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00:00:00: Info: Dieses Transkript wurde maschinell erstellt und nicht vollständig gegengelesen.
00:00:01: Florian Harms: Hallo und herzlich willkommen zum Amerika Update, dem Podcast von t-online zur Wahl in den USA. Nur noch wenige Stunden, dann steht fest, wer neuer Präsident oder neue Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika wird. Die Wahl in den 50 Bundesstaaten läuft. Die Ergebnisse werden nach deutscher Zeit in der Nacht zum Mittwoch Morgen eintrudeln. In den Swing States dürfte die Entscheidung zwischen Kamala Harris und Donald Trump allerdings so knapp ausfallen, dass die Auszählung der Stimmen sich womöglich Stunden oder sogar Tage hinziehen könnte. Eines jedoch lässt sich jetzt schon sagen Der Ausgang dieser Wahl hat historische Dimension. Die Pläne, Ansichten und Konzepte von Mrs. Harris und Mr. Trump unterscheiden sich radikal. Deshalb werden sie je nach Wahlausgang auch für uns in Deutschland unterschiedliche Folgen haben. Über die letzten Stunden des Wahlkampfs spreche ich jetzt mit zwei Gästen, die das Drama in Amerika genau beobachten.
00:00:54: Florian Harms: Liebe Hörerinnen und Hörer. Ein wenig absurd ist das ja schon. Politik und Medien aus ganz Deutschland starren in diesen Stunden wie das Kaninchen auf die Schlange, auf die politische Entscheidungsschlacht in Amerika. Als hätten wir hierzulande nicht genügend eigene Probleme, die wir dringend lösen müssen. Aber Amerika hat nun mal eine einzigartige Stellung. Die USA sind das mächtigste Land der Welt. Was Washington außenpolitisch, wirtschaftlich und militärisch anstellt, hat positive oder negative Folgen auch für uns in Deutschland. Deshalb verdient es unsere volle Aufmerksamkeit. Das gilt umso mehr angesichts der Richtungsentscheidung bei dieser Wahl. Die politischen Unterschiede zwischen Kamala Harris und Donald Trump könnten kaum größer sein. Die Amerikaner haben an diesem Dienstag, den 5. November, die Wahl. Aber die Folgen ihrer Entscheidung betreffen die ganze Welt. Deshalb berichten wir auf t-online intensiv über die Entscheidung. Neben dem täglichen Tagesanbruch haben wir seit Januar zwölfmal in diesem Podcast hier, dem Amerika Update mit Reportern und Experten über die politischen Entwicklungen in den USA gesprochen.
00:02:02: Florian Harms: In der heutigen Folge möchte ich mit Ihnen, liebe Hörerinnen und Hörer, auf die letzten Stunden des Wahlkampfs blicken und Sie mit den entscheidenden Informationen versorgen, damit Sie die Entwicklungen heute Nacht und morgen früh gut verstehen können. Mein Name ist Florian Harms. Ich leite als Chefredakteur die Redaktion von t-online und habe zwei Gäste eingeladen. Zum einen unseren Amerikakorrespondenten Bastian Brauns, der seit Monaten über die Auseinandersetzung zwischen Demokraten und Republikaner berichtet. Zum anderen den Politikwissenschaftler Andrew Denison, der Amerikas turbulente Zeitläufte seit Jahrzehnten beobachtet und kommentiert. Mit ihm spreche ich im zweiten Teil des Podcast zunächst zu dir, Bastian. Hallo über den Atlantik, wo bist du gerade?
00:02:45: Bastian Brauns: Hallo Florian, ich bin jetzt gerade tatsächlich ausnahmsweise in Washington, weil wir uns jetzt wirklich nur noch wenige Stunden vor dem entscheidenden Tag befinden. Und ja, da geht halt auch hier in Washington einiges los. Unter anderem die Wahlparty von Kamala Harris findet hier statt an ihrer alten Universität, und ich bereite mich jetzt quasi vor auf die letzten Meter.
