Tagesanbruch von t-online

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00:00:02: Dietmar Bartsch: Russland muss ein Interesse an einem Frieden haben. Europa hat sich dort leider herauskatapultiert. Das finde ich höchst problematisch. Wenn Ihre Logik stimmt, dann würde es am Ende dazu führen müssen, dass die NATO eingreift.

00:00:16: Lisa Raphael: Hallo zu einer neuen Folge von Tagesanbruch die Diskussion dem wöchentlichen Podcast von t-online, diesmal für das Wochenende vom 26. Oktober 2024. Ich bin Lisa Raphael und führe durch das Gespräch, bei dem wir heute auf den sogenannten Siegesplan des ukrainischen Präsidenten Selenskyj blicken. Ist es möglich, Putin zum Frieden zu zwingen? Und wenn ja, wie könnte so ein Frieden aussehen? Darüber sprechen wir mit jemanden, der klare Positionen vertritt. Dietmar Bartsch von der Linkspartei. Wie stellt er sich Friedensverhandlungen vor, wenn Putin aber gar nicht bereit dafür ist? Und für die Diskussion begrüße ich den Linken-Politiker und Obmann im Verteidigungsausschuss, Dietmar Bartsch. Hallo Herr Bartsch, und danke, dass Sie sich heute die Zeit nehmen.

00:01:05: Dietmar Bartsch: Ich grüße Sie! Guten Morgen!

00:01:06: Lisa Raphael: Und zum anderen unseren leitenden Redakteur im Bereich Außenpolitik, Patrick Diekmann.

00:01:11: Patrick Diekmann: Hallo in die Runde. Ich freue mich auch.

00:01:13: Lisa Raphael: Ja, Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskyj hat beim Gipfel vergangene Woche seinen Plan für einen Sieg gegen Russland vorgestellt. Als erstes steht da der NATO Beitritt als weiteres ein umfangreiches Waffenarsenal auf ukrainischem Boden. Nichts von territorialen Positionen. Was haben Sie, Herr Bartsch, bei der Vorstellung dieses Sieges Plans zum Ersten gedacht? Und meinen Sie, es ist möglich, Moskau zum Frieden zu zwingen, wie es Selenskyj ja fordert?

00:01:40: Dietmar Bartsch: Also dieser Siegesplan war ja schon in der Öffentlichkeit, ohne dass man irgendwelche Texte kannte. Selenskyj ist damit um die Welt gefahren und hat es dann auch im ukrainischen Parlament vorgestellt. Ich finde den Titel schon hochproblematisch, weil das suggeriert ja, dass man Moskau besiegen kann. Ich glaube, das ist der falsche Weg. Wir haben diesen Weg ja seit über zwei Jahren beschritten. Und wenn man sich das Ergebnis anschaut, dann ist das wahrhaftig nicht ermutigend. Ich habe mir selbst die Situation in Charkiw in heute von Russland besetzten Dörfern angeschaut. Und wenn man die Menschen, wenn man die Dörfer und Städte dort sieht, dann kann man nur eine Schlussfolgerung ziehen, das möglichst schnell zu einem Frieden kommen muss. Ich glaube, da gibt es keinen Dissens. Und das, was Herr Selenskyj aufschreibt, ist aus meiner Sicht einigermaßen weltfremd. Ein NATO-Beitritt liest sich schön, aber das ist ja nicht so, wie man beim Kaninchenzüchterverein beitritt. Es ist ja so, dass es dort Kriterien gibt und diese Kriterien sind meines Erachtens kaum erfüllbar. Deswegen ist dieser Punkt schon höchst problematisch. Meine Maxime ist Wir brauchen mehr Diplomatie, wir brauchen möglichst schnell einen Waffenstillstand. Und die Bedingungen? Da hat ein bescheidener linker Politiker aus Deutschland wirklich nicht zuzusagen, sondern das ist ein Ergebnis von Gesprächen. Aber es kann nicht sein. Herr Selenskyj legt etwas vor. Ignoriert dabei Vorschläge. Dies aus China, aus Brasilien, wo ja im Übrigen die Schweiz gesagt hat vernünftig, dass das alles ignoriert wird und man nur einseitig sagt Das ist der Weg. Ich glaube, das kann kaum funktionieren.

00:03:19: Lisa Raphael: Was genau meinen Sie mit, die Dinge werden ignoriert aus China und Brasilien?

00:03:24: Dietmar Bartsch: Dort gibt es Vorschläge, dass man sich in Friedensverhandlungen einem Ziel nähern muss. Immerhin sagt auch der Bundeskanzler jetzt Man muss auch mit Putin reden. Das schließt Selenskyj ja sogar per Gesetz aus. Das ist der falsche Weg. Wir müssen möglichst schnell dahin kommen, dass die Diplomatie einen anderen Stellenwert hat. Denn die jetzige militärische Situation ist für die Ukraine, vorsichtig gesagt, höchst problematisch. Es wird nahezu wöchentlich Territorium verloren, und damit werden auch die Ausgangsbedingungen für Verhandlungen schlechter. Deshalb mehr Waffen, schwerere Waffen. Russland besiegen ist der falsche Weg, sondern Diplomatie und eine langfristige Friedenssicherung für die Ukraine. Das muss das Ziel sein. Das wird im Übrigen dann für Deutschland, für Europa, für die NATO und auch für die Vereinigten Staaten sehr teuer.

00:04:16: Lisa Raphael: Patrick, was würdest du da entgegnen? Sind denn Verhandlungen aktuell überhaupt möglich mit Putin?

00:04:22: Patrick Diekmann: Aktuell sehen wir zumindest keine Anzeichen dafür, dass Russland oder der Kreml sich in irgendeiner Weise Verhandlung öffnet. Und Selenskyj, und darauf muss ich noch mal eingehen hat die Vorstöße aus China und Brasilien nicht ignoriert, sondern er hat selbst vor der UNO gesagt Okay, die ukrainische Position muss in diesen Vorstößen mehr berücksichtigt sein, weil in China und Brasilien ging ja davon aus, man friert diesen Konflikt erst mal ein und entscheidet erst mal nicht, was mit dem ukrainischen Territorium passieren sollte, das aktuell von Russland besetzt ist. Also ich glaube, Frieden, also Frieden, möchte auch die deutsche Bundesregierung aktuell. Und die Frage ist, inwieweit Russland sich Verhandlungen öffnet. Und aktuell sehen wir keinerlei Anzeichen dafür, weil Wladimir Putin glaubt, aktuell diesen Konflikt militärisch gewinnen zu können. Aber es gibt auch Herr Bartsch hat es gerade gesagt, guten Grund dafür, das zu glauben. Weil der Westen erlebt gerade in der Unterstützung der Ukraine eine Schwächephase. Und Russland ist militärisch gerade im Osten des Landes im Aufwind. Und Wladimir Putin hat sehr viel investiert in diesem Krieg. Man darf nicht vergessen Tausende Menschenleben, auch von Russen, die gestorben sind. Er hat sich wirtschaftlich vom Westen entkoppelt. Er hat quasi damit einer mit seiner mit seinem Angriff 2022 auch eine Natoerweiterung in Skandinavien ausgelöst und das jetzt für 20 % Landmasse der Ukraine. Ich glaube, Wladimir Putin glaubt noch mehr bekommen zu können. Bestenfalls, dass er wieder politische Kontrolle über die Ukraine bekommen kann.

00:05:51: Lisa Raphael: Komplette Kontrolle?

00:05:52: Patrick Diekmann: Komplette Kontrolle, indem er in Kiew eine Regierung einsetzt, die vielleicht russlandfreundlicher ist.

00:05:57: Lisa Raphael: Meinst du, dass er dieses Ziel noch hat?

00:05:59: Patrick Diekmann: Also zumindest als Minimalziel hat der Kreml formuliert, zumindest die völkerrechtswidrig annektierten Gebiete auf jeden Fall erobern zu wollen. Aber natürlich. Also das ist immer noch das es immer noch zumindest in strategischer Reichweite des Kreml. Das kann sein.

