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00:00:02: Sigmar Gabriel: Ich kann niemanden sehen, der in die Rolle der USA gehen kann. Insofern bleiben wir in so was wie einer Gen Null Welt. Eine Welt ohne Ordnung.
00:00:14: Florian Harms: Hallo und herzlich willkommen zum Amerika Update, dem Podcast von t-online zu den aktuellen Entwicklungen in den USA. Donald Trump hat sein Amt als neuer Präsident angetreten und sofort Fakten geschaffen. Er bricht radikal mit der Politik seines Vorgängers Joe Biden geht hart gegen Migranten vor. Stoppt den Klimaschutz, setzt auf Ölförderung, Protektionismus und konservative Werte. Zeitgleich haben Europas Spitzenpolitiker in den vergangenen Tagen beim Weltwirtschaftsforum in Davos darüber diskutiert, wie sie sich auf dieses neue Amerika einstellen sollen. Welche konkreten Folgen hat Trumps Regierungsauftakt für Europa, für die NATO, für Deutschland? Können sich die Europäer zusammenraufen, ihre Interessen und ihre Werte selbstbewusst verteidigen? Was bahnt sich in der Ukraine, an dem amerikanischen Verhältnis zu China, im internationalen Handel an? Darüber spreche ich heute mit zwei ausgewiesenen Kennern der Vereinigten Staaten. Schön, dass Sie uns zuhören.
00:01:16: Florian Harms: Liebe Hörerinnen und Hörer, in Washington hat eine neue Ära begonnen, so muss man das wohl sagen. So beschreiben es auch Beobachter aus Politik, Wirtschaft und Medien. Donald Trump hat als Präsident nicht nur eine harte Kehrtwende zur Politik seines Vorgängers Joe Biden eingeschlagen. Mit dem neuen Mann im Weißen Haus ziehen auch neue Leute in die wichtigsten politischen Ämter, Ministerien, Behörden und Beraterposten werden mit Gefolgsleuten besetzt, deren Loyalität zum Präsidenten oft wichtiger ist als ihre Fachkompetenz und Erfahrung. Schon jetzt, wenige Tage nach Trumps Vereidigung, ist klar Diese Präsidentschaft wird nicht nur Amerika verändern, sondern auch die internationale Politik. Handelsregeln, Krisen, Diplomatie, Allianzen und Antworten auf die größten Herausforderungen der Menschheit Kriege, Armut, Bevölkerungswachstum, Erderhitzung, Konflikte um Ressourcen. Alle werden sie von Trumps „America First“-Agenda überschattet. Mit seinen ersten Dekreten versucht Trump, mehrere Wahlversprechen für seine Anhänger einzulösen. Er will die Grenze zu Mexiko abriegeln, Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung ausweisen, Diversität, Programme im Militär und in Behörden beenden, die Ölförderung ankurbeln. Mehrere Entscheidungen treffen auch die Partnerländer der USA. Aus dem Pariser Klimaschutzabkommen steigt Amerika aus. Die Behörden sollen die Handelsbilanz untersuchen. Und Trumps Drohung, hohe Einfuhrzölle auf ausländische Produkte zu erheben, steht nach wie vor im Raum. Das wäre für ein exportorientiertes Land wie Deutschland ein harter Schlag. Wie sollte Europa, wie sollte Deutschland auf Trumps aggressiven Kurs reagieren? Wie sollten Berliner Politiker mit dem neuen Präsidenten umgehen? Diese Fragen diskutieren wir heute mit einem Mann, der sich in der Außenpolitik bestens auskennt. Sigmar Gabriel war deutscher Außenminister und Vizekanzler, zudem langjähriger SPD-Vorsitzender, Wirtschaftsminister, Umweltminister und Ministerpräsident. Seit mehr als fünf Jahren ist er Vorsitzender der Atlantikbrücke, einem Netzwerk aus Politikern, Managern und Menschen des öffentlichen Lebens. Dass die transatlantischen Beziehungen zwischen Amerika und Europa stärken möchte. Hallo lieber Herr Gabriel, schön, dass Sie heute dabei sind.
00:03:21: Sigmar Gabriel: Guten Morgen, ich grüße Sie.
00:03:23: Florian Harms: Außerdem begrüße ich unseren Amerika-Korrespondenten Bastian Brauns, der aus Washington zugeschaltet ist. Er hat Trumps Amtseinführung und dessen ersten Tag als Präsident genau verfolgt und in mehreren Artikeln auf der t-online analysiert. Lieber Bastian, bei Dir ist es zum Zeitpunkt der Aufnahme dieses Podcasts noch mitten in der Nacht, aber wir kennen dich ja als nimmermüden Reporter. Hallo. Danke, dass du dabei bist.
00:03:43: Bastian Brauns: Hallo. Guten Morgen.
00:03:44: Florian Harms: Und ich bin Florian Harms, Chefredakteur von t-online, und moderiere das folgende Gespräch. Herr Gabriel. Als Erstes interessiert mich Ihre Einschätzung. Wie bewerten Sie Trumps erste Tage im Amt und seine ersten Entscheidungen? Wofür stehen diese?