00:03:06: Florian Harms: Bastian, wie steht es denn jetzt gerade rund um diese wichtige Entscheidung? Ist die Wahl wirklich so knapp, wie das allgemein berichtet wird? Oder stimmt, was einige Analysten in den sozialen Medien jetzt in den letzten Stunden verbreitet haben, dass nämlich Kamala Harris vor allem Frauen und junge Menschen so stark mobilisieren konnte, dass sie dann doch mit einem klaren Wahlsieg rechnen kann?
00:03:28: Bastian Brauns: Ja, also mit der Mobilisierung dieser Gruppen würde ich auf jeden Fall auch übereinstimmen. Das ist wirklich beeindruckend, was hier geleistet wurde in den vergangenen Monaten. Und dieses Momentum, das kann Harris ganz am Anfang hatte, das hat sich wirklich bis in die Niederungen weiter gesteigert oder wurde weitergetragen. Die Frage ist aber trotzdem und da kommt jetzt die Crux in die Geschichte rein Reicht das am Ende aus, um zu gewinnen? Denn wie wir ja alle wissen und auch viele unserer Hörer schon oft gehört haben, kommt es hier nicht auf die reine Mehrheit an, mit dem popular vote, also dem absoluten Stimmenanteil, sondern ganz besonders eben auf diese berühmten Swing States, auf das Electoral College. Und da kann dann so ein Ergebnis, wenn es in einem oder zwei oder drei Bundesstaaten auf einmal andersherum geht und dort Trump gewinnt, kann das dann am Ende einen sehr, sehr großen Ausschlag geben. Und dann sieht es am Ende zum Beispiel nach einem großen, fulminanten Sieg von Donald Trump aus. Das kann nach wie vor der Fall sein. Aber es gibt Grund zur Hoffnung in der Demokraten Kampagne. Aber ich muss das gleich auch am Anfang sagen Wenn man jetzt hier so lange gelebt hat, dann ist man trotzdem mit Vorsicht unterwegs, weil wenn man mit Leuten hier gesprochen hat, auch in den letzten Monaten wieder es kam so oft vor, dieser Mythos von Trump, der gut für die Wirtschaft ist und wir wissen The economy, stupid. Es ist oft die Wirtschaft, der eigene Geldbeutel. Und die Frage ist halt, ob am Ende die Mobilisierung der Frauen und Jugend ausreicht, um so ein Grundrauschen, das eben in schlechter Wirtschaftslage, zumindest was die hohen Preise angeht, sich geäußert hat. Ob das am Ende dann dafür ausreichen wird?
00:05:05: Florian Harms: Ich glaube, der erste Punkt, den du ausgesprochen hast, den kann man gar nicht oft genug betonen. Es geht um die Swing States. Erinnern wir noch mal daran 2016 hat Hillary Clinton aufs ganze Land gesehen, mehr Stimmen gewonnen als damals Donald Trump. Und trotzdem hat sie die Wahl verloren, weil es halt in den Swing States dann doch nicht so gut für sie lief. Mich würde jetzt noch interessieren Bastian, was war so für dich das prägendste Erlebnis so in den letzten Tagen vor dem großen Finale? Was hat dich wirklich beeindruckt?
