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00:00:02: Christoph Huber: Wir sind hier, um NATO-Bündnisgebiet zu verteidigen. Man fühlt sich durch Russland bedroht. Man fühl sich sehr bedrohend in seiner Souveränität. Wir bereiten uns grundsätzlich auf alles vor. Wir zeigen, dass wir unser Handwerk beherrschen. Wir sind Profis in unserem Tun.
00:00:19: Lisa Raphael: Hallo zu "Tagesanbruch - die Diskussion", der politische Podcast von t-online für das Wochenende vom 14. Juni 2025. Ich bin Lisa Raphael, führe durch das Gespräch, in dem wir heute mit dem General der Bundeswehrbrigade in Litauen sprechen. Mit dieser Brigade sollen so viele deutsche Soldaten im Ausland stationiert werden wie noch nie. Bis 2027 an die 5.000 Soldaten, um die Ostflanke der NATO abzusichern. Wie leben diese dort vor Ort? Ist die Bedrohung aus Russland stärker zu spüren als bei uns in Deutschland? Und wie wahrscheinlich ist aktuell ein russischer Angriff auf NATO-Gebiet?
00:01:00: Lisa Raphael: Und für die Diskussion begrüße ich zum einen den Brigadegeneral Christoph Huber. Seit 1995 bei der Bundeswehr, angefangen in seiner Heimat in Baden-Württemberg. Er hat aber auch schon im NATO-Hauptquartier in Brüssel und im Verteidigungsministerium in Berlin gearbeitet. Und auch Litauen ist ihm nicht ganz fremd, denn dort war er 2017 schon mehrere Monate als Kommandeur stationiert. Seit vergangenem September führt er den Aufstellungsstab der Deutschen Brigade in Litauen an und damit begrüße ich Sie ganz herzlich bei uns im Podcast, Herr Huber.
00:01:31: Christoph Huber: Ein herzliches Willkommen auch von meiner Seite. Ich freue mich, dass ich hier sein darf.
00:01:35: Lisa Raphael: Und zum anderen begrüße ich den Chefredakteur von t-online Florian Harms. Hi Florian!
00:01:40: Florian Harms: Hallo, ich freue mich auch sehr auf die Diskussion und dass das klappt, denn wir sind ja auch Landsmänner. Ich komme auch aus Baden-Württemberg.
00:01:47: Christoph Huber: Das freut mich, Herr Harms.
00:01:48: Lisa Raphael: Schon mal eine Gemeinsamkeit. Ja, Herr Huber, blicken wir direkt mal auf die Bundeswehrbrigade in Litauen. Die Verstärkung der NATO-Ostflanke wurde ja nach dem Angriff Putins auf die Ukraine schon beim NATO-Gipfel 2022 entschieden. Dass Deutschland dann diese Rolle übernimmt, hat Verteidigungsminister Boris Pistorius ein Jahr später verkündet. Und erst kürzlich war er mit Bundeskanzler Friedrich Merz ja bei Ihnen in Litauen zum Aufstellungsappell. Wie baut man denn so eine Brigade auf? Wer ist da für was verantwortlich?
00:02:21: Christoph Huber: Ja, vielen Dank, Frau Raphael. Sie haben es angesprochen. Es ist Neuland, auch für die Bundeswehr. Erstmal stationieren wir als Bundeswehr eine Brigade. Sie haben gesagt, 5.000 Soldatinnen und Soldaten, ungefähr 200 zivile Mitarbeitende hier in Litauen, im Ausland. Das ist wirklich Neuland. Es eine große Aufgabe. Das Gute ist, dass uns die Politik, nämlich die Verteidigungsminister von Deutschland, wir auch von Litauen hierfür einen klaren Fahrplan bereits an die Hand gegeben haben. Die sogenannte Roadmap, die beide Verteidigungsminister im Dezember 2023 unterschrieben haben. Und in dieser Roadmap ist wirklich klar festgelegt, wie der Aufbau der Panzerbrigade 45, der Brigade Litauen, hier vonstatten gehen soll, in den einzelnen Jahresschritten. Und wenn ich kurz zurückblicke... Es wurde festgelegt, dass im 2024 ein Vorkommando hierher verlegt, ein Aufstellungsstab hierherkommt unter meiner Führung dann bereits im Oktober. Und genau diese Schritte haben wir umgesetzt und das ist uns bisher wirklich gut gelungen. Wir haben eins zu eins, die politischen Vorgaben in militärisches Handeln umsetzen können. Am 1. April wurde die Panzerbrigade 45 in Dienst gestellt. Am 22. Mai feierlich in der Öffentlichkeit, unter Anwesenheit des litauischen Staatspräsidenten, des Herrn Bundeskanzlers und der beiden Verteidigungsminister, dann wirklich mitten in Vilnius in der Öffentlichkeit noch einmal feierliche begangen. Das war ein toller Moment. Und auch die weiteren Schritte sind wirklich vorgegeben in der Roadmap. Und wir sind hier sehr, sehr gut im Zeitplan.
00:03:56: Lisa Raphael: Und wie arbeiten Sie so mit dem NATO-Partner Litauen vor Ort zusammen? Wie kann man sich das vorstellen? Also wofür sind die verantwortlich?
