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00:00:02: Svenja Schulze: Und das alles China zu überlassen. Das halte ich für einen großen Fehler. Wir müssen mehr solche Projekte machen, weil wir in Deutschland eben auch von solchen Arbeitsplätzen abhängig sind.
00:00:16: Lisa Raphael: Hallo, zu Tagesanbruch die Diskussion für Sonntag, den 9. März 2025. Ich bin Lisa. Raphael führe durch das Gespräch, bei dem wir diesmal mit Entwicklungsministerin Svenja Schulze von der SPD sprechen. Donald Trumps Politik bringt die Weltordnung ins Wanken. Eine harte Verhandlungstaktik gegenüber der Ukraine, Kürzungen bei den Militärhilfen, aber auch drastische Kürzungen für die Entwicklungshilfe. Welche Folgen hat das? Muss Europa jetzt einspringen, um Lücken zu füllen? Und welche Auswirkungen hat das auf den Anspruch Deutschlands, eine globale Führungsrolle zu übernehmen, wenn auch hier die Gelder für Entwicklungsprojekte gekürzt werden? Und für die Diskussion begrüße ich Svenja Schulze, noch Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Hallo Frau Schulz und vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen.
00:01:04: Svenja Schulze: Gerne doch.
00:01:05: Lisa Raphael: Und zum anderen den Chefredakteur von t-online, Florian Harms.
00:01:09: Florian Harms: Hallo, ich freue mich auf die Diskussion.
00:01:11: Lisa Raphael: Ja, noch ein Hinweis Wir zeichnen dieses Gespräch aus terminlichen Gründen am Dienstag, den 4. März auf.
00:01:17: Frau Schulz, US Präsident Donald Trump agiert aktuell in der internationalen Zusammenarbeit wie ein Elefant im Porzellanladen, zuletzt mit seiner harten Linie gegenüber der Ukraine und der Ankündigung, die US Entwicklungshilfe drastisch zu kürzen, und zwar um 52 Milliarden €. Das entspricht einer Kürzung von mehr als 90 %. Wie viel Porzellan kann er denn noch zerschlagen?
00:01:40: Svenja Schulze: Na ja, erst mal ist die Welt ja nicht ganz unvorbereitet, was Donald Trump da alles vorhat. Wir hatten auch vorher schon Szenarien, was passiert, wenn er wieder in die Regierung kommt. Also man wusste das sehr wahrscheinlich auch in der Entwicklungszusammenarbeit streichen wird. Das ist eine wirkliche Katastrophe, Weil die USA sind seit den 60er Jahren dabei, Entwicklung mit voranzubringen. Sie tun es mit gutem Grund, weil sie eben Beziehungen, Partnerschaften in der Welt haben wollten. Und dieses ganze System des Werben für Demokratie, das verlässt Trump jetzt. Und das wird natürlich Riesenlücken hinterlassen. Und damit kommen auch ganz andere Aufgaben auf Europa und auch auf uns in Deutschland zu.
00:02:23: Lisa Raphael: Welche konkret?
00:02:24: Svenja Schulze: Na ja, wir sind ja in Deutschland ein Exportland. Wir sind abhängig davon, dass andere unsere Produkte kaufen. Jeder zweite Arbeitsplatz hängt davon bei uns davon ab. Und deswegen ist es zentral wichtig, dass wir Partnerschaften in der Welt haben, dass wir Rohstoffe bekommen, dass wir dann nicht abhängig sind von China zum Beispiel, dass wir neue Märkte mit aufbauen, auch für unsere Produkte. Und wem das. Also das ist der eine Teil. Der andere ist aber auch, dass wir solidarisch sind, dass wir unsere Nachbarn nicht einfach verhungern lassen, zum Beispiel auf dem afrikanischen Kontinent oder eben nicht alleine lassen, wenn sie angegriffen werden, wie jetzt bei der Ukraine.
00:03:03: Lisa Raphael: Kürzungen kennen Sie ja auch, Frau Schulze. Ihr Ministerium musste ja bereits für vergangenes Jahr fast 1 Milliarde € einsparen. Das Gleiche ist jetzt noch mal für 2025 vorgesehen. Von dem Etat Ihres Ministeriums in Höhe von rund 11 Milliarden € soll wiederum fast 1 Milliarde eingespart werden. Dass eine Kürzung von circa 8 %, also weitaus weniger als in den USA, aber trotzdem bei so einem Etat schon eine Hausnummer. Welche Auswirkungen könnte das denn auf den Anspruch von Deutschland haben, eine globale Führungsrolle zu übernehmen?
00:03:33: Svenja Schulze: Na ja, erst mal. Ich halte das für falsch, ausgerechnet jetzt in der Entwicklungszusammenarbeit zu kürzen, Weil es geht uns in der Welt einfach besser, wenn wir zusammenarbeiten, wenn wir nicht gegeneinander arbeiten. Und da kommen jetzt einfach neue Rollen auf Europa, auf Deutschland zu, weil wir stärker gefragt sein werden. Wir können das Feld nicht komplett China und Russland überlassen, sondern wir müssen auch ein Interesse haben, für demokratische Strukturen zu werben. Und das tun wir mit der internationalen Zusammenarbeit, die in meinem Ministerium seit vielen Jahren geleistet wird. Und deswegen müssen wir mehr in solche Partnerschaften investieren und nicht weniger. Das ist gut für den Frieden. Das ist gut für unsere eigene Gesundheit. Das haben wir während Coruna gemerkt, dass Viren sich nicht um nationale Grenzen kümmern. Und es ist auch wirtschaftlich gut für die Entwicklung in Deutschland. Insofern ist das eigentlich was, wo die 2 %, die das jetzt am Haushalt ausmacht, knapp über 2 %, wo die wirklich gut investiertes Geld sind.