00:05:33: Bastian Brauns: Was mich wirklich beeindruckt hat, war ein persönliches Erlebnis hier am Weißen Haus. Dort hat nämlich Carmel Harris genau an dem Ort so eine Art Abschluss Rally gehalten. Sie hält jetzt zwar noch weitere, aber das war offiziell der der Höhepunkt des Wahlkampfs. Und zwar genau an dem Ort, wo Donald Trump am sechs. Januar seine Rede gehalten hat, zu seinen Anhängern, bevor sie das Kapitol gestürmt haben. Und dieser Ort war natürlich auch ganz bewusst gewählt inszeniert. Auch weil Kamala Harris da noch mal drauf hingewiesen hat, was hier auf dem Spiel steht. Und ich war wirklich. Ich habe so was noch nicht gesehen, seit ich hier bin. Es müssen über 80.000 ja Richtung 100.000 gewesen sein, die sich hier in zehn verschiedenen Reihen die Straßen rauf und runter geschlängelt haben, um da irgendwie reinzukommen. Ich habe ein bisschen geschummelt. Ich bin ganz ehrlich, habe mich irgendwie reingemogelt. Kurz nach mir hat dann der Secret Service zugemacht und ich fand es deswegen beeindruckend, weil ich natürlich auch bei Donald Trump viele Anhänger schon erlebt habe bei Rallyes. Aber das war einfach getragen von einer Atmosphäre, die anders war als das, was ich bisher erlebt habe. Es war Optimismus da, es war so eine Kraft zu spüren, aber letztendlich ein subjektiver Eindruck. Aber so eine Kraft zu spüren von Leuten, die wirklich mit diesem Kapitel abschließen wollen. Natürlich ist es Washington, natürlich ist es liberal. Es waren aber auch viele Leute aus anderen Bundesstaaten gekommen, aber das war schon beeindruckend als Gegenschnitt dazu ganz kurz Ich war einmal noch im Madison Square Garden in New York, wo Donald Trump auch eine riesige Rally abgehalten hat, mit 20.000 Leuten. Das war der Gegenentwurf. Fand ich auch total beeindruckend. Aber das war, da habe ich mich gefühlt wie in irgendeinem dystopischen Zukunftsfilm über das fünfte Element oder oder Mad Max oder irgendwas zusammen mit dieser Choreografie von irgendwelchen Wrestlern und Kickboxern. Und das war einfach ein ganz anderes Bild von Amerika. Das gibt es auch. Aber ja, es ist dann am Ende die Frage welches Bild wird nachher überwiegen?
00:07:34: Florian Harms: Und wir dürfen ja nicht vergessen beide Städte, Washington und New York, sind Millionenmetropolen bzw mit ihren umgebenden Orten, sind riesige Ballungszentren. Und da ist natürlich die ganze gesellschaftliche Struktur eine andere als jetzt. Vielleicht im Mittleren Westen und in Staaten, in denen man sich überhaupt nicht dafür interessiert, was an den Küsten passiert. Und das ist, glaube ich, auch etwas, was man hierzulande gar nicht oft genug betonen kann. Amerika ist riesig. Amerika besteht eigentlich aus vielen Ländern in einem und hat deshalb auch sehr viele politische Kulturen und Ansichten, die dann alle an diesem einen Wahltag sich dann eben auf ein Ergebnis fabrizieren. Bastian, was geschieht denn? Was ist deine Prognose? Falls das Ergebnis wirklich sehr knapp ausgehen sollte und es am Ende auf wenige 1000 Stimmen in einem oder mehreren der Swing States ankommen sollte, erleben wir dann so eine Art gewalttätige Eruption oder wird das halbwegs gesittet über die Bühne gehen können und man kann dann damit rechnen, dass die Stimmen halt dann ein paar Mal ausgezählt werden, bis das Ergebnis wirklich feststeht?
00:08:38: Bastian Brauns: Genau auf das, was du hingewiesen hast, dass es hier weite Landstriche gibt, die einfach sehr weit entfernt sind von den Küsten auf. Darauf kommt es letztendlich auch an, weil diese Leute haben natürlich auch einen Wunsch und der kann sich halt eventuell in diesem Electoral College äußern. Das hat einen Grund, dass eben genau solche weniger bevölkerungsreichen Gegenden eben auch ausreichend repräsentiert werden. Also da steckt durchaus der Gedanke dahinter. Das wirkt ja manchmal ein bisschen verrückt, aber es steckt der Gedanke dahinter, dass alle gleichermaßen repräsentiert sind. Und jetzt hat aber Donald Trump mit seiner Rhetorik diesen Teil der Gesellschaft auch so wahnsinnig aggressiv aufgeladen. Auch jetzt, die letzten Monate, mit seinem Wahlkampf, seiner Rhetorik, dass man zu Recht Sorge darum haben muss, dass so etwas wie der 6. Januar dem Sturm auf das Kapitol wieder passieren kann. Ich habe das jetzt nur ganz um die Ecke hier in Pennsylvania an einem kleinen Ort erlebt, wo eine Trump Rally stattgefunden hat. Und da waren Gegendemonstranten Demokraten vor Ort, weil ich mit meinem Kollegen David Shaw Buch, der gerade hier ist und da haben wir das auch erlebt, wie bei kleinen Wortgefechten es dann schon wirklich die Aggression ist so dünn, unter der Haut liegt die so, da muss nur irgendwas Falsches passieren. Das kann halt überall im Land passieren. Das muss jetzt gar nicht irgendwie ein großes Ereignis wie der 6. Januar passieren. Und deswegen, wenn das Ergebnis knapp ist, dann wird auf jeden Fall nicht nur die Seite von Trump, sondern werden auch die Demokraten versuchen, das Ergebnis anzufechten. Bei den Demokraten würde das wahrscheinlich eher zum Tragen kommen, auf einem gesitteten Wege. Aber man kann jetzt schon bei den Republikanern sehen, dass sie schon längst bevor der Wahltag überhaupt stattgefunden hat, Gerüchte streuen, zum Teil Lügen verbreiten, verstärkt von dem reichsten Mann der Welt, Elon Musk, in die Plattform XY gehört. Also das ist seit Jahren in der Vorbereitung und was am Ende passieren wird, das ist eben die Entscheidung der einzelnen Leute, die vielleicht einen falschen Fuß aufgestanden sind. Und dann kann sich nachher Donald Trump, wie schon mal geschehen, zurücklehnen. Sage ja, ich habe doch aber nie offensiv dazu aufgerufen. Die Leute sind eben für sich selbst verantwortlich.
