatz für politische Lösungen, aber sie kann buchstäblich Leben retten.
00:02:56: Schon ein Eurovermarkt, ein Kind zu ernähren, eine Wunde zu versorgen, einen Brunnen zu füllen.
00:03:02: Noch scheint die Sonne am deutschen Spätsommerhimmel.
00:03:05: Bald wird sie verschwinden, die Nächte werden länger, der Herbst drückt näher.
00:03:09: Vielleicht ist jetzt der Moment gekommen, um stillen Widerstand gegen die Dunkelheit zu leisten.
00:03:14: Nicht indem wir unsere berechtigte Freude über den Cappuccino in der Mittagspause unterdrücken, sondern indem wir uns weigern, das Leid der Welt zu ignorieren.
00:03:22: Wer beides wahrnimmt, das Glück hier, das Grauen dort, bleibt Mensch.
00:03:26: Wer hinschaut und hilft, auch nur ein wenig, widersetzt sich dem Zynismus.
00:03:31: Denn das größte Geschenk, dass wir den Opfern all der Katastrophen Kriege und Konflikte machen können, ist nicht Mitleid, sondern Aufmerksamkeit.
00:03:39: Und der entschlossene Satz, ihr seid uns nicht egal.
00:03:48: Es kam so wie es kommen musste.
00:03:50: Der französische Regierungschef François Bayrou hat die von ihm selbst initiierte Vertrauensabstimmung in der Nationalversammlung verloren, nach nur acht Monaten im Amt.
00:04:00: Damit hat er sich zwar mehr als doppelt so lange gehalten wie sein Vorgänger Michel Barnier, der es nur auf drei Monate brachte.
00:04:08: Im Ergebnis aber ist weiterhin schleiherhaft, wie unser Nachbarland zu einem ausbalancierten Haushalt finden und seine horrende Staatsverschuldung von einhundert vierzehn Prozent der Wirtschaftsleistung senken will.
00:04:19: Präsident Emmanuel Macron, der das politische Pad in Paris mit seiner Entscheidung nach der Europawahl im Sommer im Jahr zwanzig das Parlament aufzulösen, überhaupt erst herauf beschwor, muss erneut einen Premier nominieren, der erneut über keine klare Mehrheit verfügen wird.
00:04:37: Große Show!
00:04:39: Mehrere Millionen deutsche Arbeitsplätze hängen an der strauchelnden Automobilindustrie, da zeigt die Politik Präsenz.
00:04:46: Wenn heute in München die Automesse IAA ihre Pfoten öffnet, ist nicht nur Bayerns Ministerpräsident Markus Söder als Gastgeber vor Ort, auf dem Fuß folgen Kanzler Friedrich Merz, Wirtschaftsministerin Katharina Reiche und Verkehrsminister Patrick Schneider.
00:05:03: Rund siebenhundertfünfzig Aussteller wollen den Fachbesuchern ihren Neuheiten rund um das Thema Mobilität vorstellen oder eher zeigen, dass sie richtig gute Elektroautos bauen können.
00:05:14: Für die deutschen Hersteller lautet die Herausforderung, sich gegen die Konkurrenz aus China zu behaupten.
00:05:21: Heikle Entscheidung.
00:05:22: Rund drei Wochen ist es her, dass an der Adria-Küste eine brisante Festnahme erfolgte.
00:05:28: Da vollstreckten italienische Polizisten einen Haftbefehl gegen den Ukrainer Serhi Ka, den die Bundesanwaltschaft verdächtigt, an dem Sprengstoffanschlag auf die Gas-Pipelines Nord Stream I und II mitgewirkt zu haben.
00:05:42: Seither sitzt der Mann, der die Vorwürfe bestreitet in Untersuchungshaft und die italienische Justiz muss entscheiden, ob er an Deutschland ausgeliefert wird.
00:05:51: Damit lässt sie sich Zeit.
00:05:52: Doch heute könnte es soweit sein.
00:05:55: Das war der T-Online-Tagesanbruch, produziert vom Podcast Radio-Detektor FM.
00:06:00: Immer um kurz nach sechs am Morgen zum Start in den Tag.
00:06:04: Abonnieren Sie den Tagesanbruch-Podcast, um keine Folge zu verpassen.
00:06:08: Vielen Dank fürs Zuhören und Tschüss!