00:04:33: Lisa Raphael: Aber wenn man sich jetzt so die Ausgaben für Ihr Ministerium oder für das Ministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit international anschaut der letzten 20 Jahre, dann sieht man schon eine extreme Steigerung der Ausgaben. Also wenn man sich die Zahlen von 2000 ungefähr bis 2015 anguckt, dann sind es so 0,4 % des Bundes Nationaleinkommens. Und das hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Gleichzeitig schwächelt die Wirtschaft in Deutschland. Die Flüchtlingszahlen haben auch gerade in dieser Zeit eher zugenommen. Wir haben das Problem eigentlich nicht gelöst. Wie kann man dann trotzdem immer noch dieses Argument anbringen, dass man mit Entwicklungshilfe Fluchtursachen bekämpft?
00:05:13: Svenja Schulze: Na ja, man weiß ja nicht, wo wir wären ohne die Entwicklungszusammenarbeit. Wir können keinen zweiten Planeten machen, wo wir mal ausprobieren, wie das ist, wenn man die Menschen einfach verhungern lässt, ob sie dann da bleiben, wo sie sind. Also die Entwicklungszusammenarbeit hat da wichtige Erfolge gebracht. Wir haben die Kindersterblichkeit reduziert, wir haben solche Krankheiten wie Polio in der Welt fast eingedämmt bekommen. Wir haben große Kampagnen gegen HIV Aids gemacht und waren damit sehr erfolgreich. Was uns in der Welt zurückgeworfen hat, ist die Corona Pandemie. Da gab es riesen Rückschritte in ganz, ganz vielen Bereichen. Und deswegen müssen wir jetzt mehr tun, um diese Rückschritte wieder aufzufangen.
00:05:50: Lisa Raphael: Florian, wie blickst du auf diese Zahlen, dass es sich doch fast verdoppelt hat in den letzten 20 Jahren. Ist das notwendig?
00:05:58: Florian Harms: Ja, das ist natürlich eine Hausnummer. Und ich verstehe auch durchaus Menschen, die sagen, ich wüsste gerne genauer, was da mit meinem Steuergeld passiert. Das Schöne in so einem demokratischen Staat wie unserem ist ja, man kann das alles nachlesen und man kann auch sich vom Bundesrechnungshof zeigen lassen, dass das Hand und Fuß hat oder wo es eben möglicherweise Schwierigkeiten gibt. Ich glaube, was wir gegenwärtig erleben, ist eine gefährlich verkürzte Diskussion. Wir reden jetzt jeden Tag darüber, dass Deutschland nicht nur Europa, sondern auch Deutschland, die Bundeswehr sehr viel mehr Geld braucht, um das Land wieder verteidigen zu können. Und das ist sicher richtig so! Würde man das aber nur darauf fokussieren, dann würden wir uns an einer anderen Stelle große Probleme einhandeln. Denn wir sind ja nicht alleine auf der Welt und viele der Krisen der Vergangenheit haben gezeigt, dass selbst wenn sie an einer ganz anderen Stelle auf dem Globus ausbrechen, dann werden wir hier in dieser globalisierten Welt früher oder später davon konfrontiert. Ein plakatives Beispiel ist der Syrienkrieg. Da haben führende Politikerinnen, Politiker wie auch beispielsweise die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel öffentlich bedauert, dass man seitens Deutschlands nicht früher sich dort interessiert und auch engagiert hat, als klar wurde, dass dort die Krise ausbrach, die dann auch in den Bürgerkrieg mündete und dann zur Folge hatte, dass eben rund 1 Million Syrerinnen und Syrer nach Deutschland geflohen sind. Das heißt, wir müssen genauer hingucken, wo Krisen ausbrechen, wie beispielsweise in Afrika, wo es wirklich fürchterliche Zustände gibt. Und wir müssen mehr dafür tun, um mitzuhelfen, dass das Leben dort für die Menschen, die dort leben, einigermaßen vernünftig und lebenswert bleibt. Das ist in unserem ureigensten Interesse, und es ist auch in unserem Interesse, dafür eklatante Steuermittel aufzuwenden.
00:07:46: Svenja Schulze: Ich kann das einfach nur unterstützen, weil wir sehen das an ganz vielen Punkten in der Welt. Wir haben es bei Corona sehr hart erlebt in Deutschland. Es reicht nicht, wenn alle in Deutschland geimpft sind. Wir mussten eine weltweite Impfkampagne erst auf den Weg bringen und haben da auch dicke Fehler gemacht. Also dass als wir Impfstoffe hatten, der afrikanische Kontinent erst so spät Impfstoffe bekommen hat. Das wird uns bis heute vorgehalten, dass wir da eben nicht solidarisch waren, dass wir nicht geholfen haben. Wir haben daraus aber auch gelernt und bauen jetzt zum Beispiel Impfstoff Produktion in Afrika mit auf, damit der Kontinent selber in der Lage ist, sich auch mit Impfstoffen zu versorgen. Also man sieht, wir sind in der Welt miteinander vernetzt und es ist in unserem eigenen Interesse, diese Vernetzung wahrzunehmen. Schneckenhaus sich zurückziehen ist einfach keine Option. Wir haben nur diesen einen gemeinsamen Planeten, auf dem wir leben.