00:04:03: Christoph Huber: Also es ist wirklich eine sehr, sehr enge Zusammenarbeit und Kollaboration, die hier zwischen uns beiden Nationen vorherrscht, auch bei den beiden Streikkräften sozusagen der Bundeswehr und wie der litauischen Armee vonstattengeht. Und es gibt eine klare Aufteilung in der Roadmap und die ist, Litauen stellt für uns die Infrastruktur zur Verfügung. Das ist eine große, große Aufgabe, eine Mammutaufgabe, die Litauen hier eingegangen ist und für uns bewerkstelligt. Mit großem Engagement, mit wirklich großem Tatendrang schreitet hier Litauen voran. Und stellt für uns deutsche Soldatinnen und Soldaten die militärische Infrastruktur, die wir brauchen, das heißt Kasernenanlagen, aber vor allem auch Bereiche für unsere Kampfpanzer, für unsere Schützenpanzern, Übungsbereiche, Munitionslagerstätten, alles wird von Litauen zur Verfügung gestellt. Und nicht nur das, Litauen hat sich auch verpflichtet, die zivile Infrastruktur bereitzustellen, das heißt Schulen, Kindergärten, teilweise Neubauten, teilweise Renovierungen bestehender Anlagen werden durch Litauen für unsere Familien hier geschaffen, teilweise neu geschaffen. Das ist eine ganz, ganz tolle Aufgabe. Für uns auf der deutschen Seite liegt, wir stellen die Truppe bereit und auch das ist völlig im Zeitplan. Die militärischen Fähigkeiten und Fertigkeiten, die wir in einer schweren Kampfbrigade des Heeres haben, werden durch uns bereitgestellt und sobald Infrastruktur fertig ist, folgt deutsche Truppe nach Litauen.
00:05:19: Lisa Raphael: Und da sprechen Sie gerade auch ein Problem an, was ja immer wieder in den Medien zu lesen ist, das Rekrutierungsproblem bei der Bundeswehr. Es klingt jetzt alles sehr positiv bei Ihnen, aber wenn man sich mal die Zahlen anschaut, in Deutschland sind die Zahlen der Soldaten in den letzten zwei Jahren gesunken im Wehrbericht und das wird auch immer wieder kritisiert. Wir schaffen es einfach nicht genug, neue Soldaten zu finden. Die Bundeswehr wird immer älter, alle andere gehen in Rente. Herr Huber, wie läuft denn die Rekrutierung der Soldaten für die Brigade in Litauen?
00:05:51: Christoph Huber: Wir haben die Top-Priorität im deutschen Heer, in der Bundeswehr. Wir haben bis Ende des Jahres eine Stärke von circa 500 Soldatinnen und Soldaten hier in der Panzerbrigade 45 der Brigade Litauen. Und für diese 500 Stellen, die ich habe bis Ende dieses Jahres, hatte ich über 1.800 Bewerberinnen und Bewerbern aus der Bundeswehr heraus. Das heißt, der Dienst in der Panzerbrigade 45 hier in Litauen ist sehr attraktiv. Er wird so wahrgenommen von den Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Es gibt ein großes Interesse an diesem Dienst. Und ich denke, das ist sehr, sehr wichtig für uns. Und das sind Maßnahmen, die teilweise gegriffen worden sind, noch bevor die Politik auch noch zusätzlich Attraktivitätsfaktoren geschaffen hat. Der Bundestag hat noch das sogenannte Artikelgesetz verabschiedet, wo weitere gute Möglichkeiten für uns Soldatinnen und Soldaten geschaffen worden sind. Aber ich denke, das ganz, ganz Wichtige ist, der Dienst ist hier attraktiv, weil wir einen klaren Auftakt haben. Wir sind hier, um NATO-Bündnisgebiet zu verteidigen. Und dafür erhalten wir moderne, topmoderne Ausstattung. Und das ist für uns Soldatinnen und Soldaten ein ganz wesentlicher Faktor. Wir können mit unserem Gerät üben, wir können unserer Profession nachgehen in Ausbildung und Übung. Das ist für unsere Soldaten ein wichtiger Attraktivitätsfaktor.
00:07:05: Lisa Raphael: Florian, kommen wir mal kurz zu dir. Du hast im Tagesanbruch kürzlich kritisiert, dass die Aufstellung der Brigade mit vier Jahren viel zu lange dauert, schreibst auch von einer gefühlten Ewigkeit. Worauf fußt du denn deine Kritik?
00:07:19: Florian Harms: Ja, also ich möchte da mit zwei Antworten kommen. Zum einen finde ich das ausgesprochen positiv, was Sie, Herr Huber, hier schildern und auch, was sie dort in der gegebenen Zeit leisten. Ich glaube, das kann man gar nicht überschätzen. Sie sprechen von einer Mammutaufgabe der litauischen Seite. Ich denke, es ist nicht vermessen zu sagen, dass man auch von einer Mammutaufgaben für Sie, Ihre Leute und die Bundeswehr sprechen kann. Denn wir dürfen nicht vergessen, das Ganze passiert ja vor einem Hintergrund. Einer deutschen Armee, die bis zum Angriff Putins auf die Ukraine, auf solche eine Situation überhaupt nicht vorbereitet war. Die Bundeswehr hatte sich ausgerichtet überwiegend auf Auslandseinsätze, also wir haben hier im Podcast auch schon über Afghanistan gesprochen, hatte also ganz andere Prioritäten und musste sich ganz neu aufstellen jetzt und neu fokussieren. Und dass das so entschlossen funktioniert, jetzt im Beispiel der Litauenbrigade, wie gerade gehört. Das ist absolut respektabel und da kann man auch eigentlich nur positiv drauf schauen. Das ist die positive Antwort. Meine Kritik richtet sich eher an nicht nur die Politik, sondern an die ganze Gesellschaft hier im Land. Du hast gerade eines der Probleme angesprochen, dass es nämlich zu wenige Bürgerinnen und Bürger gibt, die bereit sind, sich für die Verteidigung des Landes zu engagieren. Und es gibt ja viele Folgethemen. Wir haben jetzt mit der neuen Bundesregierung wohl endlich genügend Geld, um in der kommenden Zeit dann wirklich auch das leisten zu können, was die Verteidigung braucht. Also die Ausstattung der Soldaten, die Waffen, dann die Infrastruktur, dass die Panzer überhaupt dahin kommen, wo sie hinkommen müssen. Aber ich meine auch die ganze gesellschaftliche Debatte, die dahinter steht. Also wir könnten hier uns lang und breit unterhalten über Entwicklungen wie beispielsweise dieses Manifest, was wir gegenwärtig in der SPD gesehen haben, wo man sieht: Relevante politische Kräfte im Land sind eben noch nicht bereit, diesen Weg mitzugehen, dass wir uns ganz neu aufstellen und wirklich massiv verteidigen müssen. Ich glaube, ein Punkt zum Schluss noch ist ganz wichtig. Es geht hier nicht darum, jetzt hochzurüsten, um die Russen anzugreifen. Das wird ja manchmal suggeriert von manchen politischen Kräften, vor allem im sehr linken und sehr rechten Spektrum. Es geht darum, dass wir so aufstellen, dass eben nicht attackiert werden, dass Abschreckung vermitteln können und dem Regime in Moskau vermittelt können, wagt es nicht weiterzugehen. Wagt es nicht, NATO-Gebiet anzugreifen, zu attackieren, irgendwelche Sabotage-Aktionen dort auszuführen. Und dem Sinn und Zweck dient auch hier der Aufbau der Litauen-Brigade und den hätte man natürlich gerne lieber noch viel früher gehabt. Jetzt ist es so, wie es ist und wir haben gerade gehört, dass der Zeitplan im Lot ist.