00:10:36: Florian Harms: Bastian, also wieder ein politisches Drama um den Wahlausgang mit Vorwürfen, Betrug und Ähnliches. Aber was ist mit der Gewalt? Rüsten sich die staatlichen Behörden anders zu dieser Wahl als zu den vorangegangenen Wahlen? Also sind sie mit mehr Sicherheitspersonal an der richtigen Stelle vertreten?
00:10:51: Bastian Brauns: Das ist mit Sicherheit der Fall. Es gab jetzt neulich eine Meldung aus dem Staate Washington, also an der an der Westküste. Dort ist die Nationalgarde schon in Bereitschaft und wird auch am Wahltag und darüber hinaus bereitstehen. Und ich habe hier neulich bei einem Sicherheitstraining mitgemacht. Im Kapitol, Darüber dürfen wir nicht reden. Aber ist jetzt auch nichts großartig Dramatisches, aber es zeigt einfach das, dass ich hier wirklich Wert darauf gelegt wird, für den Ernstfall vorbereitet zu sein. Und eben weil passiert ist, was schon mal passiert ist, ist dieses Mal das Augenmerk darauf. Und das Gute an der Sache ist, dass dieses Mal eine Regierung am Werk ist, die das auch tatsächlich ernst nimmt. Und insofern hoffen wir, dass eben nichts Schlimmes passieren wird. Hoffen wir, dass nichts Schlimmes passieren wird.
00:11:39: Florian Harms: Bastian, sag doch bitte noch mal zum Abschluss noch mal, es geht ja nicht nur um die Präsidentschaftswahl, sondern es geht auch um den Kongress. Was also ist im Hinblick auf den Senat und auf das Repräsentantenhaus zu erwarten?
00:11:51: Bastian Brauns: Ja, genau. Es gibt. Das ist immer das Rauschen, was da drunter noch liegt. Es ist total wichtig. Aber ein Präsident der eigenen Stadt wirkt immer total mächtig. Aber im Prinzip ist er sehr gebunden an die Mehrheiten im sogenannten Kongress, Repräsentantenhaus und Senat. Und es gibt da sehr, sehr knappe Rennen. Ob es zum Beispiel im Bundesstaat Montana ist, aber auch in Kalifornien und in New York. Tatsächlich kann es sein, dass genau diese eigentlich liberalen Staaten mit einem gewissen Flip in den einzelnen Landkreisen dafür sorgen könnten, dass die Republikaner am Ende eine Mehrheit im Repräsentantenhaus bekommen. Und das könnte natürlich Harris, selbst wenn sie gewinnen sollte, schnell zu einer Art lame duck machen, so wie es auch zum Beispiel Barack Obama eine Zeit lang gewesen ist und wenig Gesetze wird durchbringen können. Nur mit Executive Orders wird arbeiten können.