00:08:37: Florian Harms: Ich habe das selber mir vor Ort angesehen. Ich bin vor etwa zwei Jahren in Ostkenia gewesen. Dort sind die Hungergebiete und es war wirklich grausam zu sehen, wie viele Menschen, auch Kinder dort wirklich hart gelitten haben, also unter Nahrungsmittelmangel gelitten haben. Und dann sind wir in eine Region gefahren. Das war wirklich ab vom Schuss, würde man sagen. Da mussten Menschen bislang jeden Tag und das waren überwiegend die Frauen und Mädchen. Ich glaube, 15 Kilometer zu Fuß mit Wasser laufen, also an die nächste Wasserstelle laufen, um dort Wasser zu holen und dann wieder zurück zu kommen. Also eine Reise, die in dem Fall dann länger sogar als ein Tag dauerte. Und das führte dazu, dass viele Menschen eben sich mit dem Gedanken getragen haben, von dort wegzugehen und dann zum Beispiel in die Hauptstadt zu flüchten, weshalb dann die Hauptstadt immer größer wird und die Konflikte da zunehmen, der Migrationsdruck dort auch steigt und sich dann natürlich weiter gen Norden entlädt. Und genau dort, an diesem Ort, wo ich gewesen bin, hat dann ein deutsches Entwicklungshilfeprojekt eine Wasserleitung gebaut und da war eine kleine Tafel, da war die deutsche Flagge drauf, da stand, was da gemacht wurde und das hat das Leben dieser Menschen in diesem kleinen Ort wirklich fundamental verändert. Die Folge war nämlich, dass die Mädchen nicht mehr ihre Zeit damit zubringen mussten, Wasser zu holen, sondern sie konnten in die Schule gehen. Und das weiß man aus der Zusammenarbeit, aus der Entwicklungszusammenarbeit. Bildung ist der wichtigste Schlüssel für einen funktionierenden Staat und dafür, dass man eben nicht den Krisenfolgen ausgeliefert ist. Es sei denn, Sie sehen es ganz anders. Frau Schulze.
00:10:14: Svenja Schulze: Nein. Mir fällt nur gerade auf, dass das auch ein gutes Beispiel dafür ist. Oder ein schlimmes Beispiel. Kein gutes Beispiel. Ein schlimmes Beispiel dafür, was jetzt passiert, wenn die Hilfe aus den USA so von einem Tag auf dem anderen wegfällt. Die USA hat ja gesagt, sie frieren das ein, aber ich befürchte, das ist nicht nur eingefroren, sondern das Geld kommt nicht mehr wieder. Und gerade im Norden Kenias ist ein großes Flüchtlingscamp 200.000 bis 300.000 Menschen ungefähr, die da leben in Kakuma. Und die kommen alle aus dem sudanesischen Bürgerkrieg und suchen eben grenznah eine Möglichkeit, da zu bleiben, weil sie hoffen, dass sie irgendwann wieder nach Hause zurückkommen. Sie sind abhängig von Hilfen von dem Welternährungsprogramm, was vor allen Dingen von den USA finanziert wird. Wenn diese Hilfen eingestellt werden, wenn die Menschen nichts mehr zu essen bekommen, dann werden sie da nicht bleiben können. Dann löst es unmittelbar eine weitere Flüchtlingskrise aus, weil die Menschen woanders dann einfach nach Nahrung suchen müssen, weil sie dort ja nicht mehr bekommen.
00:11:09: Florian Harms: Ich bin in einem anderen Krisengebiet gewesen, im Südsudan, und da wurden den Kindern seitens der Hilfsorganisationen diese kleinen Päckchen mit Erdnusspaste gegeben, damit sie überleben können. Das ist ein sehr kalorienhaltiges kleines Päckchen Erdnusspaste und da drauf war gedruckt die amerikanische Flagge. Weil das nämlich alles aus Amerika kommt, von Erdnussfarmen in Amerika. Wenn das wegbrechen sollte, würden, glaube ich, in Ländern wie dem Südsudan die Katastrophen sich noch massiv verschlimmern.
00:11:37: Lisa Raphael: Aber da gibt es ja auch immer die Kritiker, die sagen Na ja, wir geben immer Finanzspritzen, wir geben Hilfe, aber wir helfen die nicht so richtig, sich selbst zu helfen. Was gibt es denn da für Projekte, wo die Länder auch eigenständiger werden können?
00:11:49: Svenja Schulze: Ja, das ist der Kern der Entwicklungszusammenarbeit und das ist auch der Unterschied zur humanitären Hilfe. Die humanitäre Hilfe gibt einfach schnell Lebensmittel, Getränke, damit die Menschen nicht verdursten und verhungern. Und die Entwicklungszusammenarbeit sorgt eben für langfristige Strukturen, für die Wasserleitungen, die eben beschrieben wurden, dafür, dass Schulen aufgebaut werden, dass Bildung für die Kinder vorhanden ist, sodass sie mehr sozusagen eine bessere Möglichkeit haben, im Leben durchzustarten als ihre Eltern. Wir helfen, das Gesundheitssystem aufzubauen, damit es eben eine Unterstützung für die Menschen in den Ländern gibt. Wir helfen, Sozialsysteme aufzubauen, weil in vielen Ländern Afrikas zum Beispiel bekommen die Familien sehr, sehr viele Kinder, haben teilweise 7, 10, 11 Kinder. Das machen sie, weil das ihre Altersversorgung ist, weil es kein Sozialsystem gibt. Und wenn man im Alter keine Möglichkeit hat auf Krankenversorgung, auf eine Rente in irgendeiner Form, dann muss man eben möglichst viele Kinder haben, die einen im Alter durchbringen, wenn man selber nicht mehr arbeiten kann. Und da zu helfen, dass Systeme entstehen, dass die Frauen weniger Kinder kriegen müssen, dass es andere Formen der Absicherung im Alter gibt, dass das hilft, dass die Gesellschaften stabiler werden, dass sie eine Chance haben, sich überhaupt zu entwickeln. Und dass für die Kinder, die da sind, dann eine Perspektive da ist, dass sie in die Schule gehen können.