00:10:03: Lisa Raphael: Da sprichst du aber genau diesen Punkt an, viele Menschen und jüngere Menschen auch sind nicht bereit, zum Militär zu gehen, es ist halt in den letzten 10, 15 Jahren eigentlich einfach nicht mehr der Trend gewesen in die Richtung, es wurde abgeschafft die Wehrpflicht. Wie ist denn Ihre Meinung, Herr Huber? Es wird ja jetzt auch immer wieder mehr über die Wehrpflicht diskutiert und auch mit diesem Verteidigungsziel der NATO, was jetzt wahrscheinlich in zehn Tagen bei dem Gipfel in Den Haag beschlossen werden soll, die Ausgaben auf fünf Prozent zu erhöhen. Dort hat ja Verteidigungsminister Pistorius schon angesagt, dass wir 50.000 bis 60.000 neue Soldaten bräuchten. Müsste dann nicht eigentlich wieder die Wehrpflicht eingeführt werden?
00:10:48: Christoph Huber: Das ist wirklich eine politische Frage und eine politische Antwort darauf kann ich als militärischer Truppenführer nicht geben. Ich denke aber gerade sind ganz wichtige Aspekte angesprochen worden durch Sie Herr Harms. Und das ist wirklich, die Panzerbrigade 45 ist Teil einer deutschen Division, die ebenfalls hier für die Verteidigung unserer Freiheit, unserer Werte und für die NATO-Ostflanke bereitsteht. Und man darf sich nicht nur fokussieren. Auf eine Panzerbrigade, die Brigade Litauen. Es ist in der Gesamtheit zu denken, dazu gehört die mir vorgesetzte Division, um hier die Abschreckungen, aber auch die Verteidigungsfähigkeit NATO-Ausflanke wirklich mitgestalten zu können. Und wir brauchen darüber hinaus natürlich insgesamt eine Bundeswehr, die personell wie materiell komplett ausgestattet und aufgestellt ist, damit sie ihren Auftrag erfüllen kann, nämlich am Ende des Tages Recht und Freiheit des deutschen Volkes zu verteidigen. Und ich denke, das ist ganz, ganz entscheidend. Personell wie materiell muss die Bundeswehr ihren Auftrag erfüllen können.
00:11:47: Florian Harms: Vielleicht kann ich ja die politische Antwort geben, die Herr Huber nicht geben kann in seiner Funktion. Lisa, wir brauchen natürlich eine allgemeine Wehrpflicht oder die Wiedereinführung, Wiedereinsetzung, korrekterweise gesagt, der allgemeinen Wehrlicht. Das ist nicht ganz trivial. Der Bundestag kann das für Männer machen. Wenn das auch für Frauen gelten soll, dann müsste man auch dem Bundesrat dabei beteiligen und dann bräuchte es dann eine Grundgesetzänderung. Das ist schwierig gegenwärtig, weil man da eine Zweidrittelmehrheit braucht, und die haben die regierenden Parteien in Bund und Ländern nicht. Warum brauchen wir das? Weil, du hast es gerade angesprochen, perspektivisch eben zu wenig Personal da ist für die Verteidigung des Landes. Die Schwierigkeit besteht aber auch darin, dass durch die Aussetzung der Wehrpflicht natürlich viele Kapazitäten zurückgebaut worden sind, also beispielsweise Kasernen. Das heißt, das müsste parallel wieder hochgefahren werden. Das braucht es. Und wenn es so einen allgemeinen Dienst wieder gibt, dann braucht es natürlich auch wieder einen schlüssigen Ersatzdienst, weil nicht jeder ist bereit, mit der Waffe in der Hand das Land zu verteidigen. Und dann finde ich eben den Impuls des Bundespräsidenten Steinmeier sehr richtig, der sich jetzt schon seit geraumer Zeit dafür einsetzt, dass es eine allgemeine Dienstpflicht für jeden im Lande gibt. Die muss auch nicht zwangsläufig in jungen Jahren stattfinden. Man könnte sich auch vorstellen, dass die vielleicht zum Renteneintritt stattfindet. Dass man also im Laufe seines Lebens einen bestimmten Zeitraum einsetzt für das Wohl des Landes. Also was tue ich für mein Land, sei es in der Armee, sei ist im Krankenhaus, in der Kita, in der Pflege von älteren Menschen oder wo auch immer. Aber verpflichtend. Jeder muss das einmal leisten.
00:13:27: Lisa Raphael: Und Herr Huber, Sie haben aber auch schon angesprochen, dass eben Ihre Brigade in Litauen Priorität hat und dass Sie das besonders attraktiv machen für die Soldaten. Und deswegen haben sich ja vielleicht auch so viele schon beworben. Was sind da Aspekte, auf die Sie Wert legen? Also ich gehe mal davon aus, einer ist natürlich das Gehalt, aber was sind noch so weitere Aspekte?