00:06:15: Dietmar Bartsch: Herr Diekmann, wenn ich einmal darauf eingehen darf. Sie haben ja recht, dass Putin dieses Ziel hat. Vielleicht. Das wissen weder Sie noch ich ganz genau. Aber dadurch, dass ja die Duma beschlossen hat, dass diese vier Provinzen halt russisch sind und aus deren Sicht sind sie halt russisch, wird es nicht so sein, dass man sagen kann also Russland, wie wir uns das wünschen. Russland zieht sich zurück, dann ist der Krieg zu Ende. Das ist keine Option. Und wir haben, das darf man nicht vergessen, ja eine Gefahr, dass dieser Konflikt weiter ausgedehnt wird, das kann niemand wollen. Und deshalb ist doch die Logik des Seelenski Friedensplanes und aller derjenigen, die sagen Wir müssen Russland besiegen, ist ihm wirklich eine militärische Lösung. Das war schon im Jahre 22 eine Position und es wurde jedes Dorf, was die Ukraine befreit hat, gefeiert. Heute sehen wir eine andere Situation mit weniger Berichterstattung über das, was Sie zu Recht festgestellt haben. Und da kann doch die Schlussfolgerung nicht sein. Wir liefern mehr Waffen, um mehr zu eskalieren. Wir haben jetzt eine Situation, die aus meiner Sicht höchst problematisch ist. Wenn in den Vereinigten Staaten gewählt ist, dann wird über den Konflikt in der Ukraine entschieden. Das kann doch nicht im Interesse der Europäer sein. Deswegen ich sage das noch mal das Olaf Scholz sagt, er ist bereit, mit Putin zu reden. In Deutschland waren die Nachrichten Putin will gar nicht reden, es stimmte nur nicht. Es war eine glatte Lüge. Heute sagt auch Olaf Scholz zu Recht Er ist bereit und ich finde das sehr vernünftig. Man muss alle Möglichkeiten nutzen, und zwar im Interesse der Menschen. Wir können vortrefflich darüber debattieren. Wenn Sie das gesehen haben, die zerstörten Häuser, die zerstörten Orte und, was viel schlimmer ist, die zerstörten Seelen dort vor Ort, dann wissen sie, dass man andere Wege viel intensiver beschreiten muss.

00:08:03: Lisa Raphael: Aber wie könnte denn der Frieden konkret am Ende aussehen? Es gibt ja jetzt schon verschiedene Vorschläge, auch sogar aus Ihrer Partei. Gregor Gysi Ja, zum Beispiel bei Maybrit Illner im ZDF von einem Angebot eines vorübergehenden Waffenstillstands geredet. Wir hören mal kurz in den Ton rein.

00:08:19: Ton Gregor Gysi (Quelle: maybrit illner, ZDF) "Wir müssen ihn ja locken. Wir müssten sagen natürlich nach Rücksprache mit der ukrainischen Regierung, wenn Sie einverstanden sind mit einem Waffenstillstand am Sonnabend null uhr, dann liefern wir vorübergehend keine Waffen mehr an die Ukraine. Und wenn er dann nein sagt, dann würde er ja indirekt sagen Jetzt mal weiter. Und das fällt mir auch schwer. Also, und nie haben wir ihn diesbezüglich auch nur versucht unter Druck zu setzen."

00:08:43: Lisa Raphael: Und Ähnliches hat auch zum Beispiel Sahra Wagenknecht in einem Interview mit dem Tagesspiegel gesagt. Also dieses Angebot des Stopps der Waffenlieferungen an die Ukraine, um Putin für einen Waffenstillstand zu gewinnen. Wie würden Sie sich denn dort abgrenzen vom BSW? Oder ist das ein Punkt, wo Sie übereinstimmen?

00:09:01: Dietmar Bartsch: Sahra Wagenknecht sagt Das BSW interessiert mich in dieser Frage überhaupt nicht, sondern mich interessieren die Menschen dort sowohl in der Ukraine als auch die toten Russen, die es jeden Tag gibt. Ich finde, dass jeder Schritt, jeder Schritt, der in Richtung Frieden geht, vernünftig ist. Und ob nun dieser Weg von Gregor Gysi. Ich vermute mal, dass weder Herr Selenskyj noch Herr Putin da so extrem großen Wert auf unsere Ratschläge setzen. Entscheidend ist doch, dass der Westen seinen ökonomischen Druck. Russland muss ein Interesse an einem Frieden haben und dieses Interesse wird nicht auf dem Weg des militärischen Sieges hervorgerufen. Es ist sogar gegenteilig Die Gefahr der Eskalation wird größer. Deswegen mein erster Punkt wäre wirklich, wenn man denn die Chance hat zu einem Waffenstillstand. Und es kann auf gar keinen Fall bedeuten, dass X oder Y abgetrennt wird. Aber man kann vielleicht dahin kommen, dass dann darüber geredet wird und dann braucht man entsprechende Länder. Ja, da kann Indien, wo ja in dieser Woche viele hohe Repräsentanten der Bundesregierung waren, da kann China. Da können andere Länder eine Rolle spielen. Europa hat sich dort leider herauskatapultiert. Das finde ich höchst problematisch, mit wenigen Ausnahmen. Ich meine, wir müssen dieses Ziel fest ins Auge fassen, Denn der andere Weg, ich sage noch mal, der am Ende heißt, dass Russland militärisch besiegt wird, der ist keine Alternative. Die Gefahr, dass eine Atommacht am Ende einmal wird gesagt, Putin reagiert und agiert rational, dann wieder irrational. Eins kann nur wahr sein Wenn er irrational reagiert und agiert, dann ist auch möglich, dass er in die Ecke getrieben zu Maßnahmen greift, die wir alle nicht wollen.

00:10:41: Patrick Diekmann: Aber das will ja niemand. Also es will niemand, dass Russland, also sagt zumindest niemand, dass Russland militärisch besiegt werden soll. Also es gibt vielleicht einige, aber natürlich gehen die meisten Analysten und die meisten Politiker auch davon aus, dass dieses Szenario unrealistisch ist. Es geht darum, dass in Russland.

00:10:56: Dietmar Bartsch: Das stimmt, aber Herr Selenskyj sagt das.

00:10:59: Patrick Diekmann: Ja genau, aber...

00:11:00: Dietmar Bartsch: Er sagt das: Wir müssen Russland besiegen

00:11:01: Patrick Diekmann: Ja, aber was soll er sagen? Er ist ein Land, das gerade angegriffen wird. Also natürlich muss er ja auch die Kampfesmoral seiner Bevölkerung hochhalten. Hinzu kommt auch noch das, und das ist ja auch eigentlich Bestandteil dieses Siegesplans. Der sagt ja nicht, wir wollen unsere Panzer irgendwann in Moskau stehen haben, sondern der sagt, wir möchten Putin irgendwann an den Verhandlungstisch zwingen. Und das heißt die Situation für Russland, dass die sich so schlecht gestaltet, dass es nicht mehr rational ist. Und jetzt noch mal den Rationalitätsbegriff einzuwerfen, in diesem Krieg zu bleiben und natürlich keine Atommacht besiegt werden. Die Sowjets und beispielsweise auch aus Afghanistan mussten die raus, die USA, die Amerikaner mussten aus Vietnam raus. Also dieses, das heißt dieses, diese These ein. Macht, kann nicht an den Punkt kommen, wo sie denkt okay, ist nicht meine rational so ein Krieg weiterzuführen. Das kann ich. Das ist auf jeden Fall. Das hat das halte ich tatsächlich nicht. Hinzu kommt das, wie gesagt, der Siegesplan geht davon aus, Putin an den Verhandlungstisch zu bringen. Und ich glaube, wenn es da Anzeichen aus Moskau gibt. Wir tun ja immer so in Deutschland, als gäbe es keine diplomatischen Kanäle, dann, dann, dann würden wir die auch wahrnehmen. Ich glaube, ob das jetzt nun der US Präsident Joe Biden ist oder ob das Kanzler Olaf Scholz ist. Die hätten in ihrer innenpolitischen Situation gerade nichts lieber, als in irgendeiner Weise ein Friedens Dialog zu führen und zumindest diese Tür etwas zu öffnen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass Wladimir Putin das nicht möchte. Aber das wissen wir durch seine Äußerung, wo er gesagt hat im Frühjahr jetzt verhandeln, wo dem Westen die Waffen ausgehen oder der Ukraine die Waffe was geht, das ist lächerlich. Das wissen wir von Peskow, der auf die Gesprächs, auf das Gesprächsangebot von Scholz reagiert hat. Okay, es gibt momentan keinen Grund, irgendwie zu sprechen. Das heißt, Russland möchte zumindest aktuell diese Gespräche nicht führen. Und das merkt man auch gerade wieder beim Brics-Gipfel, wo Putin eher diese Angebote vertröstet und sagt Das sind super Pläne, die auch aus China und Brasilien kommen. Und wir fassen das in Zukunft mal irgendwie ins Auge. Das sind aber keine konkreten Ankündigungen, dass man sich jetzt irgendwas öffnet deswegen.