00:13:08: Lisa Raphael: Das klingt auf jeden Fall nach Mammutaufgaben, die da auf der Liste stehen. Und der interessante Begründung, die Sie da gegeben haben, weil diese Frage hatten wir auch schon des Öfteren von Hörern. Die haben wir auch schon mal im Podcast besprochen. Warum bekommen die denn immer so viele Kinder? So kann man sich das mal plastisch vorstellen. Trotzdem gibt es auch sehr kritische Stimmen aus unserer Hörerschaft. Auch noch mal auf dieses Thema bezogen, dass Entwicklungsmittel weit weg sind, gefühlt für die deutschen Bürger eben. Also man sagt, man unterstützt Afrika, aber hier geht es den Menschen eben auch schlecht. Man kommt schon gar nicht mehr aus mit seinem Lohn. Die Arbeitsbedingungen werden auch immer schwieriger. Die Jobs fallen weg, vor allen Dingen jetzt in den letzten Monaten. Immer mehr Insolvenzen wurden angemeldet und darauf bezogen hat uns ein Hörer geschrieben und ich les mal einen kurzen Ausschnitt seiner E Mail Form. Wir hatten Wohlstand in Deutschland, bevor Politiker angefangen haben, ihn in der ganzen Welt zu verteilen. Hört auf, Radwege in Peru zu bauen oder irgendwelche Genderprojekte in Afrika zu finanzieren. Fangt endlich wieder damit an, Politik für Deutschland und seine Bevölkerung zu machen. Können Sie die Frustration solcher Bürger in Bezug auf das Thema verstehen?
00:14:17: Svenja Schulze: Nein. Ich bin davon überzeugt, dass man beides machen muss. Also was da geschrieben wurde, ist ja richtig. Wir müssen in Deutschland investieren, wir müssen in die Infrastruktur investieren. Es muss klar sein, dass man Termin beim Arzt kriegt, dass die Brücken nicht zusammenbrechen, dass die Bahn funktioniert, dass die Kinder in die Schule gehen können. Das ist der Anspruch, der stimmt. Und dafür wird der größte Teil des Haushaltes eingesetzt. Und das ist nicht einfacher geworden in den letzten Jahren, weil durch den Krieg, durch den Angriff Russlands auf die Ukraine sind die Lebensmittelpreise gestiegen. Das haben wir versucht abzudämpfen, aber na ja, nicht ganz geschafft. Wir haben plötzlich kein Gas mehr gehabt, mussten das ersetzen. Das sind einfach Riesenherausforderungen, die da von außen auf uns zukommen. Das ist der eine Teil. Aber wir müssen auch in unsere Nachbarschaft und in die Welt investieren. Diese berühmten Fahrradwege in Peru. Das ist nur ein ganz kleiner Zubringer für ein großes Metroprojekt. Das ist die größte CO2 Einsparung für das Land, was in Lima, deiner Hauptstadt geplant ist. Endlich einen öffentlichen Nahverkehr sozusagen auf den Weg zu bringen. Wir geben dafür einen Kredit und mit dem Kredit sind eben auch die Türen geöffnet für deutsche Firmen. Da arbeiten zehn große deutsche Firmen von Siemens bis Herrn Knecht, die dort diese Metrostation bauen. Und das sichert damit auch Arbeitsplätze in Deutschland. Und das alles China zu überlassen, das halte ich für einen großen Fehler. Wir müssen mehr solche Projekte machen, weil wir in Deutschland eben auch von solchen Arbeitsplätzen abhängig sind. Die Hälfte der Arbeitsplätze hängt vom Export ab. Deswegen müssen wir uns auch um die Länder kümmern, die um Kredite bitten. Mit Peru haben wir gute Erfahrungen. Die zahlen die Kredite alle immer wieder pünktlich zurück.
00:15:58: Lisa Raphael: Das klingt ja schon recht positiv. Trotzdem ist China eben auch im Einfluss von Afrika. Das hat natürlich zugenommen in den letzten Jahren. Vielleicht kannst du mal berichten, Haben wir da vielleicht nicht sogar schon den Kampf verloren gegen China in diesen Ländern?
00:16:12: Florian Harms: Ich bin ein optimistischer Mensch. Ich glaube nicht, dass wir ihn verloren haben. Aber natürlich hat China seine Interessen enorm ausgeweitet. Das sieht man auch, wenn man in Afrika unterwegs ist. Das wird Ihnen wahrscheinlich genauso gehen wie mir. Also beispielsweise, weil wir gerade das über das Land Kenia hatten. Da gibt es eine große Bahnstrecke, die vom Meer ins Land hineinführt. Wer hat sie gebaut? Die Chinesen. Wer betreibt sie? Die Chinesen. Wer verdient daran? Die Chinesen. Wer kontrolliert damit den Handel? Die Chinesen. Und da überhaupt noch den Fuß in die Tür zu bekommen, ist schon wirklich schwierig. Weshalb ich zustimme: Wir brauchen mehr Initiative im Ausland und das Schlimmste, was wir tun können, wäre jetzt, unter dem Krisensturm den Kopf in den Sand zu stecken und zu sagen: Wir kümmern uns jetzt nur noch um unser kleines Deutschland. Dann werden nämlich die Krisenfolgen in anderen Teilen der Welt irgendwann so groß sein, dass wir uns gar nicht mehr dagegen erwehren können. Wir haben einen globalisierten Planeten. Deutschland, Wir haben es verschiedentlich gesagt, was es vorhin auch gesagt hat ein großes Interesse daran, auf Grund seiner Handelsstruktur mit möglichst vielen Ländern friedlich sich ins Benehmen zu setzen, Kontakte zu pflegen, den Handel zu pflegen. Das aber nicht allein damit getan, dass man tolle Maschinenbauprodukte herstellt und dann irgendwie drum in der Welt verkauft, sondern man muss in Kontakt bleiben. Man muss auch Ländern, die versuchen, aus einer Armut heraus sich zu entwickeln. Schwellenländer muss man unterstützen, dann ist man ein starker Partner. Und man sieht das beispielsweise ganz plakativ Gerade an einem Land wie Indien, das in den letzten Jahren sich enorm entwickelt hat. Wirklich aus einer sehr, sehr schwierigen Situation heraus, mit Hunderten von Millionen von armen Menschen, die in kürzester Zeit jetzt versuchen, in den Mittelstand zu kommen. Und da hat Deutschland ein Interesse daran, mit so einem Land eng zusammenzuarbeiten und auch zu gucken, wo man da auch unterstützen kann, weil das am Ende dann eben auch darauf einzahlt, dass man ein gedeihliches, ein Austausch hat, von dem Deutschland am Ende profitiert.