00:03:59: Sigmar Gabriel: Na, wenn man die Reden zusammennimmt, die ersten Entscheidungen, dann stehen sie natürlich innenpolitisch für einen dramatischen Kurswechsel. Aber das ist das Recht eines jeden demokratisch gewählten Präsidenten oder jeder demokratisch gewählten Regierung, sozusagen die Entscheidungen seiner Vorgänger um 180 Grad zu drehen. Das ist eine demokratische Wahl gewesen, und das mag dem einem gefallen oder nicht gefallen. Das ist erst mal eine Angelegenheit, die in Amerika entschieden wurde, mit der wir leben müssen. Was mir viel mehr Sorgen macht, ist die außenpolitisch völlig veränderte Rolle der Amerikaner in dieser Präsidentschaft. Denn was wir da erleben, ist das Ende, sagen wir mal, der gemeinsamen Vorstellung Amerikas und Europas über internationale Beziehungen. Eigentlich sind wir der Auffassung bislang jedenfalls gewesen, dass wir versuchen müssen, so viel an internationalen Institutionen, an Zusammenarbeit zu schaffen wie möglich. Das geht nicht immer, aber jedenfalls ist das die gemeinsame Vorstellung gewesen um Konflikte, die zwischen Nationen immer mal entstehen können. Ob es jetzt Handelskonflikte sind oder andere friedlich und vor allen Dingen ohne militärische Gewalt zu lösen und auf der Basis von geltenden Übereinkünften und Schiedsgerichten. Das verändert Trump völlig. Aus seiner Sicht soll die Welt in Zukunft im Grunde bilateralisiert werden, also nicht mehr internationale Kooperation, sondern bilaterale Abkommen zwischen den USA und anderen. So ein bisschen Jalta 2.0. Die Großen der Welt machen Deals miteinander und der Rest muss halt zusehen, wie er klarkommt. Also die Vorstellung, das starke Amerika macht mit anderen, stärkeren oder ähnlich starken Ländern Verabredungen. Das dürfte in China und auch in Russland und vielleicht auch in der Türkei auf gar nicht so große Ablehnung stoßen. Das ist auch deren Vorstellung. Die großen Jungs machen das untereinander, aber es ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir in Europa denken. Und es war in das Gegenteil der bisherigen Idee des Westens. Der ist ja kein geografischer Begriff, sondern dahinter steckt ja eine normative Idee. Über die Freiheit von Menschen, die überall gelten sollen. Und dass wir international die Probleme gemeinsam lösen wollen. Davon kehren sich die USA ab. Und ich kann niemanden sehen, der in die Rolle der USA gehen kann. Insofern bleiben wir in so was wie einer Gen Null Welt, eine Welt ohne Ordnung. Und die Konflikte, die wir jetzt sehen, werden eher zunehmen. Das ist meine große Sorge. Also innenpolitisch, muss man das einfach ertragen. Das ist eine Entscheidung der Amerikaner und Amerikaner, da können wir wenig tun. Aber außenpolitisch ist das schon etwas, was die Welt verändert und aus den Angeln hebt.
00:06:53: Florian Harms: Sie haben diese Woche in einer Talkshow gesagt, die USA verabschieden sich als Ordnungsmacht. Steht es wirklich so schlimm? Es gibt doch immer noch viele Transatlantiker, beispielsweise bei den Demokraten in Amerika.
00:07:05: Sigmar Gabriel: Ja, aber die haben keine Mehrheit, weder im Repräsentantenhaus noch im Senat. Die Amerikaner haben ja als Ordnungsmacht auch nicht immer alles richtig gemacht. Das will ich ja gar nicht sagen. Denken wir nur an solche Kriege wie Vietnam oder später der zweite Irakkrieg. Aber sie sind schon die, vor allen Dingen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Und für uns im Westen vorher diejenigen, die am stärksten dafür gestanden haben, so eine globale Ordnung mit minimal Spielregeln aufrechtzuerhalten oder auch internationale Institutionen aufrechtzuerhalten. Stellen Sie sich vor, die Amerikaner würden ihre Beiträge zu den internationalen Organisationen schlicht streichen. Was das für das World Food Programm, für die WHO, für die Handelsorganisation, für die UNO heißen würde. Das alles sind ja eigentlich amerikanische Erfindungen, die sind ja vor dem Ersten Weltkrieg das erste Mal gedacht worden und dann nach dem Zweiten Weltkrieg in Amerika begonnen worden. Die UNO ist in San Francisco gegründet und die Amerikaner haben das Gefühl, weit über Trump hinaus Das können wir nicht mehr. Wir können nicht mehr zugleich führende Wirtschafts- und Militärnation sein und globale Ordnungsmacht. Wir verabschieden uns aus dem letzten Teil. Wir konzentrieren uns auf die Führungsrolle als Technologie und Militärnation, insbesondere mit Blick auf China. Das ist eine Grundhaltung in den USA. Die ist gar nicht so völlig anders bei vielen demokratischen Wählern. Und der Rest muss eben bilateral gelöst werden. Das ist schon etwas, was uns schon deshalb Sorgen machen muss, was in der internationalen Politik nie ein Vakuum gibt. Wo einer rausgeht, geht jemand anders rein. Und überall, wo die Amerikaner rausgegangen sind, war es wie im richtigen Western. Wenn der Sheriff die Street verlässt, dann kommen die Gangster. Also überall dort, wo Amerika den Schauplatz verlässt, treten autoritäre Mächte ein und nicht etwa das demokratische Europa.