00:12:58: Dietmar Bartsch: Sehr geehrter Herr Diekmann! Wir müssen doch. Wir müssen noch folgende Dinge ernst nehmen. Sie haben völlig zu Recht darauf verwiesen, dass es ein BRICS Treffen gab. Das war in Kasan, das ist eine Millionenstadt in Russland. Also wir müssen wenigstens zur Kenntnis nehmen, wer dort alles hingefahren ist und das ernst nehmen. Das ist offensichtlich bei Ländern mit vergleichsweise vielen Einwohnern wie China. Und Sie haben vielleicht gesehen, wie sich der Herr Modi und Herr Putin begrüßt haben. Also das war ja wie zu Zeiten von Breschnew und Honecker. Also das fand ich schon, also höchst problematisch.

00:13:29: Patrick Diekmann: Was in Indien ein üblicher Gruß ist also, das muss man dazu sagen, Modi umarmt jeden.

00:13:33: Dietmar Bartsch: Na ja. Ja, aber entschuldigen Sie bitte. Haben Sie die Gesichter gesehen? Aber gut. Wahrscheinlich ist das alles in Ordnung. Ich sehe das anders. Und ich will auf eins verweisen und ihm da sehr recht geben. Natürlich gibt es jetzt diplomatische Kanäle. Warum gibt es permanent einen Gefangenenaustausch? Genau. Warum ist es so, dass de facto das Getreideabkommen, äh, ja funktioniert, wenn auch nicht offiziell? Na ja, aber es ist doch so, dass Warum ist es so, dass bestimmte Dinge nicht geschehen? Ich will nur darauf verweisen Auch die Ukraine greift ja zum Beispiel die Krim nicht mehr so an wie damals, als wirklich hart getroffen worden ist. Da gibt es ja Gründe für. Das hat noch nicht Herr Selenskyj entschieden. Das ist immer noch so, dass in diesem Krieg wesentliche Entscheidungen in Washington fallen. Das ist ja auch ein Glück, so kann ich nur sagen, weil ansonsten hätte es vielleicht schnell eine Eskalation gegeben. Und mein Problem ist das im Moment wissen Sie, sowohl Herr beiden noch Präsident als auch Herr Scholz, auch als auch andere haben sich klar geäußert, was zum Beispiel die Lieferung von noch schweren Waffen betrifft. Wir haben im Bundestag dazu im Übrigen auch eine Abstimmung gehabt. Wir müssen doch das wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass diese Dinge nicht verändert werden. Wir können immer so tun. Lass uns mal darüber reden. Und dann höre ich einen Friedrich Merz dort im Bundestag reden. Ich sage das ist unverantwortlich. Es ist unverantwortlich, mag ja innenpolitisch Punkte bringen, aber es und unverantwortlich, was die Außenpolitik betrifft. Meine Position ist und bleibt Wir können tausendmal darüber schwadronieren, was man noch liefern muss. Ich kann mich daran erinnern, als es um die Leopard ging. Was wurde da gesagt? Dass das ja vielleicht der Game Changer ist. Dieser Begriff wurde sogar im Bundestag verwandt. Und was ist? Gar nichts. Und genauso wäre es bei der Lieferung von Taurus. Wir erzählen immer, was denn da wäre und dass das plötzlich alles verändern würde. Vielleicht ist es auch das Gegenteil. Ich glaube, wir sollten mit diesen Dingen, gerade die nicht Militärs etwas vorsichtiger sein und vielleicht diesen anderen Weg. Dabei bleibe ich. Da müssen wir mehr tun. Eine Außenministerin ist für Außenpolitik zuständig und ist nicht die Verteidigungsministerin, um nur ein Wort zu sagen.

00:15:45: Patrick Diekmann: Ich gebe Ihnen recht, dass wir sehr oft in der Vergangenheit Waffensysteme als Game Changer verkauft haben. Also das ist tatsächlich nicht der Fall gewesen und das war, glaube ich, immer relativ erhöht in der Bedeutung, die wir Gewissensentscheidung beigemessen haben. Aber ich glaube, und das tut dieser Diskussion in Deutschland mal ganz gut zu sagen, wir wollen ja eigentlich alle das Gleiche, wir haben alle das gleiche Ziel und das ist Frieden in der Ukraine. Ich glaube, wo wir uns unterscheiden, allgemein in der politischen Debatte ist, wie wir dahin kommen. Und ich kann die Leute verstehen und das eigentlich deckt sich mit dem, was ich als Analyst über Wladimir Putin gelernt habe, über die letzten Jahre. Und das letzte Jahrzehnt ist, dass wir die Ukraine erst mal in eine Position der Stärke versetzen müssen, um überhaupt verhandlungsfähig zu sein, weil sonst wird Russland nicht verhandeln. Das sieht man ja aktuell. Theoretisch könnte man jetzt ja aus Kreml Perspektive sagen der Westen ist gerade so schwach, die Ukraine ist geschwächt. Deswegen haben wir in Verhandlung. Eventuell eine bessere Position. Das macht Russland aber nicht. Und das zeigt mir, dass man immer noch in Moskau an einen militärischen Sieg glaubt.

00:16:47: Dietmar Bartsch: Das mag ja sein. Ich kann die Einschätzung aus Moskau nicht teilen. Ich glaube, dass beim militärischen Wir sehr vorsichtig sein müssen von beiden Seiten. Wer sich einmal russisches Fernsehen anschaut, der glaubt wirklich, die stehen kurz vorm Sieg. Das ist alles irre, was dort gezeigt wird. Überhaupt keine Frage. Ich finde manche Berichterstattung in anderen Medien auch etwas einseitig. Aber sei, das sei mal dahingestellt. Ich werbe dafür, dass wir viel mehr bei den Leuten sind, die das real betrifft. Sie haben zu Recht davon gesprochen, dass es täglich tausende Tote gibt, und zwar auf russischer Seite wie auf ukrainischer Seite. Wenn man sieht, dass dort Frau und Kinder umkommen, wenn man die zerstörten Dörfer sieht, dann kann man nicht zu der Erkenntnis kommen und sagen Lasst uns mal jetzt vor allen Dingen Stärke zeigen. Weil die Stärke zeigen heißt doch auch, dass Russland reagieren wird und wird auch in Anführungsstrichen Stärke zeigen. Das ist eine Eskalationsmöglichkeit. Und Sie können nun wahrhaftig die jetzige Situation, die jetzige Situation, wo sich auch ukrainische Soldaten auf russischem Territorium befinden, die können Sie nicht vergleichen mit Afghanistan. Und über Afghanistan könnten wir separat reden, Rechtszustand reden und dann sehen und vor allen Dingen, wer die Taliban aufgerüstet hat. Also, aber das ist alles und alles ein. Das ist ein eigener Podcast. Machen wir dann beim nächsten Mal. Aber es ist doch die Frage. Ich habe doch überhaupt nichts dagegen. Wir sind uns in allem sogar einig. Man muss auch Russland zwingen an den Verhandlungstisch. Im Übrigen, was viel leichter ist, man muss auch Selenskyj zwingen. Das ist aber ganz einfach. Aber Putin ist natürlich viel schwerer und beide. Ob das denn die beiden Personen sein werden, das ist noch eine andere Frage. Beide müssen am Ende dahin kommen, dass sie wegkommen von ihrem wunderbaren Tisch, wo es wunderbar zu essen gibt, sondern sie müssen bei den Leuten sein. Denn so wie Putin rücksichtslos Leute in den Kampf schickt und dort auch sterben lässt, natürlich vor allen Dingen Leute aus Dagestan usw, also nicht unbedingt Russen aus Moskau und Petersburg, obwohl das jetzt auch passiert, obwohl die Werbung in Russland ja anders läuft, wenn man sich das alles anschaut. Wenn man sich die Situation der Ukraine anschaut und nur einmal das Durchschnittsalter der ukrainischen Armee, wie das in den letzten Jahren gestiegen ist, wie die Kampfkraft dort auch gesunken ist, das muss man ja alles ernst nehmen. Und das verbessert die Situation nicht. Wenn Ihre Logik stimmt, dann würde das am Ende dazu führen müssen, dass die NATO eingreift. Einige sagen das also auch militärisch und auch mit Truppen und auch mit Waffen. Das will im Moment niemand und ich finde das richtig angesichts der Eskalationsgefahr deswegen, da es nur eine Frage der Zeit ist, dass die Ukraine dann ihre Verhandlungsmöglichkeiten vielleicht dann auch ohne Herrn Selenskyj verändert. Sind wir jetzt. Wir sind gefordert, dort aktiv zu werden. Und meine Sorge, ich sage das noch mal, ist das, wenn die Wahlen in den Vereinigten Staaten waren, dass es dann relativ schnell geht mit Gesprächen, mit Verhandlungen und mit Ergebnissen. Und ich sage Ihnen voraus, ob. Dann werden alle sagen Na, Gott sei Dank haben wir Stärke gezeigt und deshalb haben wir dieses Ergebnis. Ehrlich gesagt, ich sage schon heute Das ist Quark. Ich möchte möglichst schnell ein Waffenstillstand. Jeder Tag Krieg ist einer zu viel.