00:18:05: Svenja Schulze: Ich könnte das bei Indien noch mal mit einem ganz konkreten Beispiel auch hinterlegen. Also wir wollen ja in Deutschland jetzt umsteigen auf erneuerbare Energien, Aber wo kommen die ganzen Solarpanele her? Die kommen im Moment zum ganz überwiegenden Teil aus China. Und das haben wir doch auch. Während Corona gelernt, dass es nicht gut ist, wenn man ganz komplett von einem einzigen Land abhängig ist, dass das besser ist. Man hat mehr Partner und mehr Möglichkeiten, sich dann eben auch mit den Gütern, die man braucht, zu versorgen. Und deswegen helfen wir im Moment in Indien, dass dort Solarpaneproduktion startet, weil die haben gute Bedingungen dafür. Es fehlt noch ein bisschen der, der, der Kick und das Know how. Da können wir mit dem, was wir in Deutschland haben, unterstützen helfen. Ich war gerade vor noch nicht allzu langer Zeit auf einer großen Messe dort, die sich mit erneuerbaren Energien beschäftigt. Und wir sind da der größte Partner. Unsere Firmen können da wirklich was aufbauen. Sie können unterstützen, dass Indien in diese Produktion jetzt einsteigt, weil die haben die besten Bedingungen dafür und wir hätten damit einfach mehr Auswahl und mehr Möglichkeiten, als wir sie jetzt haben.
00:19:10: Lisa Raphael: Noch mal kurz zurück zu China. Würden Sie denn China als Kooperationspartner oder eher Mitbewerber bezeichnen?
00:19:17: Svenja Schulze: China ist beides. Also nach den Statistiken ist China noch ein Entwicklungsland, aber es benimmt sich nicht wie ein Entwicklungsland und es gibt zum Beispiel auch keine Entwicklungszusammenarbeit mit China jetzt. Was wir aber machen müssen, ist, mit China an der Lösung der großen Probleme zusammen zu arbeiten. Also im Klimaschutz werden wir nicht weiterkommen, wenn nicht auch China einen Beitrag leistet und auf erneuerbare Energien zum Beispiel umsteigt. Das tun sie auch schon, aber darüber muss man mit ihnen auch im Gespräch bleiben. Also es ist gleichzeitig ein Konkurrent und jemand, mit dem wir zusammenarbeiten müssen.
00:19:51: Lisa Raphael: Das wird auf jeden Fall auch etwas für die neue Bundesregierung. Bevor wir vielleicht auch noch mal auf Ihre Partei, die SPD, zu sprechen kommen, am Ende noch mal kurz eine Frage zum Nahen Osten, denn dort passiert ja auch gerade einiges, vor allen Dingen rund um Gaza. Netanjahu hat ja angekündigt, keine humanitären Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen zu schicken und will damit Druck ausüben, auf die Hamas noch mehr Geiseln freizugeben. Wie beurteilen Sie denn dieses Verhalten des israelischen Ministerpräsidenten?
00:20:20: Svenja Schulze: Israel muss sich an das internationale Recht halten. Das gilt einfach für alle. Das sind die Spielregeln in der Welt. Und damit sind wir bisher gut gefahren. Und das muss möglich sein, die Menschen in Gaza mit dem Nötigsten zu versorgen. Die Menschen hungern dort. Sie sind unter furchtbaren Bedingungen. Und es geht nicht, dass man sie von der internationalen Hilfe abschneidet. Das ist einfach. Nenn Menschenrechte, dass man versorgt wird in solchen schwierigen Situationen. Und deswegen hoffe ich sehr, dass der internationale Druck ausreicht, um Israel davon zu überzeugen, zum Recht zurückzukehren und den Menschen dort das Nötigste zu geben. Die brauchen es sind überwiegend Frauen und Kinder. Und die brauchen eine medizinische Versorgung. Sie brauchen was zu essen, die brauchen was zu trinken.
00:21:07: Florian Harms: Ich glaube auch eine humane Frage. Eine moralische Frage ist aber auch eine Frage der Logik. Denn wenn man da jetzt nicht hilft, dann sät man wieder den Saat des Terrors. Denn was ist denn die Folge dessen, dass es einem brutal schlecht geht? Es wächst wieder der Hass, es wächst die Wut auf die Israelis. Und das ist der Nährboden für die Hamas, die natürlich nicht komplett besiegt ist. Das sehen wir jetzt auf den Bildern von diesen fürchterlichen Propagandaveranstaltungen bei dem Geiselaustausch. Da sind immer noch viele Hamaskämpfer unterwegs, schwer bewaffnet. Und die versuchen natürlich, ihre Strukturen am Leben zu erhalten und wieder zu verstärken und werden junge Männer finden, die aufgrund dieses Hasses, der Zerstörung, die sie dort um sich herum sehen, versuchen werden, wieder den Widerstand, wie sie es nennen, gegen Israel zu beleben. Und da kommen wir dann aus dieser Spirale der Gewalt nicht mehr raus, wenn man immer nur draufhaut.
00:22:02: Lisa Raphael: Ja, diese Gefahr des Terrors, mit Islamisten zu kooperieren, das sieht man auch aktuell in Syrien. Frau Schulze, wie blicken Sie dort auf die Lage? Das ist ja ein bisschen positiver, erst mal zu urteilen die Befreiung aus der Assaddiktatur. Glauben Sie denn, dass dort bald Frieden, dass es dort bald Frieden geben wird?