00:13:47: Christoph Huber: Also was ich wirklich in den Gesprächen mit meinen Soldatinnen und Soldaten feststelle, aber auch mit Soldaten im deutschen Heer, in der Bundeswehr, außerhalb meiner Brigade, ist, dass wirklich der Aspekt eine gute materielle Ausstattung, das moderne Waffensystem mit dem Kampfpanzer Leopard 2A8, der hier mal herkommen wird nach Litauen, der Schützenpanzer Puma S1, also moderne Waffensysteme, die mit einer hohen Einsatzbereitschaft hier vor Ort sind. Das ist ein ganz wesentlicher Attraktivitätsfaktor für meine Soldatinnen und Soldaten. Und bei den Frauen und Männern, die bereits hier jetzt ihren Dienst versehen, spielt auch ein ganz anderer Aspekt eine große Rolle. Und das ist die Pionierarbeit, die sie leisten dürfen und können hier. Nämlich sie sind die Ersten. Sie dürfen aufbauen. Sie dürfen diese Panzerbrigade 45 gestalten. Und es gibt noch keine tradierten Vorgaben, noch keine Bürokratie in diesem Sinne, sondern es ist wirklich Gestaltungswille und Gestaltungsmöglichkeiten treffen hier aufeinander. Und ich denke, das ist auch eine Kombination, die einfach sehr, sehr wichtig ist für meine Soldaten und Soldaten, warum sie hier dienen wollen. Und darf ich noch einen letzten Aspekt erwähnen, der mich selber immer wieder sehr, sehr positiv überrascht hat. Ich selber bin geboren im Kalten Krieg. Wir haben es gerade gehabt in Baden-Württemberg. Ich bin aufgewachsen mit vielen amerikanischen Verbündeten, mit Streitkräften, die hier noch in den großen Übungen der 80er Jahre wirklich spürbar in der Öffentlichkeit waren. Ich sag mal fast der Panzer im Vorgarten während der großen Übungsserien im Herbst. Und persönlich kann ich nur unterstreichen, was mein Herr Bundesminister gesagt hat. Es geht auch darum, dass Deutschland etwas zurückgibt, Solidarität zurückgab, das, was wir erfahren haben. Wo das Alliierte, Amerikaner, viele andere für unsere Freiheit eingestanden sind, unsere und Freiheit, unsere Menschenwürde verteidigt haben. Es liegt es auch an uns Deutschen zurückzugeben. Und das machen wir hier, und ich bin davon hundertprozentig überzeugt, auch an der NATO-Ausflanke, hier in Litauen, wir geben unseren östlichen Bündnispartner etwas zurück. Und was mich überrascht, und damit schließe ich, dass viele meiner Soldatinnen und Soldaten, die später geboren sind, in den 90er Jahren, Anfang der 2000er, haben genau dieses Gefühl auch, obwohl sie das selber gar nicht erlebt haben, aber das ist wirklich im Bewusstsein von vielen Menschen drin und auch hier spüre ich, wir wollen etwas davon zurückgeben von der Solidarität, die wir erfahren haben.
00:16:03: Lisa Raphael: Ja, da sprechen Sie aber auch einen spannenden Aspekt an, wenn Sie sich jetzt auf die Amerikaner beziehen. Gibt es ja eben gerade sehr, sehr große Diskrepanzen in der NATO. Ob die Amerikaner uns eben noch weiterhin so unterstützen, wie es in den letzten Jahren der Fall ist. Und jetzt am Sonntag zum Beispiel startet auch der G7-Gipfel in Kanada. Florian, wie ist da deine Einschätzung? Kann die USA mit Trump doch noch irgendwie zu bewegt werden, dass die Unterstützung weiterhin so bleibt und auch für die Ukraine? Jetzt in der Woche wurde auch gerade wieder verkündet, dass Waffenhilfe in Zukunft gekürzt werden sollen.
00:16:39: Florian Harms: Ja, also zwei Teile der Antwort. Das erste ist im Hinblick auf die NATO-Länder hier in Europa. Da deuten wir Beobachter die Zeichen gegenwärtig so, dass die Amerikaner nicht beabsichtigen, ihre Truppen in Europa zu reduzieren oder den Einsatz in Europa zurückzufahren. Bemerkenswert war eine Szene während des Besuchs von Bundeskanzler Merz in Washington bei Donald Trump. Da ist er nämlich gefragt worden, gezielt danach von einem Reporter. Ob die Amerikaner ihre Soldaten insbesondere in Deutschland lassen. Und das hat er bejaht und hat das dann offenkundig, was wir hören, auch in den Hintergrundgesprächen mit der Kanzlerdelegation bestätigt, dass es dagegen keine Bemühungen gibt, das zu reduzieren, was er ja angedeutet hat im Wahlkampf. Das ist das eine. Das andere ist die Frage der Unterstützung für die Ukraine. Da sieht es sehr viel kritischer aus. Wir haben da von Donald Trump gehört, wie er diesen Konflikt interpretiert, nämlich salopp gesagt, Schulhof-Schlägerei zwischen zwei Schulkindern und die muss man halt sich so lange kloppen lassen, bis sie beide blutend am Boden liegen und dann rollt man die Reste weg. Und das ist natürlich eine verheerende Deutung, die auch den Tatsachen widerspricht und auch der deutschen Auffassung dieses fürchterlichen Angriffskriegs der Russen widersprecht. Wir müssen die Ukrainer weiter unterstützen. Die müssen stark bleiben, weil wir sie als Land bestärken müssen, weil es darum geht, die Zivilbevölkerung so gut wie möglich zu schützen. Und dabei spielen deutsche Abwehrwaffen, insbesondere für die Luftverteidigung, eine bedeutende Rolle, wofür uns die Ukrainer auch sehr dankbar sind. Und da komme ich dann auf das zu sprechen, was Herr Huber gerade gesagt hat, das empfinde ich ebenso. Wir müssen etwas zurückgeben, denn es geht bei diesem Kampf in der Ukraine auch um die Europäische, um unsere Freiheit. Sollte die Ukraine fallen und sollte Russland erfolgreich sein mit diesem Angriffskrieg, dann können wir die Minuten an einer Hand abzählen, bis die nächste Eskalation beginnt und dann könnte es ziemlich brenzlig werden, unter anderem auch in Litauen.