00:20:09: Patrick Diekmann: Das möchten wir alle. Das ist aber die Frage Ist gut, die Frage. Die Frage ist die Frage ist spielt Russland mit? Und die Frage ist also die Leute, die jetzt durch Deutschland über die Straßen ziehen und sagen Ja, wir müssen jetzt keine Waffen liefern und das bringt uns dem Frieden näher und wir sind eigentlich die Friedensparteien und die anderen, die wollen, sind ja eigentlich die Kriegstreiber. Ich teile das überhaupt gar nicht, weil es aktuell überhaupt keine Anzeichen davon gibt, dass Russland uns da in irgendeiner Weise entgegenkommt. Und deswegen diese, weil diese Theorie wir liefern jetzt keine Waffen mehr und dann werden wir verhandeln und dann wird es einen Frieden geben. Das setzt ja voraus, dass Putin jetzt in den letzten Jahren in irgendeiner Weise ein Menschenfreund geworden ist, und das teile ich überhaupt nicht. Ich sehe er die Gefahr, dass er dann die Ukraine schluckt und dass wir dann die nächste Debatte haben, wenn er andere Länder angreift und noch viel größeres Sicherheitsrisiko. Und darauf, darauf müssen wir uns auch in unserer Debatte bereitmachen. Und da sind wir aktuell doch gar nicht an dem Punkt. Stellen Sie sich vor, Russland erobert jetzt ein Teil der Ukraine und greift jetzt das Baltikum an, einen Teil des Baltikums besetzt es und dann droht mit Atomwaffen gleichzeitig. Was machen Sie dann als Deutschland? Sind Sie bereit, als Bundesregierung diesen NATO-Verpflichtung zu leisten und dann Truppen dahin zu schicken in Gefahr, dass da ein größerer Krieg entsteht? Oder gleichzeitig erfüllen sie diese NATO nicht, diese Beistandsklausel und machen damit das Bündnis obsolet, wodurch die gesamte Sicherheitsarchitektur in Europa komplett auf den Kopf gestellt wird, komplett zertrümmert wird. Und das ist eine Situation, mit der wir uns politisch auseinandersetzen müssen.

00:21:40: Dietmar Bartsch: Ich habe überhaupt kein Problem, sich damit politisch auseinanderzusetzen. Aber Aufgabe von Politik ist, genau dieses Szenario zu verhindern. Alles zu tun, dass es genau nicht passiert. Wir müssen Sie mir mal erklären, worin denn das Interesse aktuell. Ich verstehe. Es wird immer gesagt das Baltikum und Polen, die sind da ganz ängstlich, dass Russland dort einmarschiert. Und dann höre ich auch, wenn ich in den entsprechenden Städten will, dass der Russe kurz vor Berlin steht. Also ich sage, Verantwortliche Politik muss anders agieren. Und warum war es möglich zu Zeiten des härtesten Kalten Krieges? Da gab es Abrüstungsverträge zwischen den Vereinigten Staaten und Russland. Und mir muss niemand erzählen, dass viele der heutigen Entscheidungen nicht sehr wohl auch Entscheidungen sind, die in Konsultationen mit Washington getroffen worden sind. Und natürlich gab es in Amerika ein Interesse. Also wir müssen uns doch die heutige Situation anschauen. Wo kaufen denn viele europäische Länder Deutschland? Zuallererst auch mit den mit dem 100 Milliarden Sondervermögen? Wo kaufen wir dann die Waffen? Dann ist die nächste Frage Wo beziehen wir dann jetzt Erdöl und Erdgas Frackinggas, was früher noch viele Parteien abgelehnt haben? Und es sind natürlich auch knallhart ökonomische Interessen. Und deswegen sage ich, ich bitte darum, dass dieses alles mit aufgenommen wird. Ich bin ein strikter Gegner davon, dass wir sagen nur mehr Waffen, schnellere Lieferung und schwere Waffen. Ich habe im Übrigen nie gesagt, dass es dort eine Logik gibt. Wir müssen jetzt mal aufhören mit Waffenlieferungen, dann ist der Krieg zu Ende. Das ist nie meine Position gewesen. Wissen Sie, wenn man in Kiew war und ich war in Kiew und dann sieht man auf einmal die Raketen und Drohnen auf einen zufliegen, dann ist man ziemlich froh, dass es ein Patriot Abwehrsystem gibt, das die Dinger runterholt. Das ist einfach völlig normal. Und wer da was anderes sagt, bitteschön. Es gibt diese Friedensengel, die vom Sofa aus über derartige Dinge reden. Die gibt es auch in Deutschland. Aber um das dort kurz aufzunehmen, was Sie vorhin von Gregor Gysi eingespielt haben, das war etwas anderes. Der hat gesagt Waffenstillstand als eine Bedingung, dass der und das finde ich ja, darüber muss man diskutieren. Ich sage überhaupt nicht, dass das der Lösungsweg ist. Ich habe auch nicht den Lösungsweg. Es ist auch wirklich völlig irrelevant, weil da sind ganz andere Player, die Vorschläge gemacht haben. Aber die Bitte aufzunehmen und diese zweite Runde von Verhandlungen unter Einschluss von Russland, also da will ich nur sagen Sie, Lenski hat gesagt, niemals mit Russland. Und selbstverständlich an beiden Scholz gesagt mit Russland. Punkt. Nun wird es auch mit Russland sein, wenn es denn soweit ist. Ja, das lassen wir uns. Lassen Sie uns bitte diese Dinge, diese zärtlichen Pflänzchen etwas mehr pflegen, als dass wir sagen Bomben drauf, Pflanzen kaputt. Das wollen Sie nicht. Das weiß ich. Aber es gibt leider einige. Ich höre im Bundestag, wenn er Kiesewetter mal wieder sagt Wir müssen mal ordentlich Russland bombardieren und den Kreml zerschlagen. Ja, das ist einigermaßen absurd, so lebensfremd.