00:09:00: Florian Harms: Das muss Sorgen machen. Wir reden auch über diesen Aspekt gleich noch. Und aus einer großen Organisation ist Trump de facto schon ausgetreten, aus der Weltgesundheitsorganisation, die wirklich eine wichtige Rolle spielt global nicht nur für Gesundheitsstandards, sondern beispielsweise auch in Schwellenländern. Bastian Kommen wir einmal zu dir. Du hast Trumps Amtseinführung in Washington beobachtet. Viele seiner Anhänger sind ja extra von weither angereist, um das mitzuerleben. Manche aus wirklich weit entfernten Orten. Was sagen diese Leute jetzt? Was erhoffen sie sich konkret von dieser neuen Regierung? Und kann Trump diese Erwartungen überhaupt erfüllen?
00:09:37: Bastian Brauns: Ja, das dürfte ähnlich sein, wie Herr Gabriel gerade gesagt hat. Bei jedem Regierungswechsel herrscht natürlich so eine gewisse Aufbruchsstimmung jetzt hier und das ist schon sehr bemerkenswert gewesen. Wenn man also es gab ja dann keine Veranstaltung auf der Mall, wie wir alle wissen, sondern es wurde ins Innere des Kapitols verlegt und deswegen sind quasi überall in der Stadt diese Menschen herumgeirrt bei Minustemperaturen und haben versucht, die Amtseinführung in Kneipen und Restaurants oder Privat oder im Hotel sich anzuschauen. Und dort war schon zu spüren Das ist ja sehr untypisch natürlich hier in Washington, weil es eine sehr demokratisch geprägte Stadt ist. Überall Erleichterung und Freude und Jubel. Und die Leute sehen das, was Trump verspricht, nämlich das Versprechen eines Anbruchs seines goldenen Zeitalters. Das sehen die wirklich so, dass jetzt quasi die Kräfte entfesselt sind. Genau. Ja, die Leute sind super gut drauf und ja und die ganze Geschichte mit auf den Mars gehen usw., Das belächeln wir hier. Aber ich glaube für viele Leute ist das wirklich der große Traum von Amerika, so wie es vielleicht unter Reagan gewesen sein mag.
00:10:45: Florian Harms: Aber ist das nur so abstrakt? Also auf den Mars fliegen, die Grenze irgendwie sicher machen? Oder wünschen sich auch viele Trump Anhänger ganz konkret für ihr persönliches Leben eine Verbesserung?
00:10:55: Bastian Brauns: Ja, ja, natürlich. Und das ist ja auch genau das, was am Ende dazu beiträgt, dass es da eine große Mehrheit gibt, die die Rolle der USA eben vor allem als Rolle der USA für die USA sieht, das über beide Parteigrenzen hinweg geht. Es ist halt relativ schwer dagegen zu argumentieren, wenn Millionen ins Ausland gehen und gleichzeitig hier aber die Sozialsysteme völlig marode sind. Das sieht man auch an dem an dem Mordfall in New York, wo es eine unglaubliche Solidarität auch für den mutmaßlichen Mörder, der ein...
00:11:28: Florian Harms: Das musst du noch mal kurz erklären bitte. Das war ja jemand, der einen Versicherungsunternehmer umgebracht hat.
00:11:32: Bastian Brauns: Genau, also die Solidarität kommt natürlich vor allem aus einem demokratischen Spektrum, würde ich jetzt mal sagen. Aber es gibt schon einen großen Hass gegen die großen Big, also Big Pharma, Big Tech auch, aber es ist sehr unterschiedlich. Aber es gibt einfach eine große Unzufriedenheit, witzigerweise mit dem Kapitalismus. Und jetzt ist mit Elon Musk und Trump. Natürlich sind Turbokapitalisten, Libertäre am Start, aber die Republikaner, die Anhänger von Trump, erhoffen sich davon eben Positives.
00:12:03: Florian Harms: Das sehen wir auch in vielen anderen Ländern. Also dieser Unmut über eine vermeintliche Elite. Herr Gabriel, Sie haben schon vor sieben Jahren habe ich noch mal nachgeschaut, nach Trumps verstörendem Gebaren auf einem NATO-Gipfel eine härtere Gangart gegenüber dem US-Präsidenten gefordert. Gesagt haben sie damals während Trumps erster Präsidentschaft. Donald Trump kennt nur Stärke. Dann müssen wir ihm zeigen, dass wir stark sind. Jetzt mal, bevor wir da inhaltlich drüber reden, die ganz praktische Frage Wie geht es denn konkret? Wie zeigt man so einem egozentrischen oder gar narzisstischen Menschen, dass wir Europäer auch stark sind? Was raten Sie da als ehemaliger Chefdiplomat?