00:18:34: Lisa Raphael: Ja, eben. Genau, das ist ja auch immer das Argument der Amerikaner. Ihr seid ja näher dran. Das ist ja euer Konflikt. Wir haben damit nichts zu tun, so von wegen. Und Sie, Herr Huber in Litauen, sind ja noch mal näher dran an der NATO-Ostflanke, sind in der Hauptstadt von Vilnius stationiert. Das ist nur eine Autostunde von der Grenze mit Weißrussland und weniger als 500 Kilometer von Russland entfernt. Also ist die Bedrohungslage auch eine ganz andere als bei uns hier in Deutschland. Der BND-Chef Bruno Kahl warnte dazu diese Woche im Table Today Podcast von Table Media, dass der Westen die Gefahr aus Russland immer noch unterschätzt und sagte
00:19:14: BND-Chef Bruno Kahl (Quelle: Table Media) "Also wir sind sehr sicher und haben dafür auch nachrichtendienstliche Belege, dass die Ukraine nur ein Schritt auf dem Weg nach Westen ist, was nicht heißt, dass wir damit rechnen, dass große Panzerarmeen von Ost nach West rollen. Das sehen wir nicht, aber wir sehen, dass NATO in ihrem Beistandsversprechen getestet werden soll."
00:19:36: Lisa Raphael: Herr Huber, wie schätzen Sie denn die Bedrohungslage dort vor Ort ein in Litauen an der NATO-Ostflanke?
00:19:43: Christoph Huber: Militärische Planungen beruhen immer auf Fähigkeiten, auf unsere eigene Fähigkeit, aber natürlich auch auf den gegnerischen Fähigkeiten, wie hier von Belarus und Russland und damit nicht auf Wahrscheinlichkeiten und auch nicht auf Glauben. Ich denke, das ist ganz, ganz wichtig. Am Ende ist die Panzerbrigade 45 Teil einer deutschen Division. Diese ist wiederum Teilen von dem NATO-Bündnis, auch hier an der NATO-Ostflanke. Und das dürfen wir, glaube ich, nicht vergessen: die NATO ist das stärkste Militärbündnis der Geschichte, mit einer immensen Reichweite an Fähigkeiten, die hier zur Verfügung stehen, als Militärbündnis in ihrer Gesamtheit. Und wir sind nicht alleine in Litauen. Die litauischen Streitkräfte, die litauische Zivilgesellschaft, viele Alliierte, die Amerikaner, die wir vorhin gesprochen haben, Norweger, Niederländer, wir alle sind hier und schützen gemeinsam unsere Freiheit, unsere Werte. Und ich denke, das ist das Entscheidende und ich habe wirklich überhaupt keinen Zweifel, dass wir als NATO in der Gesamtheit, die wir auch als Militärs mitrepräsentieren, unsere Freiheit schützen können und den politischen Auftrag, den wir haben, nämlich jeden Zentimeter des NATO-Bündnisgebiets verteidigen können. Genau deswegen sind wir hier und diesen Auftrag werden wir erfüllen.
00:20:55: Florian Harms: Ich finde, das klingt sehr ermutigend und deshalb kann man auch Ihnen nur alles Glück der Welt dafür wünschen und Sie als Zivilgesellschaft unterstützen, denn das ist ja wichtig. Also Ihre Truppe braucht den Rückhalt der deutschen Bevölkerung. Lisa, weil du die Gefährdungslage angesprochen hast, Bruno Kahl hat sich da ja recht deutlich geäußert in den Hintergrundgesprächen mit dem Bundesnachrichtendienst, wo ich auch hingehe. Hört man noch viel mehr Details. Das sind erschreckende Details. Und wenn man das zusammenfügt, dann kann man gar nicht anders als den Eindruck zu bekommen, dass wir längst in einem Krieg sind, keinem heißen Krieg, keinem Krieg mit Panzern, sondern einem hybriden Krieg. Die Russen attackieren uns jeden Tag mit Sabotageaktionen, mit sogenannten Wegwerf-Agenten, also ahnungslosen Kleinkriminellen, die dann losgeschickt werden, um irgendwo in Deutschland kleine Sabotageakte zu verüben, Brandanschläge auf Firmen oder ähnliches. Durchaus auch mal Mordkomplotte, Cyberangriffe, Versuch, die öffentliche Meinung zu infiltrieren, zu unterwandern, rechtsextremistische und andere extremistische Gruppierungen zu unterstützen, um die deutsche Gesellschaft zu schwächen. Und das müssen wir uns vergegenwärtigen und dagegen müssen wir es wappnen. Und da genügt auch nicht allein militärischer Schutz. Da müssen wir auf ganzer Front als Gesellschaft resilienter werden.
00:22:15: Lisa Raphael: Aber wie könnte denn so ein, sage ich mal in Anführungsstrichen, ein "Angriff auf NATO-Gebiet" aussehen? Also man hört ja immer wieder, ja, sie schwächen uns, hybrid über Internetangriffe. Jetzt Herr Bruno Kahl vom BND hat etwas gesagt, dass Russland zum Beispiel grüne Männchen, also auch russische Soldaten, in die baltischen Staaten schicken könnte, um Minderheiten zu schützen, unter diesem Vorwand. Wäre das dann schon ein Angriff, weil sozusagen Militärgerät oder Soldaten auf NATO-Gebiet geschickt werden?