00:24:30: Patrick Diekmann: Ich bin jetzt nicht hier, um Herr Kiesewetter zu verteidigen. Er spricht ja meistens eher davon, dass man logistische Strukturen in Russland angreifen kann, die weit entfernt von der Grenze ist, die dann beispielsweise für die russische Kriegslogistik in der Ukraine nötig sind. Deswegen geht es jetzt nicht darum, in irgendeiner Weise zivile Infrastrukturen bei Moskau zu bombardieren, so wie ich das zumindest verstehe. Hinzu kommt Selenskyj hat nicht gesagt, dass man mit Russland nicht verhandeln soll. Er will mit Putin nicht verhandeln. Da können wir natürlich drüber streiten, ob das die politische Realität noch widerspiegelt. Und ich glaube auch, dass das ein Punkt ist, wo man sich in der Ukraine öffnen muss, dass man auch mit dieser Regierung spricht oder mit dieser Kremlführung spricht, die das Land überfallen hat 2022, da gebe ich Ihnen recht. Was ich allerdings nicht so sehe, ist. Sie haben ja gerade gesagt, im Baltikum hat man immer diese Angst, dass Russland angreifen könnte. Das halte ich gar nicht so für irrational. Ich bin jetzt durch das Baltikum gereist, habe da sehr viel mit Menschen gesprochen. Die haben natürlich das sowjetische Erbe nicht vergessen, die ganzen Deportationen, die es in der Zeit dort gegeben hat. Hinzu kommt, dass es jetzt schon hybride Kriegsführung gegen diese Länder gibt. Da werden mit Desinformationen, da wird der russisch ethnische Teil der Bevölkerung angestachelt und die hören natürlich genau hin, wenn Putin sagt, wir müssen die ethnischen Russen auf der ganzen Welt verteidigen und nicht nur in der Ukraine. Das heißt, diese Ängste sind auf jeden Fall da und ich glaube, die sind auch berechtigt. Und ich glaube das Falsche, dass es da eskaliert. Sollte Deutschland, zumindest die Menschen sich damit auseinandersetzen müssen. Was machen wir dann? Weil die Zeiten des Friedens, wie wir sie zum Glück erlebt haben, so viele Jahrzehnte, die sind erst vorbei. Und ich gebe Ihnen recht Politik muss das neue Fundament für Frieden wieder sein. Aber dazu muss man sich auch mit der jetzigen Realität auseinandersetzen.

00:26:10: Lisa Raphael: Ich würde gerne, wir müssen zum Ende kommen so langsam. Es tut mir leid, aber ich würde gerne noch mal auf einen Aspekt eingehen, weil mich Ihre Meinung interessiert, Herr Bartsch. Sie hatten es auch angesprochen, jetzt mit der Disharmonie zwischen Selenskyj und Putin. Denken Sie aber auch, dass die Ukraine jetzt auch mit Blick auf den Plan des Sieges, der vorgestellt wurde, mehr auch Eingeständnisse machen muss in Bezug auf die jetzt schon von Russland besetzten Gebiete im Donbass?

00:26:36: Dietmar Bartsch: Ich glaube, dass das nicht Aufgabe deutscher Politik ist. Da haben wir mal sehr zurückhaltend zu sein. Es gibt völlig klar die territoriale Integrität der Ukraine, und wir haben da überhaupt keine Vorgaben zu machen, wer da sagt, ja, die Krim war schon immer russisch und so, wissen Sie, ich habe drei Jahre in Moskau gelebt. Ich habe all diese Gebiete durchaus mal gesehen und weiß auch, wie der Anteil der Russen sie weiß im Übrigen, dass heute auf ukrainischer Seite Russen kämpfen wie auf russischer Seite Ukrainer kämpfen. Das ist alles, gar keine Frage. Das ist zeigt aber auch den gesamten Irrsinn. Wir haben dort keine Vorgaben zu machen. Wenn, dann ist das Ergebnis von Verhandlungen und wir haben Wege zu bereiten. Und wir haben vielleicht sogar anzubieten, Berlin oder eine andere Stadt zum Ort von Verhandlungen zu machen. Das wäre eine Initiative, die sinnvoll wäre, aber nicht zuallererst zu sagen also die Ukraine muss mal die Krim und muss die vier Provinzen abtreten oder zwei davon, das steht uns nicht zu, das ist unsere. Das ist nicht unsere Aufgabe, nicht unsere Position. Da kann man eine persönliche Meinung zu haben, aber die darf nicht von deutscher Politik und von deutschen Politikerinnen und Politikern verkündet werden. Ich finde das unverantwortlich.

00:27:45: Lisa Raphael: Und seit einigen Tagen kursieren ja auch Meldungen, dass Russland seine Truppen mit Nordkoreanern aufstockt. In einem Video sollen die Soldaten russische Uniform tragen, aber koreanisch reden. Der südkoreanische Geheimdienst und jetzt auch die USA und NATO wollen dafür Beweise haben. Was würden Sie denn sagen? Wie würde eine Beteiligung Nordkoreas diesen Konflikt jetzt weiter verschärfen?

00:28:08: Dietmar Bartsch: Ich finde das erstens völkerrechtswidrig, völlig unverantwortlich. Offensichtlich ist es ja so, dass acht nordkoreanische Offiziere getötet worden sind bei einem Angriff. Das ist ja wohl nachgewiesen und da gibt es auch gar keinen Widerspruch mehr. Und offensichtlich hat Nordkorea ganz andere Interessen, als dort jetzt mit Soldaten aktiv zu sein. In jedem Fall ist das eine Verschärfung des Konfliktes, völlig inakzeptabel, völkerrechtswidrig, ohne Wenn und Aber. Wenn wir auch wissen, das natürlich auch das muss man einfach diesen Fakt benennen, dass auf der anderen Seite sehr wohl auch nicht nur ukrainische Soldaten agieren. Ich finde ganz klar und eindeutig völkerrechtswidrig zu verurteilen. Da haben die Nordkoreaner nichts zu suchen. Punkt. Aus, Ende.

00:28:53: Lisa Raphael: Und das würde ja auch genau dieses Argument, was man Putin immer vorwirft, entkräften, dass er so lange weitermacht, bis ihm die Soldaten ausgehen und die Mittel ausgehen. Patrick.

00:29:03: Patrick Diekmann: Warum würde es das entkräften?

00:29:04: Lisa Raphael: Na ja, weil er ja jetzt immer mehr Nachschub hat, auch durch den Pakt mit Kim Jong Un.

00:29:10: Patrick Diekmann: Ja, die Frage ist, wie weit man da bereit ist, überhaupt zu eskalieren. Wir wissen ja noch nicht, es sollen ja jetzt 3 bis 6000 Soldaten sein. Es gibt da ganz unterschiedliche Angaben, wie für was die eingesetzt werden sollen. Es gibt die Berichte, dass es für Aufgaben in Russland selber ist, wodurch dann Truppenkontingente frei werden, um für Russland und in der Ukraine zu agieren. Das heißt, ich glaube, da müssen wir erst mal abwarten. Also natürlich liefert Nordkorea schon länger Munition und vor allem Artilleriemunition. Und dass jetzt auch Offiziere der nordkoreanischen Armee in der Ukraine auftauchen, um zu schauen, wie wirkungsvoll ist das? Weil das ist eine Armee, die sehr aufgepumpt wurde nach dem Koreakrieg, eine der größten Armeen der Welt, auch wenn sie nicht so gut ausgerüstet ist, die aber über kaum Kampferfahrung verfügt. Das heißt, diese Erfahrung dann in der Ukraine zu sammeln, ist jetzt für diese Diktatur ja wahrscheinlich ein logischer Schritt. Aber ich bin jetzt noch nicht bei den Untergangspropheten, dass das nordkoreanische Regime voll einsteigt. Aber natürlich kämpfen auch auf der ukrainischen Seite Söldner, zu denen auch noch was Herr Bartsch gesagt hat. Aber es ist halt nicht staatlich organisiert. Also Sie haben natürlich polnische Freiwillige, Sie haben aber Freiwillige, selbst aus Belarus oder aus der aus den USA, die an der Seite der Ukraine auch kämpfen. Aber es ist. Na also, das hätte schon eine neue Dimension, wenn ein anderes Land in Form von Nordkorea sagt, wir steigen da jetzt ein.

00:30:29: Lisa Raphael: Ja, genau. Wenn man sich alleine auch anschaut, wie der Machthaber Nordkorea mit seinen Menschen umgeht und was da für eine Propagandamaschinerie herrscht, ist das schon eine fatale Entwicklung.