00:22:19: Svenja Schulze: Die Lage in Syrien ist wirklich sehr schwierig. Erst mal haben es die Menschen selber geschafft, eine Diktatur zu beenden und das relativ friedlich. Eigentlich sollten wir erst mal alle in Deutschland applaudieren. So was so unblutig relativ unblutig hinzubekommen. Das ist schon eine enorme Leistung. Und deswegen war es auch bei meinem Besuch in Damaskus so, dass man diese unbändige Freude spürt, darüber die Diktatur beendet zu haben. Aber jetzt ist das eine riesige Herausforderung, das Land wieder aufzubauen. Mein Eindruck ist Die Übergangsregierung will das. Sie will alle zusammenführen, die vielen verschiedenen Ethnien, die vielen verschiedenen Religionen, die unterschiedlichen Teile des Landes. Es ist aber eine gigantische Aufgabe. Es ist unglaublich viel zerstört, es gibt kaum Stromversorgung im Land. Das Gesundheitssystem liegt am Boden, nicht mehr alle Kinder können in die Schule gehen. Es gibt in ganz vielen Bereichen Minen. Es ist wirklich sehr, sehr viel zerstört. Und das wieder aufzubauen ist auch eine dieser Mammutaufgaben. Und ich glaube, wir sind gut beraten, aus Deutschland, aus Europa heraus da mitzuhelfen, als Demokratie Kontakte zu Syrien weiter aufzubauen. Wir haben dazu perfekte Bedingungen. Wir haben sehr viele Syrerinnen und Syrer, die hier zu uns geflohen sind, die inzwischen fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind, die unser Gesundheitssystem mittragen, also die helfen können, Brücken zu bauen nach Syrien. Wir sind sehr gut vernetzt, weil wir auch in der Zeit der Diktatur noch in der Lage waren, in Teilen Syriens mit Entwicklungszusammenarbeit zu arbeiten und dort eben auch Kontakte aufzubauen. Und wir haben das nötige Know how, um jetzt eben dort auch zu unterstützen. Und das ist ein wichtiger Partner. Wenn es gelingt, dass Syrien sich stabilisiert, dann ist das für den gesamten Nahen Osten ein wirklicher Faktor. Und deswegen, finde ich, sind wir gut beraten, von Deutschland aus jetzt möglichst viel in diese Partnerschaft zu investieren.
00:24:09: Florian Harms: Das ist eigentlich Krisenprävention. Also die Krisen von in zehn, 15 Jahren, die dann vielleicht drohen könnten, die können wir jetzt versuchen zu verhindern, dass sie gar nicht erst ausbrechen. Und wir sollten nicht den Fehler machen, nicht nur das Deutschland nicht machen, sondern auch als Europäer nicht machen, die Situation in Syrien komplett den arabischen Staaten zu überlassen, also beispielsweise den Golfstaaten, die ganz eigene Interessen haben, die häufig konträr sind zu dem, was wir uns vielleicht vorstellen würden oder erhoffen würden dort, in dieser neuralgischen Weltregion. Deshalb denke ich auch, man braucht dort eine verstärkte Zusammenarbeit. Es gibt ja auch schon vielversprechende Projekte. Deutschland hat eine Klinik Partnerschaft eingerichtet. Das hilft den Menschen in Syrien, die Krankenhäuser wieder auszustatten, damit man dort zumindest mal eine Grundversorgung wieder gewährleisten kann. Aber es denke ich, muss auch darüber hinausgehen, auch so was wie selbst wenn es etwas abgehoben klingt Demokratieförderung oder Demokratieunterricht? Syrien hat eine Bevölkerung, die relativ gut gebildet ist, auch im Vergleich zu anderen Staaten, weil es eine städtische Kultur dort gibt. Und viele Menschen orientieren sich Richtung Europa und haben auch ein großes Interesse an Deutschland und eine große Wertschätzung für Deutschland. Nicht nur aufgrund der Flucht Kontakte, sondern auch vorher schon. Und daran kann man anknüpfen und kann eben versuchen, den gedeihlichen Austausch zu fördern.
00:25:28: Lisa Raphael: Also du würdest auch sagen, eine Demokratie wäre realistisch für Syrien als Modell?
00:25:32: Florian Harms: Naja, also ich kenne das Land selber gut. Wir haben ja hier im Podcast auch schon drüber gesprochen. Ich habe in Damaskus studiert, ich weiß, wie schwierig das ist, nicht nur aufgrund der jahrzehntelangen Diktatur, sondern auch aufgrund der schwierigen Lage dort vor Ort im Nahen Osten, auch aufgrund der Bevölkerungsstruktur der vielen Ethnien, der vielen verschiedenen Religionen. Aber man soll die Hoffnung nie aufgeben. Und was ich sagen kann Es gibt viele Menschen in Syrien, wirklich nicht wenige. Die sehnen sich nach einem demokratischen Staat und die wollen ihr Schicksal in die Hand nehmen und wollen zumindest versuchen, Schritte auf dem Weg dorthin zu unternehmen. Und es muss ja nicht gleich die perfekte Demokratie werden. Aber zumindest mal ein Rechtsstaat mit rechtsstaatlichen Regeln, das wäre schon enorm viel wert, wo man eben nicht fürchten muss, jederzeit von einem brutalen Diktator und seinen Schergen in den Kerker geworfen zu werden.
00:26:24: Lisa Raphael: Florian, Du hast jetzt schon zwei Projekte erwähnt, das mit der Klinik und dem Demokratieförderung, Frau Schulz, was gibt es noch so für Projekte oder was ist geplant bei Syrien?