00:12:38: Sigmar Gabriel: Als erstes, dass man mit einer Stimme spricht und nicht, wie das leider jetzt schon losgeht, sozusagen die ersten sind ja schon nach Mar-a-Lago gefahren, als er noch gar nicht Präsident war, und haben den Ring geküsst. Das hat dann hat Trump schon gewonnen, bevor wir angefangen haben. Also Europa muss mit einer Stimme sprechen. Das geht immer dann am besten, wenn Deutschland, Frankreich und Polen so was wie ein politisches Zentrum bilden in Europa, die die Zentrifugalkräfte bändigen. Leider ist das deutsch französische und auch das deutsch polnische Verhältnis in den letzten Jahren immer schlechter geworden, woran ich glaube, die Deutschen am meisten Schuld haben. Das muss die nächste Bundesregierung so schnell wie möglich korrigieren. Wir brauchen wieder dieses politische Zentrum der Zusammenarbeit von Deutschland und Frankreich und in den besten Zeiten dann immer auch mit Polen.
00:13:27: Florian Harms: Aber was hat Deutschland da konkret falsch gemacht, wenn Sie sagen, dass...?
00:13:31: Sigmar Gabriel: Naja wir haben ja überhaupt keine, keinerlei Initiativen von Macron zur Stärkung Europas auch nur beantwortet. Wir haben ja im Wesentlichen geschwiegen. Macron hat vorgeschlagen, einen Außensicherheitsrat zu bilden, in Europa übrigens unter Einschluss der Briten, obwohl die aus der EU raus sind, was vernünftig ist, aber was in der Tradition französischer Präsident verfassten Hochverrat gleichkommt, also die Briten einzuladen. Antwort aus Deutschland Null. Macron hat als Trump das erste Mal sozusagen die NATO in Zweifel gezogen hat, den Deutschen angeboten Kommt mal her, ich zeig euch mal das Geheimste des Geheimen, nämlich wie wir die französischen Atomstreitmächte aufstellen. Einfach Deutschland Null. Und das können Sie mehrfach wiederholen. Als der chinesische Staatspräsident das erste Mal Macron in Paris besucht hat, hat der was Kluges gemacht. Er hat die damalige Kanzlerin dazu geladen und den Kommissionspräsidenten Juncker, um China sofort zu signalisieren Ihr redet hier nicht mit einem und dann mit dem Nächsten, sondern ihr müsst immer mit einer ganzheitlichen Europapolitik rechnen. Das haben wir nie gemacht. Im Umkehrschluss Das wäre das richtige Vorgehen. Ich habe die große Hoffnung, dass nach der jetzt ja doch schnell kommenden Wahl davon da schnelle Initiativen ergriffen werden, egal wer gewonnen hat.
00:14:51: Florian Harms: Aber da muss ich jetzt schon mal nachfragen, denn der Kanzler war ja aus Ihrer Partei, Olaf Scholz. Warum? Woran lag das, dass wir das nicht beantwortet haben als Bundesregierung?
00:14:59: Sigmar Gabriel: Das müssen Sie ihn fragen. Begonnen hat das leider unter Angela Merkel, so einer der Punkte, über die wir damals gestritten haben. Warum ich nicht verstanden habe, warum sie so distanziert war solchen Vorschlägen gegenüber. Irgendwann ist es natürlich dann auch in Paris so gewesen, dass sie die Deutschen gar nicht mehr gefragt haben. Und das Verhältnis ist nicht unbedingt besser. Aber man muss auch nicht jedem französischen Vorschlag zustimmen. Das meine ich auch nicht, sondern eine ernsthafte Debatte führen. Und wenn es eine Stimme gab, Europa zu stärken, dann war es eine französische. Man darf sich umgekehrt nicht aktiv von den USA abwenden, denn wir werden schnell sehen, dass die osteuropäischen Staaten alles daran setzen werden, die Sicherheitspartnerschaft mit den USA zu erhalten, einfach weil sie uns Deutschen und auch den Franzosen nicht so richtig über den Weg trauen, wenn es um ihre Sicherheit geht. Und da ist die größte Gefahr, dass auch dort so eine Bilateralisierung eintritt, dass Washington sagt zu den Polen kommt, wir stationieren bei euch Waffen, wir machen gemeinsame Verträge, ihr kauft die dann auch bei uns und koppelt euch ein bisschen ab von dem Rest von Europa. Also das muss man unbedingt verhindern. Wir brauchen eine Stärkung der europäischen militärischen Fähigkeiten, aber innerhalb der NATO. Also nicht etwa außerhalb der NATO als Europäische Verteidigungsgemeinschaft, sondern in der NATO, um die Amerikaner an Bord zu halten. Irgendwann, da bin ich sicher, wird Amerika auch feststellen, dass in der Welt des 21. Jahrhunderts selbst die großen USA Bündnispartner brauchen. Wir sowieso. Aber ich glaube auch die USA. Und ich finde, darauf müssen wir zuarbeiten.
00:16:38: Florian Harms: Und heißt das, wir sollten in Europa so eine Art Mini NATO bilden, vielleicht auch mit gemeinsamen Streitkräften über die Landesgrenzen hinweg?