00:12:39: Florian Harms: Es kann also dramatisch werden. Vielen Dank für deine Einschätzung, Bastian und Good Luck für deine Arbeit in den kommenden Stunden. Du wirst gemeinsam mit David Schafbuch, Du hast es gesagt aus Washington und möglicherweise auch von weiteren Orten berichten, je nachdem was passiert. Wir sprechen uns dann morgen Nachmittag wieder im Podcast, da kommt nämlich schon die nächste Folge. Danke, dass du dabei warst. Danke schön und viel Spaß.
00:12:59: Bastian Brauns: Euch auch.
00:13:03: Florian Harms: Und damit komme ich zu meinem zweiten Gast, dem amerikanischen Politikwissenschaftler, Kommentator und Publizisten Andrew Denison, der in Deutschland lebt und in Königswinter in Nordrhein-Westfalen den Forschungsverbund Transatlantic Networks leitet. Herr Denison, herzlich willkommen.
00:13:17: Andrew Denison: Schön, dabei zu sein.
00:13:19: Florian Harms: Wir haben es ja gerade von unserem Korrespondenten gehört. Nach der Wahl könnte es wild werden. Erwarten Sie das auch?
00:13:25: Andrew Denison: Viele Leute erwarten das, und daher haben sie auch die Maßnahmen genommen, um das so weit wie möglich zu verhindern. Und ich denke, all das, an dem man denkt, kann man auch Vorbereitung nehmen, um das Schlimmste zu verhindern. Meine Sorge ist, dass die Behörden überrascht werden von etwas, das noch nicht erwartet war. Vielleicht auch vom Ausland. Ein Hacking Angriff oder so was, das ein Stadtteil lahmlegt, Strom kaputt macht, wer weiß. Aber es wird spannungsgeladen. Allerdings, Meine Sorge über Gewalt ist relativ gering gehalten. Ich war auch in Wyoming, Colorado und New York, Washington. Ab und zu sieht man Spannung. Aber grundsätzlich sehe ich ein Volk, das weiterhin weiß, zusammen zu feiern. Ob bei Football oder bei Halloween. Und in dem Sinne noch nicht alles verloren. Es könnte wirklich friedlich abgehen.
00:14:23: Florian Harms: Das ist interessant. Das ist ja auch ein gewisser Gegensatz zu dem, was wir gerade gehört haben, dass die Stimmungslage eben so angespannt ist, dass manchmal schon ein Wort reicht, um gleich den Streit auszulösen auf der Straße. Sie erleben es manchmal auch ein bisschen anders in Amerika. Sie sagen, es gibt trotzdem noch dieses Zusammenkommen, den Kommunitarismus, wo man einander hilft, in der Nachbarschaft, wo man zum Football geht. Es gibt also beides nebeneinander. Und das führt mich so ein bisschen zu der Frage Was ist das für ein Amerika, was wir da gerade erleben? Was für ein Zustand ist das Land gerade?
00:14:54: Andrew Denison: Ja, ich sag's mal Amerika Land nicht nur der unbegrenzten Möglichkeiten, sondern der unbegrenzten Widersprüche. Und wie kann ich erklären, dass wir dieses historische Ergebnis haben, wo es Kopf an Kopf ist? Und für mich ist das zum Teil zu erklären, indem ich sage Für jede Aktion gibt es eine Reaktion, für jede Bewegung, zum Beispiel Waffenbesitz kontrollieren. Gibt es eine Gegenbewegung Recht auf Waffenbesitz, Abtreibung gegen Abtreibung für jede Argument? Ja, es könnte Demokratie gefährden. Gibt es ein Gegenargument? Ob der Staat von den Demokraten kontrolliert ist ein Deep State, Das ist korrupt und wir müssen diese Herrschaft der korrupten, der elitären, arroganten Demokraten endlich beenden. Also ich sehe ein Land voller Widersprüche, Gegensätze, wo wirklich jede Bewegung ein Gegenbewegung erzeugt. Ich sehe aber nicht ein Land, das kurz vor dem Zusammenbruch ist. Ich sehe ein Land, was sehr resilient ist, was viele Verbindungen hat, die über Politik hinausgehen. Wenn ich vielleicht ein Beispiel nennen darf am Tag, wo Trump dieses Attentat erlebt hat. Ich war mit meiner Frau Richtung Laramie am Fahren im Sommer, da war ein Rodeo Straßenfest Country Music und da kam dann der Country Musiker. Überall Cowboyhut, kaum ein Mega Hut, Cowboyhut und er sagt Hey, wir sind alle Amerikaner, ob links oder rechts oder Mitte. Und jetzt halten wir zusammen. Ja, es ist wahr. Nicht jetzt. Diese Streitereien auf der Straße. Oh, sie haben Trump angeschossen. Und Lärm ist Universitätsstadt. Also sehr konservative Leute, aber auch Professoren und Studenten. Also die Gegensätze kommen wirklich da zu tragen. Und da habe ich Einheit in der Vielfalt gesehen.