00:26:32: Svenja Schulze: Was darüber hinaus noch geplant ist, ist zu helfen, die Schulen wieder aufzubauen. Weil es ist ganz wichtig, dass Kinder in die Schule gehen können. Und im Moment können das einfach sehr viele Kinder im Land nicht, weil die Schulen zerstört wurden. Gerade in den Gebieten, wo das Assad Regime meinte, dass das Oppositionelle sind, sind gezielt Schulen wirklich zerstört worden und das muss man jetzt der helfen wieder aufzubauen. Und darüber hinaus ist auch die Ernährung der Bevölkerung zusammengebrochen und das ist auch etwas, das kann das Land eigentlich selber. Es muss jetzt nur den Anstoß sozusagen bekommen, die Mühlen wieder ins Laufen zu bringen, mehr zu mahlen, Brot zu backen. Und diesen Anstoß, den wollen wir jetzt auch mitgeben, damit die Bevölkerung wie sie sich wieder selber versorgen kann. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, damit so ein friedlicher Prozess überhaupt gelingt, dass genug zu essen da ist. Erst mal und da spielt Brot einfach eine große Rolle in der Bevölkerung.
00:27:25: Lisa Raphael: Interessanter Einblick. Wir kommen jetzt zum Ende noch mal auf ein komplett anderes Thema, das aber dennoch wichtig ist, denn die Sondierungsgespräche zwischen CDU und SPD sind ja auf Hochtouren. Allerdings gibt es auch in Ihrer Partei, der SPD, Rumoren um die Parteispitze. Einige sprechen Lars Klingbeil und Saskia Esken viel Unterstützung zu. Andere fordern neue Personalien. Eine Arbeitsgemeinschaft innerhalb der SPD fordert die Neuwahl der Parteispitze auf einem Bundesparteitag und werfen der aktuellen Führung die Verantwortung für das desolate Wahlergebnis vor. Diese erzielten 16,4 % bei der Bundestagswahl seien das Ergebnis einer Kette von politischen Fehlentscheidungen. Frau Schulze, wie ist Ihre Meinung dazu? Braucht es neue Gesichter für einen richtigen Neuanfang in der Partei?
00:28:13: Svenja Schulze: Ich glaube, es ist im Moment nicht die Zeit für die SPD, sich jetzt ausschließlich mit sich selber zu beschäftigen. Wir haben im Moment eine Weltlage, wo gerade Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten mit der sozialen Sicht auf die Dinge mit der Sicht, was das überhaupt mit den Menschen macht, eine wichtige Rolle spielen. Und deswegen ist es ganz zentral, dass wir jetzt auf der einen Seite die Verhandlungen voranbringen und versuchen, eine Koalition zu bilden. Und das ist alles andere als einfach. Herr Merz hat vor den Wahlen nicht unbedingt dazu beigetragen, dass es ein friedliches Klima gab zwischen CDU, CSU und SPD. Da muss jetzt schnell Vertrauen wieder aufgebaut werden. Und klar, parallel muss auch ein Prozess laufen, wo die SPD sich hinterfragt und wo sie ihre Programmatik hinterfragt. Das läuft auch. Das ist im Parteivorstand beschlossen worden. Ich glaube, diese schnellen Rufe Wir tauschen jetzt mal die Spitze aus und dann ist alles wieder gut, dass das nichts nützt. Wir müssen tiefer gehen, gucken. Und deswegen hat der Parteivorstand jetzt auch einen Prozess auf den Weg gebracht, wo wir mit über unsere Programmatik reden wollen, wo wir darüber reden wollen, wie wir kommunizieren und wie wir wieder mehr Menschen auch für uns und für unsere Politik begeistern. Und das halte ich für den richtigen Weg. Die Diskussion muss tiefer gehen als die Frage der Personalien. Ja, Personal, Wenn wir auch entscheiden, Wir werden den Parteitag machen, da werden die Vorsitzenden ganz ordnungsgemäß gewählt. Aber es gibt tiefer liegende Problem als das.
00:29:37: Lisa Raphael: Aber schon nach dem Wahlergebnis von 2021 oder auch den vielen verlorenen Landtagswahlen hat die SPD immer wieder von Erneuerung gesprochen. Wie wollen Sie das den Wählern jetzt wirklich glaubhaft machen, dass sich was ändert und worauf müssen sie sich besonders inhaltlich beziehen?
00:29:51: Svenja Schulze: Ich glaube, dass das soziale Profil der SPD ganz besonders herausgearbeitet werden muss. Wir sind diejenigen, die sich um die Alltagssorgen der Menschen kümmern und die darüber auch Bescheid wissen und die in ganz normalen Menschen Mitglieder sind, die eben wissen, wie schwierig das ist, wenn der Kindergarten morgens anruft und einfach absagt. Die wissen, wie schwierig das ist. Wenn im ländlichen Raum die Öffnungszeiten von den Läden nicht mit dem Leben übereinstimmen, wenn der Bus nicht fährt, den man eigentlich braucht. Also diese an die Alltagsprobleme wieder heranzugehen. Dafür Lösungen anzubieten. Das ist das, was Wesenskern der SPD ist und was wir wieder viel, viel stärker herausarbeiten müssen. Und das vor allen Dingen in einer Sprache, die auch verstanden wird. Wir müssen auch in den modernen Medien anders kommunizieren, als wir das bisher tun. Da haben wir nicht genug investiert bisher. Wir haben uns auf den Weg gemacht. Das reicht aber noch nicht. Und deswegen muss das jetzt wirklich anders aufgearbeitet werden. Und ich bin sehr zuversichtlich. Wir haben ja mit Matthias Miersch einen Generalsekretär, der sehr viel Erfahrung aus der SPD auch mitbringt. Und alles, was er da jetzt auf den Weg bringt, macht mich jedenfalls optimistisch, dass wir da auf einem guten Weg sind.
00:30:59: Lisa Raphael: Trotzdem stecken wir in einer harten Wirtschaftskrise und auch die ganzen Jobs sind nicht mehr sicher. Florian an dich die Frage: Denkst du nicht, dass das bei der CDU von den Wählern sozusagen mehr aufgehoben wird? Dass sie der CDU das mehr zutrauen können, dass die Jobs sicher sind, dass die Arbeit sicher ist, Auch wenn die Sozialdemokraten natürlich das auch ein Steckenpferd der Partei ist.