00:16:47: Sigmar Gabriel: Na ja, ich würde erst mal mit einfachen Dingen anfangen, das heißt die Beschaffung gemeinsam machen und nicht jeder seine eigenen Waffensysteme. Das wird ja auch alles viel teurer, Fähigkeiten untereinander aufzuteilen. Da gibt es auch erste Ansätze, so was zu machen, aber eben viel stärker als europäische Säule in der NATO zu denken. Nie ohne Rückkoppelung an die NATO, aber als europäische Säule in der NATO und die Zusammenarbeit mit den Briten aufzunehmen, auch wenn die außerhalb der EU sind, die sind Europäer. Die sind eine strategische Macht, gerade was Verteilungsfragen angeht. Also das ist der eine Teil. Der zweite Teil ist Ich glaube, wir unterschätzen, wie hoch unsere eigentliche Attraktivität als Wirtschaftsregion sind. Noch ist der europäische, die Europäische Union der größte Binnenmarkt der Welt. Wir haben kreative und innovative Unternehmen bei uns, aber wir fesseln die viel zu oft durch bürokratische Regeln. Wir haben eine ziemlich verkorkste Energiewende inzwischen, und auch der Green Deal kann so nicht weitergehen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Industrien leistungsfähig bleiben und dass übrigens Innovationen bei uns eine Chance haben und nicht durch Regulation verboten werden. Ich glaube, das ist vielleicht noch wichtiger. Für die Verteidigungsfragen wird man Zeit brauchen. Aber die ökonomische Entfesselung Europas und Deutschlands, da glaube ich, das können wir viel schneller schaffen. Und das imponiert ihm mehr als alles andere.
00:18:15: Florian Harms: Das imponiert ihm. Bastian Du hast ja mit mehreren Personen aus Trumps Umfeld gesprochen. Wie schauen die auf Deutschland und auf Deutschlands Rolle in der Welt?
00:18:25: Bastian Brauns: Also was ich wirklich auch bei der Frage der Ökonomie jetzt interessant finde würde, das wäre auch vielleicht eine Frage an Herrn Gabriel. Haben Sie nicht auch Sorge, dass dadurch, dass wir jetzt eben infolge des Ukrainekrieges uns auch abhängiger gemacht haben energiepolitisch von den USA mit LNG-Importen, also Importen von Flüssiggas von Amerika nach Deutschland? Dass Trump jetzt genau da auch ein weiteres Druckmittel noch in Bezug auf die Handelsbilanz kommen wir da ihm eher noch was anzubieten. Und würden Sie sagen ja, dann kaufen wir eben noch mehr LNG, dann ist er mit der Handelsbilanz zufrieden und dann? Weil das ist das, was Sie vorhaben werden, auf jeden Fall. Die Terminals sind ja auch bald fertig. Und ja, das wird eindeutig so gesagt. Es gibt ja auch innerhalb der Republikanischen Partei Fraktionen. Also Tarife, also Strafzölle finden da jetzt nicht alle gut. Da ist Trump nicht alleine, aber es gibt da auch starke Opposition innerhalb der Partei. Aber er wird auf jeden Fall versuchen, die Handelsbilanz zu verbessern, aus Sicht der Amerikaner.
00:19:31: Sigmar Gabriel: Ja, und eine der Antworten der Europäischen Union, das ist ja Handelspolitik ist keine nationale Frage in Europa. Es ist bei uns so: Die EU verhandelt mit den Vereinigten Staaten, nicht Deutschland. Und da wird eines der Angebote sein, mehr LNG zu kaufen. Aber was brauchen wir? Wir merken ja gerade, dass wir kein Recht, noch immer kein Backbone für die Erneuerbaren haben. Und da wird es auch zu mehr LNG in Kauf kommen. Das wird das Handelsbilanzdefizit ein bisschen verringern. Das wird, glaube ich, nicht reichen. Wir werden noch andere Fragen verhandeln. Ich glaube allerdings auch, dass das, was Ihr Kollege in Washington gesagt hat, wir nicht unterschätzen sollen. Es gibt natürlich trotz der gewaltigen Macht von Trump auch über seine Partei auch noch eine Menge Republikaner im Repräsentantenhaus und im Senat, die diese Allianz mit Europa nicht zerstören wollen. Also die gibt es eben auch. Er würde zum Beispiel nie eine Mehrheit bekommen, aus der NATO auszutreten. Leider ist schon das in Zweifel stellen so eine Einladung an Herrn Putin und zu testen. Aber es gibt eben auch viele Ansprechpartner noch für uns in den USA. Und noch mal die Wahl das sind jetzt alles Aussehen, Erdrutschsieg, das war's nicht. Wir waren so überrascht, dass er so hohe Stimmenanzahl, 5 Millionen Stimmen mehr bekommen hat im Popular Vote als die Demokraten, weil wir uns vorher hier was vorgemacht haben über die Stärke der Demokraten. Aber es ist 49 zu 48 ausgegangen. Also es ist überhaupt nicht so, dass jetzt zwei Drittel der Amerikaner auf dem Weg sind, Trump zu unterstützen. Und das Interessante ist, ich habe mich mal habe ich mal auf eine Reise nach West Virginia begeben, das war 80 Jahre lang ein demokratisch geführtes Land. Und dann hat Trump damals bei der ersten Wahl mit 40 % Vorsprung gewonnen. Und ich wollte mich nur mit Trump Anhängern treffen. Das waren übrigens außerordentlich nette und ganz normale Leute, die alle eines geeint hat der Zorn auf Washington und die Eliten in den Großstädten aber die zum Beispiel auf die Frage Ja, warum seid ihr jetzt so kritisch mit uns Deutschen, mit der NATO? Ganz verwundert gefragt haben, wie wir auf die Idee kam, Deutschland sei der beste Bündnispartner und die NATO die beste Erfindung der USA. Und wenn ich sage, euer Präsident sagte das immer, dann war die Antwort Ach Quatsch, das erfinden die Medien. Wir stehen da völlig dahinter. Also sag mal, man soll nicht unterschätzen, wie viel Dynamik auch in den USA existiert. Aber natürlich muss man das alles, wird das eine große Herausforderung. Und wenn die Europäer so weitermachen wie bisher, dann allerdings sind wir Spielball der Weltpolitik und sind nicht mehr ganz Spielbein in der Weltpolitik.