00:16:47: Florian Harms: Interessante These, was Sie sagen, Dass eine Reaktion auch eine Gegenreaktion auslöst und dann eben auch häufig die Mehrheit sich für das Gegenteil entscheidet. Eine ähnliche These hat unser Kolumnist Gerhard Spörl hier vertreten, der sagte: Die Amerikaner neigen dann dazu, wenn sie unzufrieden sind, einfach das Gegenteil dessen zu wählen, was gerade die Regierung bestimmt. Und trotzdem kann man sich ja fragen, Wenn man Donald Trump sieht und hört und erlebt, dann ist das für eine Sicht aus hier von Deutschland aus völlig inakzeptabel, so jemanden in das mächtigste Amt der Welt wählen zu wollen. Wie erklären Sie das, dass das so vielen Amerikanern egal zu sein scheint? Dass er erwiesenermaßen lügt, dass er über seine Gegner herzieht und dass er ja auch keine großen Konzepte präsentiert für die großen Probleme im Land?
00:17:33: Andrew Denison: Vielleicht muss ich im Voraus sagen ich kann es erklären. Es gibt jede Menge Argumente, die sagen, warum die Leute Donald Trump unterstützen, obwohl er wirklich das Gegensatz ist von alles was hier amerikanischen Traum verstehen. Ich kann es aber noch nicht fassen. Ja, ich kann's erklären, aber nicht fassen. Ich schüttle auch den Kopf, denn ist es wirklich Gegensatz von alles, was amerikanisch ist? Viele Leute sagen, weil er stark ist, der bissige Hund ist, besser mein bissiger Hund als nicht. Und gut, was er mit Frauen macht, ist mir egal. Er wird es schaffen, dass Abtreibung nicht mehr erlaubt ist. Also der Kampf für mich, auch wenn ich seine Methoden nicht so gern haben. Eine andere Sache, die wir sehen, ist je schlimmer er aussieht, desto mehr Argumente entwickelt man zu sagen, dass die Demokraten noch schlimmer sind. Ja. Oh, was ist mit beiden? Oder was ist mit Ihre Behauptung? Kamala Harris will jetzt Einwanderer, die im Gefängnis sind, eine Geschlechtsumwandlung bezahlen lassen? Okay, also da kommen die einfach in der Offensive und sagen so schlimm Trump ist, die Demokraten sind schlimmer. Und letztendlich, sie wissen, es ist ein sehr schnell wanderndes Land, globalisierend, modernisierend Einwanderer und Wachstum. Und das verunsichert manche Leute, gerade Leute, die vielleicht nicht eine gute Ausbildung haben, die mehr an den ländlichen Gegenden und sie wissen noch nicht, wissen nicht, wohin Amerika geht. Sie sind schwindlig, würde ich sagen. Eine Allergie gegen die Moderne haben sie. Und da auch dieser Anzug nicht nur an Trump als starker Mann, sondern dass er fähig ist, die Wissenschaft und diese Zwang der Vernunft zu kontern, den Finger sogar zu zeigen, das kommt bei manchen Amerikaner an, vielleicht Letzter Punkt. In der Vergangenheit haben wir diese Neigung zu Irrationalen gesehen in religiösen Bewegungen. Revival haben wir gesagt. Manchmal war Amerika sehr säkular, aber manchmal wirklich religiöse Feuer Fieber im ganzen Land. Diesmal ist es nicht religiös, aber ein bisschen fieberhaft schon.