00:30:40: Dietmar Bartsch: Ich glaube, man muss eines, eins darf ich da vielleicht anmerken. Es ist ja so, dass Russland, also die Nordkoreaner, ich teile ihre Sicht, da muss man schauen, was real passiert. Wobei die Tatsache, dass da überhaupt welche sind, ist völlig inakzeptabel. Und ich sage noch mal völkerrechtswidrig. Aber was wir nicht unterschätzen dürfen: Natürlich ist es so, dass Russland auch weiterhin noch ein erhebliches Eskalationspotenzial hat. Wir alle wissen, dass die Kontinentalraketen, um das mal etwas volkstümlich zu sagen, die in Sibirien stationiert sind, bisher in nahezu keiner Weise genutzt worden sind. Die können im Übrigen auch ohne abgefangen zu werden, alle, fast alle Punkte dieser Welt erreichen. Und es ist ja extra für jeden Geheimdienst dieser Welt eine dieser Raketen einmal in ein ukrainisches Ziel abgeschossen worden. Alle Geheimdienste des Westens haben das verfolgt, niemand konnte eingreifen. Die Rakete ist präzise eingeschlagen. Das war ja nur aus einem Grund, dass man gezeigt hat Wir können nicht mehr und nicht weniger. Ich finde das alles schlimm. Und das ist eben das Eskalationspotenzial, was es gibt. Ich kann nur hoffen. Wir wünschen und da sind wir uns ja einig, dass wir möglichst schnell dahin kommen, dass diese Eskalationspotenziale nicht genutzt werden. Und da ist es mir am Ende sogar egal, wer da mit wem spricht. Wichtig ist, dass man für die Menschen dort möglichst schnell zu einem Endpunkt kommt oder zumindest zu einem Zwischenziel. Und natürlich wird es auch für Putin schwerer zu sagen Nein, nein, das machen wir nicht. Wir wollen keinen Waffenstillstand, wir wollen weiter Tote. Das würde auch innenpolitisch vielleicht zu Veränderungen in Russland führen, denn das ist ja die kuriose Situation, und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe nicht wenige Freunde dort, die früher mal Putingegner war, und zwar vehement. Putingegnern gesagt haben Wir wollen mit dem nichts zu tun haben und heute sagen, es geht nicht mehr um Putin, wir müssen jetzt an der Seite stehen. Das ist ja die man darf die Propagandamaschine, die dort läuft, nicht unterschätzen und die ist gewaltig. Ich kann nur jedem empfehlen, sich russisches Fernsehen anzuschauen. Und da hat man plötzlich so die Wirkung, dass irgendwie doch was hängenbleibt.

00:32:42: Patrick Diekmann: Da bin ich Ihrer Meinung, dass natürlich sehr viel Propaganda geformt ist in Russland und dass Putin seine Realität selber so gestalten kann, wie er möchte, das ist vollkommen klar. Beim Eskalationspotenzial, da kommt auch eine eigene Postkarte zu gestalten, glaube ich. Ich glaube, da können wir jetzt über das wir jetzt über den taktischen Nutzen von Kontinentalraketen in der Ukraine sprechen. Aber natürlich hätten beide Seiten, gerade wenn man die westlichen Unterstützer der Ukraine noch mit reinzieht, noch Eskalationspotenzial. Und wir sind uns, glaube ich, beide einig darin, dass wir beide nicht dahin wollen am Ende. Aber ich bin ein Freund davon, dass man Ende dieser Debatte, wenn man A sagt, auch immer B sagt. Nun, Herr Gysi hat ja gerade gesagt, das als Bedingung zu nehmen, dass Russland an den Verhandlungstisch kommt. Was passiert, wenn er das nicht tut, sollen dann die Waffenlieferungen weitergehen in dieser Form? Das frage ich dann Sie.

00:33:29: Dietmar Bartsch: Na ja, also ich finde ja, dass man genau diesen Weg beschreiten muss, weil man dann eine andere Situation hat. Sie sehen ja auch, dass in Deutschland die öffentliche Meinung gewaltig kippt, nicht nur in Ostdeutschland, sondern auch in Westdeutschland. Und deswegen müssen wir in die diplomatische vorankommen. Und natürlich, wenn es denn abgelehnt wird. So, also jetzt nehme ich mal den Gysi Vorschlag auf, wobei ich wie gesagt, ich bin überhaupt kein Freund davon, dass einzelne Politiker jetzt die Welträtsel lösen. Da bin ich wirklich kein Freund von. Aber wenn ich Gregor Gysis Vorschlag aufnehme und wir dann feststellen können, ja, es ist ein Angebot gemacht worden, das überhaupt nicht realisiert worden, ja, dann ist natürlich das, was Hilfe für die Ukraine betrifft, angesagt. Auch da bin ich allerdings ein Gegner zu sagen, es geht vor allen Dingen um Waffen, Waffen, Waffen, das stimmt ja nicht. Ich meine, ich habe in der Ukraine damals, das muss man sich mal überlegen, Wir haben für Krankenhäuser Dinge dort übergeben. Da können wir viel mehr machen. Wir sollten viel mehr machen. Denn ein Waffenstillstand würde auch dazu führen, dass möglichst viele Ukrainer und Ukrainer zurückkehren können. Der Wiederaufbau des Landes, der wird natürlich enorm viele Anstrengungen erfolgen. Das wird für uns eine Herausforderung. Darüber sollten wir reden, auch diese Schritte, weil wir reden im Moment nur auch wir beide über die Schritte, wenn weiter eskaliert wird. Ich finde, wir sollten viel ernsthafter darüber reden, wenn wir vielleicht wirklich dahin kommen. Was ist denn unsere Aufgabe? Wie sehr stark werden wir dann auch haushaltspolitisch jetzt nicht über das Problem ein Jahr vor der Bundestagswahl reden? Belastet werden? Das gehört auch mit zur Ehrlichkeit. Und da bin ich gespannt, ob dann die Solidarität mit der Ukraine, die jetzt wunderbar ist bei der Lieferung von Waffen, ob sie dann auch noch so ausgeprägt ist. Ich würde mir das wünschen, weil da brauchen wir das.

00:35:14: Patrick Diekmann: Ich würde tatsächlich nicht sagen, dass wir, also zumindest ich nicht, dass wir über weitere Eskalationsmuster reden für den Ukrainekrieg, sondern ich habe jetzt gerade oder zumindest in diesem Podcast bisher darüber gesprochen, was vielleicht nötig ist, damit die Ukraine sich überhaupt weiter verteidigen kann, dass wir überhaupt Position bekommen, um verhandeln zu können in Zukunft. Und ich teile auf jeden Fall den Befund, dass in Deutschland diese Debatte langsam umschlägt, da die Menschen kriegsmüde werden. Und das ist verständlich, dass man empathisch auch den Menschen gegenübertritt, die diese Kriegsleiden sehen, jeden Tag in irgendeiner Form. Aber ich glaube auch, dass man den Menschen keine Luftschlösser bauen darf. Es wird ja teilweise so getan, als wenn wir jetzt nur diesen Vorschlag machen würden mit den Waffenlieferungen, dann greift Putin sofort zum Telefon und dann ist der Krieg vorbei. Und das ist, glaube ich, fernab jeder Realität.

00:35:58: Lisa Raphael: Ich denke, es geht hier eher darum, dass wir einfach mehr probieren. Und das hat ja auch Gysi gesagt, dass wir einfach mehr Diplomatie probieren, auch wenn wir scheitern. Auch wenn wir nach 48 Stunden Waffenstillstand scheitern, haben wir es wenigstens probiert.

00:36:10: Patrick Diekmann: Aber das probieren wir ja. Das Problem. Aber fragen Sie mal Graf Lambsdorff, wie viele der Gespräche der geführt hat in Moskau.

00:36:15: Lisa Raphael: Genau. Es ist natürlich immer diese Frage Wie viel vertrauen wir der Regierung, dass sie Diplomatie vorantreiben?

00:36:22: Patrick Diekmann: Das hat ja nichts mit Vertrauen zu tun. Ich glaube einfach, dass es diplomatische Strukturen gibt.