00:22:46: Florian Harms: Ich beantworte das mal, weil Herr Huber sicherlich nicht spekulieren darf in seiner Funktion, aber er kann es ja bestimmt ergänzen. Ja, das ist genau die Frage aller Fragen, Lisa. Wie würde so eine Aktion interpretiert und wie würden Sie die Amerikaner als unsere Schutzmacht interpretieren? Die von dir angesprochenen kleinen grünen Männchen spielen ja an auf die Annexion der Krim 2014. Da war das so, dass Männer ohne erkennbare Uniformen eingesickert sind auf der Krim, die sich dann später als russische Truppen rausstellten und quasi die Krim erobert haben. Natürlich ist es denkbar und das ist das Szenario, das der BND-Chef schildert, dass man seitens der Russen versucht, zum Beispiel im Umfeld des nächsten russischen Großmanövers "Sapad" im September in Belarus irgendwelche kleinen, versteckten Aktionen an der Grenze zu machen und mal zu testen, wie es Herr Huber gerade gesagt hat. Also zum Beispiel einfach mal mit einem Flieger über die Grenze rüberzukommen, auf NATO-Gebiet, wie auch schon geschehen. Oder mal etwas anzuzetteln bei der russischen Minderheit im Baltikum und dann den Vorwand zu haben, naja, wir müssen die schützen, wir mussten mal gucken, wie weit wir da gehen können. Vielleicht ein kleines Scharmützel initiieren, schon auf NATO-Gebiet und dann stellt sich genau diese Frage, wie nimmt die NATO das wahr? Wenn wir jeden Zentimeter verteidigen wollen... Müssen wir hart darauf reagieren und zugleich wollen wir natürlich nicht in einen heißen Krieg mit Russland hinein gezogen werden. Deshalb ist die gegenwärtige Situation so heikel.
00:24:08: Lisa Raphael: Herr Huber, wie ist das dann so in Gesprächen mit Ihren litauischen Kollegen oder auch wie nehmen Sie so die litauische Bevölkerung wahr? Sind die denn wachsamer? Auch wenn man jetzt mal die Sowjetvergangenheit in Erinnerung ruft, also da ist ja die Beziehung zu Russland schon noch mal eine ganz andere.
00:24:25: Christoph Huber: Ja, ich möchte noch ganz kurz ergänzen, was gerade gesagt worden ist, also militärische Sicherheit und dazu gehört für uns auch unter dem die IT-Sicherheit. Das sind natürlich Aspekte, die wir sehr, sehr groß schreiben hier, um wirklich gegen alles auch gewappnet zu sein, auch um unsere Führungssysteme und selbst unsere militärischen Liegenschaften etc. zu schützen. Ich sehe hier gar keinen so ganz großen Unterschied zu Deutschland, weil auch dort ist das ein Thema, das ist auch ein bisschen vorher durchgeklungen bei Ihnen, Herr Harms. Wir müssen uns schützen und das gilt bereits heute im Frieden und das machen wir hier als Bundeswehr. Ganz wichtig ist aber, und damit komme ich zu Ihrer Frage, natürlich sind wir hier in Litauen. Und Litauen als der Gastgeber sorgt auch natürlich im Rahmen seiner Friedensaufgaben, die er wahrzunehmen hat als Staat, auf unsere militärische Sicherheit. Und die Zusammenarbeit mit den Litauen Streitkräften, aber auch unser Standing sozusagen in der Bevölkerung kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Und unsere Soldatinnen und Soldaten, ich selbst, wir nehmen das wahr, wenn wir in Uniform durch die Stadt gehen. Also, dass uns für unseren Dienst gedankt wird, ist keine Seltenheit, das ist die Regel. Dass wir auch mal eingeladen werden sozusagen, wenn man im Café etc. Sind. Auch das ist, und meine Soldaten und Soldatinnen schon öfters passiert, weil einfach eine große Dankbarkeit der litauischen Bevölkerung da ist für unsere Präsenz. Und offizielle Umfragen auf litauischer Seite haben mehr als 85 Prozent Zustimmung zu der permanenten Stationierung. Der Brigade Litauen, der Panzerbrigade 45 ergeben. Ich denke, auch das zeigt davon, wie wir wahrgenommen worden sind am 22. Mai bei diesem Aufstellungsappell mitten im Herzen von Vilnius auf dem Kathedralenplatz, wie dieser gesamte Tag gestaltet worden ist durch Litauen. Das war wirklich auch für meine Soldatinnen und Soldaten, mich selbst sehr, sehr emotional. Dass Busse hier durch die Stadt gefahren sind mit Litauen, liebt Deutschland als Herzchen oben mit auf den Bus-Displays, das ist wirklich eine große, große Ehrbezeugung für uns auch, für uns als Deutsche. Damit aber auch ist eine Erwartungshaltung verbunden. Auf Deutschland wird sich verlassen und man kann sich auf uns verlassen. Wir sind hier um unsere Freiheit, unsere gemeinsamen Werte, Menschenwürde, all diese Werte, die wir so hoch schätzen auch zu verteidigen und dafür stehen wir hier in Litauen ein.
00:26:30: Christoph Huber: Das natürlich auf litauischer Seite diese große Zustimmung und auch die Kosten, die natürlich mit der Stationierung der Brigade verbunden sind, ich habe die Wartungshalle angesprochen, nicht aus ungefähr kommen, sondern natürlich ist die Bedrohungsperzeption von der literarischen Bevölkerung hoch, sehr hoch. Man fühlt sich durch Russland bedroht, man fühlt sich sehr bedrohend in seiner Souveränität und natürlich das auch basierend auf geschichtlichen Erfahrungen. Und auch deswegen ist es so, so wichtig, dass wir hier sind, zusammen mit vielen weiteren Alliierten und für unsere gemeinsamen Werte, für unsere Freiheit einstehen und diese, falls erforderlich auch verteidigen.
00:27:04: Lisa Raphael: Florian, du hast es vorhin schon angesprochen, dass es teilweise auch schon zu Gefechten kam im Ukraine-Krieg, wo auch schon NATO-Partner aktiviert werden mussten. Jetzt in dieser Woche zum Beispiel durch diese intensiven russischen Luftangriffe, wurde auch die polnische Luftabwehr aktiv unterstützt von NATO-Flugzeugen. Herr Huber, wie bereiten Sie sich denn auf solche verschiedenen Drohszenarien aus Russland vor?