00:22:11: Florian Harms: Herr Gabriel, weil Sie jetzt gerade erzählt haben von Ihrer Reise nach West Virginia. Ich würde gerne einmal eine Stimme einklinken, von einem unserer Hörer, Arthur Airich. Der hat nämlich gesagt.
00:22:24: Hörer-Ton Artur Airich: Also die zukünftige Regierung, da wünsche ich mir auch nicht nur, dass sie dem Trump so begegnen, sondern dass sie auch lernen von Trump, dass sie auch Dinge übernehmen, wo man sagt, der hat was Gutes gemacht für sein Land, lass uns doch für unser Land was Gutes machen. Das ist leider momentan absolut nicht da bei der Regierung. Das ist leider sehr, sehr schlecht für uns. Mit Trump muss man zusammen und nicht gegen. Das müsste das Motto sein. Warum stellt man so ein Feindbild her in den Medien? Das verstehe ich. Ich habe da kein Verständnis. Und ich glaube nicht, dass Trump von sich aus als Mensch der Bundesrepublik schaden möchte. Absolut nicht.
00:23:05: Florian Harms: Herr Gabriel, das geht ein bisschen in die Richtung, was Sie gerade beschrieben haben. Von den Trumpanhängern. Haben wir hierzulande ein falsches Bild von dieser Trumpbewegung?
00:23:14: Sigmar Gabriel: Nein, das glaube ich, haben wir insofern nicht, wenn wir verstehen, dass natürlich die Zustimmung zu Trump kommt, weil die ich sage das jetzt mal die liberale Demokratie und die liberalen Demokraten in den USA versagt haben in vielen Fällen. Und wir müssen ja gar nicht so weit gucken. Auch bei uns gibt es ja Bewegungen, die denen von Trump gar nicht so unähnlich sind. Es gibt bloß keinen Anführer, jedenfalls nicht so stark wie in den USA. Und natürlich muss man sich immer zuerst fragen: Was machen die liberalen Demokratien, die alle unter Druck sind durch solche Populisten? Was machen die falsch, dass Menschen solche Antworten richtig finden? Ich kann auch sogar nachvollziehen, dass in Deutschland Menschen sagen Komm doch mal einer und der redet nicht, der handelt jetzt der, der ist nicht so ein typischer Politiker, der mit 1000 Ausreden kommt, warum das hier nicht geht oder da nicht geht, sondern ich ziehe das jetzt mal durch. Ich würde nur den Hörer bitten, sich zu überlegen, ob er wirklich glaubt, dass Deutschland alleine in der Welt klarkommt. Ich würde daran erinnern, was Henry Kissinger mal zu uns gesagt hat Ihr Deutschen, ihr seid arme Kerle, Ihr seid zu groß für Europa, aber zu klein für die Welt. Also unser, unsere ganze und unser ganzer Wohlstand in diesem Land hängt gerade davon ab, dass wir in internationalen Zusammenhängen gearbeitet haben. Wir sind eine Exportnation mit 50 %. Handelskonflikte und Handelskriege schaffen bei uns Arbeitslosigkeit. Amerika hat 10 % Exportquote. Also ich wird den Hörer bitten, noch mal genau nachzudenken, ob sozusagen die Idee Ich kümmer mich nicht mehr um den Rest der Welt, ich kümmere mich nur noch um mich, ob das ein Konzept für Deutschland und Europa ist. Also wir würden mit Sicherheit ärmer und wir wären vor allen Dingen auch unterlegen. Wir bringen nicht genug Gewicht in die Waagschale. Was innenpolitisch bei Trump passiert ist, war. Mal sehen, da wird jetzt viel angekündigt. Ich wage keine Prognose, ob das klappt oder nicht. Das ist auch außerhalb unserer Reichweite. Das müssen wir beobachten. Aber ich verstehe schon, dass Menschen auch bei uns fasziniert sind von der scheinbaren Fähigkeit, endlich mal einen Politiker, der durchregieren will. Na ja, die Leute, die um ihn herum sitzen, die würden mich an die Stelle eines jeden Deutschen sorgenvoll stimmen. Da sind echte Rechtsradikale dabei. Da sitzen am Kabinettstisch 13 Milliardäre, die versprechen das sich um die kleinen Leute in Amerika kümmern. Da bin ich nicht so sicher, ob das die richtige Lebenserfahrung ist, das zu tun. Und da verkündet jemand den Notstand, um das Militär innenpolitisch einzusetzen. Ob das etwas ist, was wir in Deutschland gut finden würden? Also. Aber wie gesagt, mir geht es eher darum, dass die Europäer stärker zusammenarbeiten müssen, damit überhaupt in der Welt. Wir müssen aufhören, mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend zu gehen.