00:36:26: Lisa Raphael: Na ja, ich denke schon, dass die Friedensbewegung, vor allen Dingen auch von Sahra Wagenknecht, eben dem nicht mehr vertraut. Das ist ja das.

00:36:34: Patrick Diekmann: Aber es ist für mich keine Friedensbewegung. Das ist, das ist wahr, das da.

00:36:38: Lisa Raphael: Ja darüber können wir auch noch mal drüber streiten.

00:36:39: Dietmar Bartsch: Da können wir sehr drüber streiten. Da habe ich sogar eine, wahrscheinlich eine etwas differenzierte Sicht, weil es ist nicht Wer am lautesten Frieden schreit, ist nicht am meisten für den Frieden. Aber eins stimmt doch, dass wir die Möglichkeiten mehr nutzen müssen. Warum? Ich habe schon. Das ist über ein Jahr her habe ich im Deutschen Bundestag eine europäisch abgestimmte Friedensinitiative eingefordert. Die gibt es bis heute nicht. Es gibt Friedenspläne, ich habe das gesagt, aus Brasilien, aus China, aus anderen Ländern. Selbst aus Israel gab es mal eine Friedensinitiative. Das ist jetzt wahrscheinlich nicht angesagt angesichts der Situation dort. Aber warum ist Deutschland in dieser Frage? Also ich will das noch mal sagen Es war das Außenministerium, was gesagt hat, Der Putin will gar nicht reden und es war schlicht nicht wahr. Es ist schlicht dementiert worden aus Moskau. Olaf Scholz hat es dankenswerterweise aufgenommen. Wir haben ihm diejenigen, die ohne Prüfung erst mal sagen Der, der will gar nicht reden. Wissen Sie, ich habe null Sympathie für das, was Putin gemacht hat seit dem 22. Februar. Aber ich kann auch die Geschichte einigermaßen gut nachvollziehen, nicht nur durch aus eigenem Erleben. Aber ich habe das. Ich war dabei, als Putin im Bundestag geredet hat und Friedrich Merz der erste war, der aufgesprungen ist zum Klatschen. Also ich meine, heute wird immer so getan, habe nichts mit zu tun und das ist so ein bisschen wie in einer Beziehung, wenn da irgendwas krachen geht, in dessen immer nicht nur einer Schuld So. Das können wir alles analysieren, ist aber im Moment völlig unwichtig, weil die.

00:38:07: Lisa Raphael: Kommen wir jetzt zur letzten Frage kommen? Ja.

00:38:10: Patrick Diekmann: Wobei? Schuld am Ukrainekrieg hat Russland. Also, ich glaube nicht.

00:38:14: Dietmar Bartsch: Ich habe noch nie so etwas gesagt. Ich habe noch nicht alles gesagt. Wie am 22. Februar dieses Land überfällt, ist der verantwortliche Punkt aus.

00:38:21: Patrick Diekmann: Ja, das stimmt natürlich auch noch mal das Außenministerium. Und das ist ja kein politischer Vorstoß, dass das Auswärtige Amt sagt, Russland will nicht verhandeln, sondern war es, die in der Praxis der diplomatischen Kanäle aktuell die Realität widerspiegelt. Na und? Ich glaube tatsächlich, oder? Das ist ja auch interessant, das Aus russischer Perspektive sind wir kein neutraler Fan, jemand, der Verhandlungen initiieren kann. Wir stehen an der Seite der Amerikaner, im Schoss des Westens sozusagen. Das heißt also, Deutschland muss da schon über seine Rolle nachdenken und das kann man auch hinterfragen. Also kann man vielleicht neutraler auftreten in irgendeiner Form und Verhandlungen initiieren. Aber da sind wir gerade nicht in der Position.

00:38:58: Dietmar Bartsch: Nicht mehr haben das in der Vergangenheit ja hingekriegt. Schauen Sie, als Steinmeier Außenminister war, der damals in Georgien, als es um diesen wirklich heftigen Konflikt Abchasien Südossetien gab, hat Steinmeier eine aktive Rolle gespielt, und zwar als Vermittler. Also Deutschland war mal in dieser Situation, und das ist jetzt nicht der Fall. Das hat im Übrigen auch damit zu tun, weil es innenpolitische Positionierung gab. Leider ist es so, dass damals eben die Entscheidung weder Kanzlerkandidat bei den Grünen wird noch nicht gefallen war. Und das stört mich, dass derartige Dinge eine Rolle spielen. Davon muss man sich lösen. Man muss dann wirklich als Außenministerin agieren und nicht nebenbei noch als innerparteiliche Wahlkämpferin.

00:39:35: Lisa Raphael: Ich glaube, eine ein Aspekt verlieren wir auch mal so ein bisschen durch diese Wir wollen schnell Frieden und Waffenstillstand. Und zwar, dass dieser Prozess einfach lange dauert. Also es wird jetzt nicht einen Waffenstillstand geben und dann wird es Frieden geben. Es wird einfach immer noch ein monatelanger Prozess. Ich finde, das suggeriert man auch so ein bisschen durch diese Friedensdebatte.

00:39:54: Patrick Diekmann: Ja, der erste Schritt ist erst mal, dass alle Seiten dazu bereit sind, überhaupt an einen Tisch zu kommen, Dann erklärt, woran wir arbeiten müssen. Und ich glaube, das ist Herr Bartsch und ich uns auch einig, dass das schnellstmöglich passieren müssen. Die Grundbedingungen Da unterscheiden wir uns vielleicht ein bisschen.

00:40:07: Lisa Raphael: Ja, das ist ja nicht schlimm.

00:40:09: Dietmar Bartsch: Ich meine, Sie haben, sie haben völlig recht. Ein Waffenstillstand, beim Umfeld des letzten Weihnachtsfestes war es ja so, dass von beiden Seiten und das war wiederum, dass es da war, der Konflikt noch ein anderer. Aber da hat sowohl Russland als auch Ukraine vorgeschlagen, dass zu den Weihnachtsfeiertage die Waffen ruhen. Das Problem ist nur, dass die Ukraine gesagt hat Ja, wir nehmen das Weihnachtsfest und die Russen das. Das ist absurd, dass er das nährt. Das ist absurd für die Menschen, die betroffen sind. Und das können wir vielleicht überwinden. Und es wäre ja überhaupt ein Schritt, wenn man mal überhaupt sagen könnte 24 Stunden schweigen die Waffen. Und in dieser Zeit machen wir Folgendes. Wissen Sie, die schaffen das ja sogar. Wenn die Übergabe von Gefangenen ist, dann gibt es einen Waffenstillstand und dann werden die Gefangenen und es wird sogar vereinbart, dass hinterher nicht die große Siegespropaganda stattfindet, dass wir wieder erreicht haben. Ich finde, das sind ja. Sind ja Mini-Zeichen, dass etwas möglich ist und das müssen wir hinkriegen. Und es ist, ich sage noch mal, es ist ein Wahnsinn, wenn beim Gefangenenaustausch auf russischer Seite Gefangene freigegeben werden, die russische Staatsbürger sind und umgekehrt Genauso, dass ukrainische Gefangene der Ukraine nach Russland freigibt. Es ist ein Wahnsinn, dass dort Menschen, die über viele Jahre engste Beziehungen haben, aufeinander schießen. Ich habe das niemals für möglich gehalten. Dass das so gekommen ist, finde ich immer noch furchtbar. Und eigentlich hätte ich gerne Recht gehabt, dass das unmöglich ist. Ich habe leider Unrecht gehabt, habe mich dort auch total. Wirklich total hat eine total falsche Einschätzung. Nur jetzt können wir nicht sagen okay, es war falsch, jetzt müssen wir bis zum Ende kommen und zwar militärisch.

00:41:49: Lisa Raphael: Da sind Sie ja leider nicht der Einzige, der sich geirrt hat.

00:41:53: Dietmar Bartsch: Aber ich bin einer der wenigen, die es zugeben.