00:27:29: Christoph Huber: Wir als Militärs bereiten uns grundsätzlich auf alles vor. Ich habe es vorhin angesprochen. Wir reden nicht einfach auf Wahrscheinlichkeiten, auch nicht Glauben, sondern wirklich nach realen Fähigkeiten, unseren eigenen, aber vor allem auch den gegnerischen. Und auf diese Szenarien bereiten wir uns vor als NATO in der Gesamtheit und natürlich wir als Panzerbrigade 45, Teil einer deutschen Division, Teil von deutschen NATO-Verpflichtungen, die wir eingegangen sind, genauso. Und ich denke, ganz, ganz wichtig ist, und das beginnen wir auch im nächsten Jahr bereits umzusetzen. Wir werden hier ausbilden und üben. Wir werden unser militärisches Handwerk nachgehen und mit all diesen Engagements, diesen einzelnen Ausbildungen, Übungen, die wir hier durchführen als Panzerbrigade 45 Litauen, als meine vorgesetzte Division, die 10. Panzerdivision, viele weitere andere Alliierte, leisten wir natürlich einen wichtigen Beitrag zur NATO-Abschreckungsfähigkeit. Wir zeigen, dass wir unser Handwerk beherrschen. Wir sind Profis in unserem Tun und das ist eine ganz, ganz wichtige Botschaft, die es natürlich auch auf die andere Seite gegenüber Russland immer wieder darzustellen gilt.
00:28:28: Lisa Raphael: Aber Sie haben jetzt auch schon öfter angesprochen, also die Ausstattung ist gut und darauf legen auch die Soldaten und Soldatinnen Wert, wenn sie zu Ihnen kommen. Jetzt ist es aber so, dass natürlich durch dieses Sondervermögen viel Geld zur Verfügung steht. Aber die Produktion dieser Aufträge dauert natürlich mehrere Jahre. Wie ist denn dann trotzdem die Ausstattung vor Ort bei Ihnen in Litauen gesichert?
00:28:51: Christoph Huber: Die Panzerbrigade 45 Litauen hat höchste Priorität im deutschen Heer, in der Bundeswehr. Wir werden hier alles erhalten, was wir zur Erfüllung unseres Auftrages brauchen. Ich habe es vorher schon angesprochen, zum Beispiel der Kampfpanzer Leopard 2A8, das modernste Waffensystem, das wir dann zu bieten haben würden. Aber wir haben auch bereits jetzt, und das ist natürlich vorab der industriellen Auflieferung, schon den Kampfpanzer Leopard2A6 in verschiedenen Stufen, die Leopard-2A7, also hochmoderne Waffensysteme zur Verfügung. Und all diese werden mit hoher Priorität der Panzerbrigade 45 Litern zur Verfügung gestellt werden. Wichtig ist aber, es gilt am Ende, auch das habe ich gesagt, nicht nur um die Panzerbrigade 45. Es geht auch darum, die 10. Panzerdivision, die weiteren deutschen Landstreikkräfte, die Bundeswehr insgesamt muss alles zur Verfügung haben. Damit wir unseren Auftrag erfüllen können als Streitkräfte. Und dazu gehören nicht nur die Waffensysteme, auf die wir uns manchmal fokussieren, sondern vor allem auch Ersatzteile, Munitionsbevorratung. All das ist ganz, ganz wichtig, um immer eine hohe, durchgängige Einsatzbereitschaft zu haben. Und das ist auch ein wichtiges Signal gegenüber möglichen Aggressoren. Wir sind einsatzbereit und mit uns ist zu rechnen.
00:30:00: Florian Harms: Und dann gehört zur Wahrheit natürlich aber schon dazu, dass weil die Litauenbrigade die Priorität Nummer 1 genießt, natürlich Material aus anderen Ecken der Bundeswehr zusammen geglaubt werden muss, um es da hinzuschicken. Und das fehlt dann vielleicht an anderer Stelle. Das kann man jetzt nicht Herrn Huber vorwerfen oder den politischen Entscheidern der Gegenwart, sondern dann müssen wir in die Vergangenheit gucken, weil halt zu wenig getan worden ist für die deutsche Verteidigungsfähigkeit. Das muss jetzt nachgeholt werden, schnell nachgeholt werden. Und Lisa, du hast hundertprozentig recht, das dauert alles. Beschaffung dauert, Produktion dauert. Verteilung und Logistik dauern. Und eben nicht nur von Waffen, von Munition, von ähnlichem Gerät, sondern auch von der Infrastruktur. Also nochmal, es muss stabile Brücken geben, über die die Panzer dann fahren können zum Beispiel. Und wir dürfen nicht vergessen, der gegenwärtige Krieg in der Ukraine wird ja im Moment vor allem mit Drohnen geführt. Und für so einen Drohnenkrieg wäre Deutschland stand jetzt noch nicht ausgerüstet. Also würden wir von der gegenwärtigen russischen Armee, Gott bewahre, mit so einem Drohnenkrieg attackiert, sähe es ziemlich düster aus, weil es nicht allzu viel gäbe, was wir dem entgegensetzen könnten. Ja, Luftverteidigung, der deutsche Gepard macht da einen ziemlich guten Job in der Ukraine. Aber da ist schon sehr klar, da muss viel mehr passieren. Und das muss jetzt schnell passieren. Und dafür braucht es am Ende nicht nur politische Entscheidungen, sondern dann eben auch die schnelle Umsetzung. Und dafür sind vor allem die Herrschaften im Verteidigungsministerium verantwortlich.
00:31:30: Lisa Raphael: Herr Huber, wollen Sie da noch zu was ergänzen zum Aspekt Drohnen?