00:19:45: Florian Harms: Das finde ich hochinteressant. Auch Ihre These, dass der Populismus, wenn man es so nennen will, auch ein gewisser Widerstand gegen die Moderne ist, vielleicht auch ein Phänomen der zunehmenden Krisenerlebnisse in vielen Demokratien, auch in vielen Staaten des Westens. Das sehen wir hier in Deutschland auch in anderen europäischen Ländern. Dass man sich dann nach einfachen Antworten sehnt und nach einem vermeintlich starken Mann, der eben alles richtet und die Probleme mal eben im Handstreich löst. Schauen wir jetzt auch noch mal auf den Kongress. Das ist mir wichtig, dass wir eben nicht nur auf das Weiße Haus blicken. Und versuchen wir doch mal so drei Szenarien vielleicht durchzuspielen. Gesetzt den Fall, entweder die Demokraten von Frau Harris oder die Republikaner von Mister Trump erringen in beiden Kammern also sowohl Senat als auch Repräsentantenhaus die Mehrheit. Womit wäre dann zu rechnen? Was kommt da auf das Land zu? Und was würde geschehen, wenn es ein Patt gibt? Wenn also die beiden Parteien sich in den beiden Kammern jeweils gegenseitig ja nicht mehr richtig regieren lassen?
00:20:43: Andrew Denison: Ja, dann würde ich sagen Grundprinzip der amerikanischen Verfassung und auch vielleicht Erklärung für den Erfolg der amerikanischen Politik von 13 Kolonien zur Supermacht ist die These: Begrenzte Staatsmacht ist gute Staatsmacht. Wenn ein Monopol besteht, dann wird es dysfunktional und nicht mehr anpassungsfähig. Also Patt ist eigentlich gar nicht so schlecht. Stillstand, gegenseitige Blockade. Nur wenn es wirklich ernst ist, soll dann Präsident und Kongress auch für die Bundesstaaten bereit sein, Steuergelder einzuziehen oder Schulden zu machen? Geld auszugeben für Sachen wie Kuweit oder Infrastruktur oder auch Verteidigung? Manchmal kommen die Amerikaner zusammen, aber grundsätzlich eher gespalten und patt im Kongress und zwischen Kongress und Präsident. Nicht nur, wenn unterschiedlicher Parteien auf dem Capitol Hügel regieren als im Weißen Haus, sondern selbst wenn die Demokraten in allen Häusern oder Republikanern aller Häuser sind. Es gibt Unterschiede. Ja, die Senatoren sind wie Baronen aus vier Bundesstaaten.
00:21:56: Florian Harms: Aber für uns in Europa könnte das ja konkrete Folgen haben, denn der Kongress muss ja auch das Geld bewilligen, zum Beispiel für die Waffenhilfe für die Ukraine. Wenn eines der Ergebnisse dieser Wahl jetzt sein sollte, dass Amerika als Unterstützer der Ukraine ausfällt. Was käme denn auf uns hierzulande, in Europa und in Deutschland zu?
00:22:15: Andrew Denison: Grundsätzlich sage ich schon lange Präsidenten kommen und gehen, Interessen und Institutionen bleiben bestehen. Ich würde auch sagen Großmachtkonflikte bleiben bestehen. Terrorangriffe und Bürgerkriege kommen und gehen. Dieser Konflikt mit Russland und China, das haben wir Amerikaner als größte Herausforderung seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Und ich erwarte nicht, dass Donald Trump einfach seinen Rücken gegen Europa kehren kann, kehren wird. Natürlich wird er über die Geschäftsgrundlage diskutiert, und da hat Deutschland einiges zu antworten. Ich war aber auf Reise mit Bundeswehroffizieren in Litauen und Finnland und habe auch Botschafter in Schweden und so gefragt Hey, was denkt ihr? Wenn Donald Trump an der Macht kommt. Und die haben unisono gesagt Amerika hat Interessen. Letztes Mal hat er die Verteidigung, die Aufrüstung in Osteuropa gestärkt. Das wird er weiter machen. Und sowieso haben wir keine Sorge, denn wir geben ja 4 % unserer Bruttosozialprodukt für Verteidigung aus. Wenn irgendjemand Sorgen machen soll, dann die Drückeberger wie Deutschland die Nummer 15 sind in der NATO im Sinne von Ausgaben. Also ja, man sollte sich Sorgen machen, dass noch Aufmerksamkeit auf Deutschland gerichtet wird. Nicht nur Verteidigung, sondern natürlich auch wie Deutschland so viel Geld in Amerika verdient im Vergleich mit das, was Amerika in Deutschland verdient, wie Deutschland Geld in China verdient, das wird von Trump härter angegriffen werden. Aber ich sag Ihnen ein Kabel Harris wird auch Probleme haben, wenn Deutschland sagt ja keine Sanktionen gegen China, denn wir sind da wirtschaftlich zu abhängig.