00:26:11: Florian Harms: Ja, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Aber trotzdem noch mal auch an dich. Bastian Die Frage als Korrespondent vor Ort, Wenn wir das jetzt hören was ist so gefährlich an Donald Trump und seinen Ideen? Ganz nüchtern.
00:26:22: Bastian Brauns: Also ich glaube, die Hauptgefahr und das ist auch das Schwierige, sich da als Politik drauf einzustellen ist, glaube ich, dass seine Handlungen erratisch sind und man sich eigentlich auf nichts wirklich einstellen kann. Natürlich kann man, kann man sagen, ja, er ist so und so gestrickt, er ist ein Dealmaker. Wir versuchen jetzt, ihm dies und das anzubieten, aber er kann natürlich einfach morgen sein Superjoker ziehen. Und genau mit dem Austritt aus der NATO drohen, auch wenn er das am Ende nicht machen wird. Aber er wird auf jeden Fall ständig Erdbeben erzeugen und das ist ja jetzt schon an Tag eins passiert ja sein. Man muss immer in der Rhetorik was abziehen, aber man darf ihn deswegen trotzdem nicht verharmlosen. Also wenn er im Wahlkampf gesagt hat, er wird ja Diktator, ja vielleicht am ersten Tag. Das hat ja eine riesige Empörung ausgelöst. Und natürlich kann man da einerseits sagen, Ja, das ist halt Trump und das meint er nicht so und er wird jetzt auch nicht übermorgen zum Diktator werden. Aber an Tag eins hat man ja gesehen, dass da auch ein Körnchen Wahrheit drinsteht mit den Executive Orders, den Dekreten, die jeder Präsident machen kann. Aber er hat das natürlich in einem Maße jetzt ausgeführt, auch in der Inszenierung mit die Filzstift ins Publikum werfen, wie so ein römischer Caesar ist, sein Brot und Spiele da veranstaltet, wie das noch nie hier in der Geschichte des Landes geschehen ist. Und man muss eben, man muss mit allem rechnen. Und was ich wirklich hier jetzt als besondere Gefahr sehe, ist schon noch, was. Herr Gabriel sagte mit den 13 Milliardären. Das ist, was wir es hier mit einer Verschmelzung auch haben von der Tech Industrie, die hierzulande schon wirklich große Sorgen erzeugt. Auch was Überwachungsstaat. Geht einfach. Musk hat ja jetzt schon seit Jahren im Prinzip die öffentliche Meinung ganz gezielt manipuliert und. Und jetzt haben sich auch die anderen Milliardäre aus Geschäftsinteressen heraus natürlich sich bei ihm ja eingeladen.
00:28:20: Florian Harms: Und da geht es ja gleich weiter. Jetzt hat Donald Trump ein gigantisches Infrastrukturprojekt zur künstlichen Intelligenz angekündigt und Stargate Programm, so wird das genannt. Das soll die USA mit Investitionen von mindestens 500 Milliarden Dollar noch weiter nach vorne bringen, bei künstlicher Intelligenz. Also da kommt einiges auf uns zu. Gleichwohl schauen wir zum Abschluss dieses Podcasts noch mal etwas weiter nach vorne, so auf die nächsten 3 bis 4 Jahre, bis es zum nächsten amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf kommt. Herr Gabriel, nach Ihrer Erfahrung, was kann in dieser Zeit noch passieren? Was werden wichtige Wegmarken?