00:31:33: Christoph Huber: Ich denke, es ist ganz wichtig, dass wir uns als Streitkräfte bestmöglich auf den Krieg der Zukunft vorbereiten, nicht auf den Krieg der Vergangenheit und auch nicht unbedingt auf den Krieg, der Gegenwart. Und das, was wir dazu brauchen, ist ein Fähigkeitsmix. Das ist auf jeden Fall absehbar. Und hierzu gehören die angesprochenen unbemannten Systeme, Drohnen. Drohnenabwehr, das ist natürlich ganz, ganz wesentlich im heutigen Kriegsbild. Und auch sehr, sehr wahrscheinlich im zukünftigen Kriegsbild. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Und hier unternimmt die Bundeswehr wesentliche Schritte, die momentan stattfinden. Und auch wir selbst üben bereits mit Drohnen, werden das im nächsten Jahr massiv auch hier durchführen, Drohnenabwehr, Einsatz von Drohnen. Wir setzen dafür bereits jetzt die Voraussetzungen, damit auch das funktioniert. Wichtig ist aber auch die mechanisierten Verbände, wie die Panzerbrigade 45, mit Kampfpanzern, mit Schützenpanzer, hat einen richtigen, wichtigen Daseinszweck. Am Ende gilt es darum, NATO-Bündnisgebiet zu verteidigen, Land zu halten und das gelingt insbesondere mit Truppen am Boden, mit schwerem Gerät. Wir werden das im Mix mit den neuen Fähigkeiten bewerkstelligen und unseren Auftrag erfüllen.
00:32:41: Lisa Raphael: Also das ist auf jeden Fall eine ganz klare Nachricht auch an Putin. Hoffentlich kommt sie an, denn oft versteht er eben nur genau diese Sprache. Herr Huber, noch mal zum Schluss eine Frage, einen Ausblick, den wir gerne in den nächsten zwölf Monate wagen möchten. Was sind so Ihre Meilensteine noch, die jetzt auf die Brigade zukommen im nächsten Jahr?
00:33:00: Christoph Huber: Wir werden in diesem Jahr die Führungsfähigkeit dieser wirklich sehr, sehr jungen Brigade herstellen. Das heißt, dass mein Stab mit meinen Gefechtsständen in der Lage ist, das Gefechte zu führen, um bestmöglich unseren Auftrag erfüllen zu können. Im nächsten Jahr werde ich bereits die ersten großen Kampfverbände unterstellt bekommen. Das Panzergrenadierbataillon 122 aus Oberfichtach, das Panzerbataillon 203 aus Augustdorf und die multinationale Battlegroup in Litauen, die hier bereits vor Ort ihren Dienst versieht. Und wir werden mit diesen Einheiten in großen Ausbildungs- und Übungs-Serien unser Handwerk weiter verbessern und unsere Professionalität nach vorne stellen und das im Konzert mit der mir vorgesetzten Division und damit setzen wir auch bereits jetzt in einem sehr, sehr frühen Stadium ein klares Zeichen der Abschreckung hier in Litauen.
00:33:45: Lisa Raphael: Also es sind dann hunderte von Soldaten, die aus Verbänden in Deutschland zu ihnen nach Litauen kommen und diese Multinational Group ist so ein NATO-Verband in Litauen, richtig?
00:33:54: Christoph Huber: Die Multinational Battle Group hier in Litauen ist sozusagen die frühere Enhance-Forced-Presence Battle Group, die ich bereits 2017, Sie haben darüber in Ihrer Anmoderation gesprochen, hier führen durfte, damals als erster Kommandeur. Und diese kommt unter das Kommando der Panzerbrigade 45, so wie es Deutschland und Litauen in der Roadmap vereinbart haben. Das wird im Februar nächsten Jahres geschehen. Dieser multinationale Kampfverband unter deutscher Führung mit großen deutschen Anteilen, umfasst ca. 1.300 Soldatinnen und Soldaten und die kommen unter das Kommando der Brigade. Die sind auch hier in Litauen bereits vor Ort. Und dazu kommen die beiden Verbände, die ich angesprochen habe, in Deutschland, diese beiden Kampftruppenbataillone, ausgestattet mit Kampfpanzern, mit Schützenpanzer, Puma, S1 und die werden immer wieder für Ausbildungen, Übungen hierher nach Litauen kommen. Und das machen wir so lange, bis die Infrastruktur für diese beiden Verbände bereitgestellt ist, weil dann werden sie auch permanent nach Litauen kommen. Sie werden fester Bestandteil der Panzer Brigade 45 Litauen sein.
00:34:55: Lisa Raphael: Ja, das klingt auf jeden Fall sehr positiv, dass da viel passiert und dass es auch in die richtige Richtung geht, eben für die Abschreckung an der NATO-Ostflanke. Wir haben aber auch im Gespräch auf die andere Seite geschaut, auf die Kritik, die im Raum steht, die Schwierigkeiten, die die Bundeswehr aktuell meistern muss. Und ja, damit bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen, Herr General Christoph Huber von der Deutschen Bundeswehrbrigade in Litauen. Vielen Dank.
00:35:21: Christoph Huber: Vielen Dank, und auch Herr Harms Ihnen vielen Dank.
00:35:22: Lisa Raphael: Und auch danke an dich, Florian, für deinen Einblick.
00:35:26: Florian Harms: Auch von mir vielen herzlichen Dank und einen besten Gruß rüber nach Litauen.
00:35:30: Lisa Raphael: Und wenn Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörern, diese Diskussion gefallen hat, abonnieren Sie den Tagesanbruch-Podcast überall da, wo es Podcasts gibt. Das hilft uns nämlich dabei, neue spannende Gäste auch hier in den Podcast für Sie einzuladen. Wenn Sie noch Anmerkungen oder Fragen haben, schicken Sie uns am besten eine Sprachnachricht oder eine E-Mail an Podcasts@t-online.de. Und wenn Sie dieses Wochenende weiterhin gut informiert bleiben wollen, zum Beispiel über den G7-Gipfel in Kanada. Über den unser Chefreporter Johannes Bebermeier vor Ort berichtet, dann schauen Sie immer mal wieder rein auf t-online.de oder in unsere App, wo Sie auch die wichtigsten Nachrichten als Push aktivieren können. Und damit bedanke ich mich fürs Zuhören und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Ciao!
00:36:16: Florian Harms: Tschüss und bleiben Sie uns gewogen.