00:23:57: Florian Harms: Kann man darin dann sogar was Positives sehen, das ein Ergebnis dieser Wahl ist? Dass wir uns in Deutschland endlich darauf besinnen, unsere Hausaufgaben zu machen, also beispielsweise die Bundeswehr wieder so auszustatten, dass sie wieder in der Lage ist, das Land zu verteidigen oder auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA auf neue Beine zu stellen. Vielleicht auch, sich stärker innerhalb Europas abzustimmen, eine gemeinsame Stimme zu finden im Kontakt mit China.
00:24:23: Andrew Denison: Das würde ich mir wünschen. Und auf jeden Fall wird es gestärkt, wenn sie sagen kann Deutschland leistet seinen Beitrag. Deutschlands Wirtschaft boomt, die kaufen sehr viel von uns und auch kann man nebenbei sagen und Deutschland hat Demokraten und nicht AfD an der Macht. Denn Trump wird sagen ich habe ja mit Viktor Orban und alles Weidel gute Freunde in Europa. Das wollen wir natürlich auch nicht. Ich fürchte aber, Deutschland hat mehr Angst vor Wladimir Putin als Donald Trump. Ich meine, ich soll nicht sagen, ich fürchte, das ist einfach der Fakt. Ja, man verlässt sich darauf. Die Amerikaner werden weiter Ultima Ratio anbeten, die nukleare Abschreckung für Europa aufrechterhalten. Und man weiß auch, dass die Amerikaner im jeden Jahr mehr Geld verdienen in Europa als im Jahr davor. Also Investitionen und Interessen gehen Hand in Hand und da kann man sich erlauben, ein bisschen zu schlafen. Gut, es ist nicht sehr würdig, aber was sind wirklich die Kosten, wenn Deutschland nicht mithilft, vielleicht im Kongress eine Weile lang eine Blockade bei Unterstützung für die Ukraine, aber am Ende des Tages? Trump will auch nicht jetzt den Ruf bekommen, dass er die Ukraine den Russen einfach überlassen hat. Das sieht auch für ihn der starke Mann nicht gut aus.
00:25:42: Florian Harms: Da klingt ja immerhin ein bisschen Hoffnung durch, dass es doch am Ende Lösungen geben könnte, die nicht nur schwarz aussehen, selbst im Falle eines Wahlsiegs. Das finde ich eigentlich sehr hoffnungsfroh. Vielen Dank dafür auch für diesen Abschluss und für Ihre Einschätzungen. Vielen Dank, Andrew Denison.
00:25:57: Andrew Denison: Ja, gerne.
00:25:59: Florian Harms: Damit sind wir am Ende dieses Amerika Updates angekommen. Auf die nächste Folge dieses Podcasts müssen Sie gar nicht lange warten. Die kommt nämlich schon morgen. Am Mittwoch Nachmittag spreche ich mit zwei Gästen darüber, was das Wahlergebnis denn bedeutet. Für Amerika, aber auch für uns hierzulande. Bis dahin empfehle ich Ihnen die Website von t-online. Dort berichten unsere Redakteure heute die ganze Nacht lang über den Wahlkrimi und erklären ihn morgen früh in allen Facetten, wie die Wahl ausgegangen ist. Für heute bedanke ich mich bei meinen beiden Gästen Bastian Brauns und Andrew Denison und bei Lisa Raphael für die Produktion. Wenn Ihnen unser Gespräch gefallen hat oder wenn Sie Fragen haben, dann schreiben Sie uns gerne eine E-Mail an podcast@t-online.de. Herzlichen Dank fürs Zuhören. Tschüss und bis morgen.