00:41:55: Lisa Raphael: Der das zugibt. Das ist auf jeden Fall. Aber zum Abschluss jetzt eine Frage an Sie persönlich, Herr Bartsch. Denn auf dem Bundesparteitag der Linken hat Gregor Gysi in seiner Rede ja die Aktion Silberlocke angekündigt. Also die Möglichkeit, dass sich Sie, Herr Gysi und Herr Ramelow, bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr um ein Direktmandat bewerben, um so in den Bundestag einzuziehen. Sie haben aber ja schon vergangenes Jahr angekündigt, sich vom Fraktionsvorsitz zurückzuziehen, was dann ja auch dazu gekommen ist, als Sie eine Gruppe wurden im Bundestag. Wollen Sie denn überhaupt noch mal für ein Bundestagsmandat kandidieren?

00:42:29: Dietmar Bartsch: Also ich war auch noch Gruppenvorsitzender, weil ich den Übergang ordentlich realisieren wollte. Ich habe da meine politische Verantwortung wahrgenommen. Ich sehe die jetzige Situation und ich finde, dass der Vorschlag von Gregor Gysi, den er auf den Bundestag gemacht hat, ich finde auch den Begriff Aktion Silberlocke durchaus witzig. Ich finde, dass man darüber nicht mehr ernsthaft nachdenken muss. Ich weiß, es gibt jetzt eine Einladung zum Essen mit gutem Rotwein. Die werde ich in jedem Fall wahrnehmen. Und da ja Gregor Gysi bezahlt, wird es ein teurer Abend für ihn. Das ist gut. Aber die politische Frage, dies eben doch viel, viel tiefergehender. Und die beantwortet man nicht einfach. Nein. Ich finde, da muss man genau schauen. Aber ich sage mal, das müssen Sie mir erst gestatten, wenn sie die Frage stellt. Wir sind in einer gesellschaftlichen Situation, wo nach jetzigem Stand und das hat ja mit unserer Diskussion davor sehr wohl zu tun Friedrich Merz Kanzler werden könnte. Und das vielleicht in einer Koalition mit den Sozialdemokraten, vielleicht auch mit den Grünen, Die prostituieren sich ja gerade ganz dolle. Dann nur eine Opposition rechts zu haben in Form der AfD, vielleicht auch von der FDP, ist, glaube ich, nicht gut fürs Land. Da sollen wenigstens noch links ein paar Menschen sitzen, die hin und wieder Fragen stellen, die jetzt Herr Diekmann zwar kritisch sieht, aber glaube ich, gar nicht so ganz böse ist, wenn man die Fragen überhaupt gar nicht, denn die Fragen müssen gestellt werden. Es ist dringend notwendig, auch in diesem Konflikt Russland Ukraine Dinge aufzurufen, die vielleicht im Mainstream nicht gesehen werden. Ich glaube, wir haben da eine gesellschaftliche Verantwortung und ich könnte jetzt über Gesundheit, Rente, über den Nahostkonflikt oder reden. Deshalb Es ist nicht so, dass man einfach sagt, Ach, vergiss es. Ich hatte mich anders entschieden, sondern das wird mit uns wohl geprüft. Und dann werden wir eine gemeinsame Entscheidung, hoffe ich, irgendwann verkünden.

00:44:19: Patrick Diekmann: Um darauf vielleicht noch kurz zu antworten. Ich wäre froh, wenn es noch eine linke Kraft im Bundestag gäbe, die Fragen stellt. Dagegen habe ich überhaupt nichts. Das, was ich mir tatsächlich aus Analystensicht wünschen würde, ist, wenn. Wenn den Menschen wie gesagt keine großen Luftschlösser gebaut werden. Also wenn ein Funken mehr Realismus in dieser Debatte, dass man nicht sagt, wir liefern jetzt keine Waffen mehr und wir heben dann am besten noch die Sanktionen auf, dann finanzieren wir noch Putins Krieg, noch ein bisschen mehr. Das ist für mich eine Sicherheitsgefahr auch für Deutschland. Und ich würde mir wünschen, dass man den Menschen reinen Wein einschenkt. Und ich weiß, Ihre Partei ist auch durchaus in einem Dilemma, weil man BSW sieht und man sieht, wie diese ganzen wie die Menschen Wagenknecht dann hinterherlaufen und dann hinter diesen in meinen Augen zumindest utopischen Forderungen. Und ich würde wie gesagt mir einfach wünschen, dass mehr Realismus in der Debatte gibt, gerade im Bezug auf das, worüber wir heute gesprochen.

00:45:08: Dietmar Bartsch: Ich glaube, lieber Herr Diekmann, dass dieser Realismus nicht nur da ist. Ich hoffe, dass Sie ein klein wenig heute davon gehört haben. Ich habe auch diese These, die, die eben gesagt haben keine Waffenlieferungen, wir haben schnell Frieden. Das habe ich noch nie so gesagt und das auch nicht die Politik. Aber es gibt, das ist ja, aber das ist nicht Position der Linken. Da werden wir manchmal gleichgesetzt mit denen, die gar nicht mehr zu uns gehören. Ja, ich bin dafür, dass es schnell einen Frieden gibt. Da bleibe ich auch dabei. Und ich glaube, dass es eine andere Rolle spielt. Das haben wir alles umfangreich erörtert. Aber ich würde auch großen Wert darauf legen, dass man den unterschied. Ich möchte meine Politik weder am BSW noch an den anderen Typen da rechts außen ausrichten, sondern im Interesse der Menschen dort und auch in unserem Lande. In diesem Sinne war einiges eine Linke notwendig, aber das werden ja im nächsten Jahr denn die Wählerinnen und Wähler unterscheiden. Und ich habe ja jetzt ein Maß an Offenheit bei Ihnen gehört.

00:46:01: Patrick Diekmann: Auf jeden Fall. Aber haben Sie nicht Angst, dass wenn die Menschen diesen populistischen Positionen hinterherlaufen, die vom BSW kommen? Wir hatten jetzt ja drei Wahlen in ostdeutschen Bundesländern, dass man nicht in der Linken auch selber populistischer werden muss, gerade in dieser Frage. Wie gesagt, ich nenne es nicht Friedensfrage, sondern ich nenne es Ukrainekonflikt.

00:46:17: Dietmar Bartsch: Ich glaube, dass Populismus nicht die Antwort ist. Ja, wir müssen populär sein, wir müssen bei den Menschen sein und ihre Sorgen ernst nehmen. Aber wir dürfen kein Sand in die Augen streuen, weil am Ende des Tages wird das schaden. Da bin ich der festen Überzeugung. Ich glaube, dass man mit Klarheit, mit deutlichem Unterschied auch zur Ampelregierung und auch zur anderen kann man sehr wohl Menschen überzeugen. Das ist natürlich, ich sage das auch ganz offen, relativ schwierig in der Medienlandschaft, die wir haben. Aber man muss es immer wieder versuchen. Insoweit bin ich auch dankbar, dass wir heute diesen Podcast machen konnten.

00:46:51: Lisa Raphael: Ja, super. Und damit kommen wir zum Ende. Ich bedanke mich ganz herzlich bei Ihnen, Herr Bartsch, und auch bei Dir, Patrick, fürs Gespräch. Ich entschuldige mich da draußen bei unseren Hörerinnen und Hörern für die Überlänge. Ich hoffe, Sie konnten doch viel mitnehmen, denn dieses Thema Ukrainern Friedenslösung ist eben ein Thema, das man nicht vielleicht in 25 Minuten abhaken kann und appelliere auch an Sie, wenn Ihnen diese Diskussion gefallen hat, dann abonnieren Sie doch gerne den Tagesanbruch Podcast überall da, wo es Podcasts gibt oder empfehlen Sie gerne diese Folge an Freunde und Bekannte weiter. Wenn Sie noch eine Frage, Anmerkungen oder Kritik haben, schreiben Sie uns gerne an die folgende Emailadresse podcasts@t-online.de. Und damit bedanke ich mich bei Ihnen fürs Zuhören. Und danke noch mal an Sie, Herr Bartsch und Patrick, an dich, und schönes Wochenende. Tschüss!

00:47:39: Patrick Diekmann: Auf Wiederhören.

00:47:39: Dietmar Bartsch: Wiederhören. Danke schön.

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von und mit Florian Harms

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