00:31:20: Florian Harms: Na ja, zumindest sagen die Umfragen, dass das der CDU oder der ganzen Union, also CDU, CSU, gegenwärtig das eher zugetraut wird, die Wirtschaft wieder ins Laufen zu bekommen. Aber solche Umfragen sind häufig kurzfristig. Die können sich auch schnell ändern im Monatsverlauf. Und ich glaube, wenn ich die Umfragewerte richtig deute und auch das, was dahinter steht, dann gibt es ein ganz großes Bedürfnis bei der Mehrheit der Menschen in Deutschland, dass man jetzt schnell eine stabile Regierung bekommt, die in der Lage ist, schnell entschlossen zu entscheiden, sich nicht zu streiten, wie das bei der Ampel leider Gottes zu lange der Fall gewesen ist, sondern schnell pragmatisch zu handeln, Konflikte gern intern auszutragen, aber nach außen hin geschlossen zu sprechen und geschlossen aufzutreten und vor allem schnell zu entscheiden, denn das braucht das Land jetzt.
00:32:09: Svenja Schulze: Also ich glaube, dass die Wirtschaftspolitik auf der Seite der SPD sehr gut aufgehoben ist, weil wir sind diejenigen, die sich wirklich um die Anliegen derjenigen kümmern, die Wirtschaft voranbringen. Wir haben das doch gesehen, als die Energiepreise so hochgegangen sind. Wer hat sich denn drum gekümmert, dass das bezahlbar bleibt? Wer setzt sich für einen Industrie Strompreis zum Beispiel ein? Das macht die SPD, weil sie eben auch aus ihrer eigenen Mitgliedschaft heraus sehr genau mitbekommt, wie wichtig es ist, diese Arbeitsplätze zu erhalten. Und das machen wir nicht nur für die Großen, sondern eben auch für die vielen, vielen Kleinen, die die Mehrheit der Arbeitsplätze in Deutschland stellen. Also da finde ich, wird die SPD in der Öffentlichkeit noch zu wenig als das wahrgenommen, was sie wirklich ist, nämlich eine Partei, die sich für Arbeitsplätze einsetzt.
00:32:54: Lisa Raphael: Und anders ist es gerade angesprochen eine stabile Regierung. Und das hat ja eben auch Auswirkungen auf die kommende Entwicklungszusammenarbeit. Und damit kommen wir zur letzten Frage an Sie Sollte die CDU eine Regierung mit der SPD bilden, würden Sie denn gerne Entwicklungsministerin bleiben? Sie waren ja schon mal Umweltministerin und in Nordrhein Westfalen Ministerin für Wissenschaft und Forschung, setzen sich aber auch für Arbeitspolitik sehr ein.
00:33:18: Svenja Schulze: Also ich würde sehr, sehr gerne Ministerin in diesem Bereich bleiben, weil das ist einfach ein sehr spannendes Feld. Das ist ein Feld, wo gerade wirklich Erfahrung gefragt ist und die bringe ich mit. Ich bringe die internationalen Kontakte mit, ich bringe die Erfahrung mit. Und deswegen würde ich auch gerne weiter in diesem Feld arbeiten.
00:33:36: Florian Harms: Und mir bleibt noch zu sagen: Zwar gab es ja den Vorschlag, auch in der Union, bei der CDU die Ministerien neu zu ordnen, vielleicht auch zusammenzulegen und auch ihr Ministerium, Frau Schulze, mit dem Wirtschaftsministerium zu verschmelzen. Ich glaube offengestanden nicht, dass es dazu kommt, weil gar nicht die Zeit dafür da ist. Das wäre viel zu aufwendig. Man muss jetzt schnelles Handeln kommen, und man braucht schnell verlässliche Strukturen. Und dann könnte man vielleicht noch sagen Ich glaube, in der Union gibt es jetzt nicht so viele Menschen, die sich genau auf ihrem Terrain so sehr gut auskennen. Insofern ist wahrscheinlich die Chance groß, dass sie vielleicht tatsächlich Ministerin bleiben könnten.
00:34:11: Lisa Raphael: Interessant. Also immer dieser Vorwurf. Na ja, Ministerien streichen spart nicht unbedingt Geld, sondern ist auch viel Aufwand, das zu denken.
00:34:18: Svenja Schulze: Vielleicht kann ich noch aus meiner Zeit als Umweltministerin berichten. Als ich Umweltministerin wurde, wurde ja das Bauministerium aus meinem Ministerium herausgelöst und es hat über ein Jahr gedauert, das diese Trennung wirklich zu vollziehen. Und so lange war man auch nur begrenzt arbeitsfähig. Ich kann es eigentlich nicht empfehlen, zu viel umzuschmeißen, falls nicht, wenn der Druck so groß ist, dass man schnell handeln muss.
00:34:39: Lisa Raphael: Ja, aktuell auch mit Trump natürlich wieder ganz besonders. Damit bedanke ich mich ganz herzlich für das Gespräch bei Ihnen, Frau Schulze, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Vielen Dank! Sehr gerne Und auch bei Dir, Florian, bedanke ich mich sowie auch Ihnen da draußen fürs Zuhören. Empfehlen Sie unseren Tagesanbruch Podcast gern im Bekanntenkreis weiter oder lassen Sie uns eine Bewertung zum Beispiel auf Spotify oder Apple Podcasts da. Das hilft uns damit noch mehr Menschen auf diese interessanten Gespräche, die wir hier haben, aufmerksam werden und damit. Vielen Dank und bis zum nächsten Mal. Tschüss.
00:35:09: Florian Harms: Tschüss und bleiben Sie uns gewogen.
00:35:11: Svenja Schulze: Tschüss.