00:29:01: Sigmar Gabriel: Die erste wichtige Wegmarke werden die Midterms in zwei Jahren sein. Da werden wir merken, ob die Amerikaner zufrieden sind mit seiner Politik. Es gibt ja auch Leute, die sagen, wenn der überall Zölle einführt, dann wird es in Amerika wieder teurer und die Lebenshaltungskosten steigen. Wenn das passiert, wird er das merken. Übrigens glaube ich. Darauf kann man sich verlassen, wenn er merkt, dass die Wirtschaft nicht so läuft oder die Menschen davon nicht so viel haben. Das ist das erste, was er korrigieren wird, und zwar ohne dass er zugibt, dass er sich korrigiert. Also es gibt auch für Trump Goodreads, das Normale also das will ich auch gar keinem vorwerfen in zwei Jahren, wenn wir das sehen. International ist meine große Sorge, dass wir in vier Jahren möglicherweise eine Menge Verunsicherung in die internationale Sicherheitspolitik, vor allem in Europa gebracht haben. Das ist meine Sorge. Und ob wir Europäer das auffangen können, das steht zurzeit noch in den Sternen. Wir werden disruptiv erleben, dass die Handelspolitik schwieriger wird. Das ist für ein Exportland wie Deutschland schwierig. Und für alle die, die sich sozusagen Trump in Deutschland wünschen, ich meine mit diesen 13 Milliardären, dass eben einer, darunter Herr Musk, der inzwischen den Großteil der Satelliten, die wir brauchen, für Sicherheit und für Wirtschaft am Himmel hat, Wollen wir eigentlich das geopolitische Macht in den Händen von ein paar Milliardären liegt? Also es ist ja nicht so, dass da Leute hingegangen sind, damit sie noch reicher werden. Das wäre ja vielleicht noch das Normalste, sondern sie wollen politischen Einfluss nehmen. Es gibt eine Bewegung, zu der gehört Musk und auch Peter Thiel und andere, die eigentlich finden, dass demokratische Wahlen Quatsch sind und dass Länder von einem CEO geleitet werden sollen. Ein Taxi. Das ist deren Vorstellung. Und na ja, also ich hoffe, dass sich so was nicht durchsetzt. Da werden Sie ja auch in Konflikt kommen mit Trump selber, der natürlich die Regierung nicht abschaffen will, sondern er will sie, will er mehr Macht verleihen. Wir werden in vier Jahren sehen, ob die demokratische Balance in den USA gehalten wird. Es gibt starke Checks and Balances in den USA. Ich bin nicht so pessimistisch, dass die alle außer Kraft gesetzt werden. Aber das wird ein echter Stresstest für die 250 Jahre alte amerikanische Demokratie. Nächstes Jahr werden die 250 Jahre alt. Das aber noch mal, da sind wir eher Zuschauer. Wenn wir wollen, dass die Idee einer liberalen Demokratie wieder stärker wird, müssen wir unsere verbessern, müssen wir mehr dafür tun, dass Menschen den Eindruck haben, sie sind gemeint, wenn wir Politik machen und nicht nur der Eindruck, auch bei uns wächst die da oben, wir hier unten. Das ist, finde ich, der Tod dieser demokratischen Idee.
00:31:47: Florian Harms: Und zum Schluss gefragt: Was erwarten Sie da ganz konkret von der nächsten Bundesregierung?
00:31:52: Sigmar Gabriel: Na ja, das ist jetzt eine neue Debatte. Aber wenn Sie sich vorstellen, dass ein politisch Interessierter schaut und sieht Oh, guck mal, die nehmen jetzt eine Billion Euro Steuermittel ein, und dann stellen sich Menschen die Frage Was sind so ganz normale Dinge, die wir vom Staat erwarten? Da würde ich sagen, dass die Schulen funktionieren, dass genug Lehrer da sind, dass die Polizei da ist, dass die innere Sicherheit funktioniert, dass das Gesundheitswesen funktioniert, die öffentliche Infrastruktur, da stellen die fest, die nehmen zwar immer mehr ein, aber sozusagen da kommt immer weniger raus. Und ich glaube an dem, an der Frage muss man ran. Ich habe mal den Vorschlag gemacht, wenn man schon über so was wie Reichensteuer oder so nachdenkt, haben wir ja auch in Deutschland, warum gibt man eigentlich nicht die Möglichkeit, einen Steuerzahler einen bestimmten Teil ihrer Steuer selber zuzuordnen? Meinetwegen drei Alternativen: Bildung, Verteidigung, Infrastruktur. Das würde erst mal dafür sorgen, dass Menschen den Eindruck haben, mein Geld wird auch wirklich fürs Richtige benutzt. Heute haben wir alle den Eindruck, ich zahl da was und was sie da machen, da kommt sowieso nichts bei raus. Und es wäre ein richtiger Stresstest für die Politik, die mal zeigen müsste, dass sie tatsächlich das macht, was sie im Wahlkampf verspricht. Also mein Rat ist wenig versprechen, aber das wenige halten, das wäre schon ein großer Beitrag zur Stabilisierung unserer Demokratie.
00:33:17: Florian Harms: Das ist ein schönes Schlusswort, eine schöne Idee. Vielen herzlichen Dank. Damit sind wir am Ende dieses Amerika Updates angekommen. Ich bedanke mich bei meinen beiden Gästen. Danke an Sigmar Gabriel.
00:33:26: Sigmar Gabriel: Vielen Dank, alles Gute!
00:33:26: Florian Harms: Und an Bastian Brauns aus Washington.
00:33:30: Bastian Brauns: Dankeschön. Tschüss.
00:33:32: Florian Harms: Bei Lisa Raphael bedanke ich mich für die Produktion dieses Podcasts. Wenn Ihnen unser Gespräch gefallen hat, empfehlen Sie diesen Podcast gerne weiter. Wenn Sie Fragen haben, schreiben Sie uns eine Email an podcasts@t-online.de. Ihnen allen herzlichen Dank fürs Zuhören. Tschüss und bleiben Sie uns gewogen.