Tagesanbruch von t-online

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00:00:02: Dieses Transkript wurde maschinell erstellt und nicht vollständig gegengelesen. // Florian Harms: Ich glaube, die Aufgabe für die NATO ist eine Gratwanderung.

00:00:07: Lisa Fritsch: Hallo zu einer neuen Folge von Tagesanbruch Die Diskussion für das Wochenende vom 13. Juli 2024. Ich bin Lisa Fritsch und spreche in dieser Folge mit dem Chefredakteur von t-online, Florian Harms, der gerade beim NATO Gipfel in Washington ist. Er hat Bundeskanzler Scholz bei dem Zusammentreffen zum 75-jährigen Jubiläum des Bündnisses begleitet und nimmt uns mit hinter die Kulissen. Wie war die Atmosphäre vor Ort? Konnte Joe Biden überzeugen? Und was für eine Botschaft sendet dieser Gipfel jetzt? Kann er einen Einfluss auf Putin haben, der seine Angriffe in der Ukraine in dieser Woche noch einmal verstärkt hat? Und damit erst mal Hallo nach Washington flog. Wo treffen wir dich gerade an?

00:00:52: Florian Harms: Hallo aus einem sehr heißen Washington. Ich bin jetzt in dem Medienzentrum, das es runter gekühlt auf einstellige Grad zahlen, aber draußen ist es subtropisch, würde ich mal sagen. 36 Grad im Schatten. Es fühlt sich an wie 45 Grad.

00:01:06: Lisa Fritsch: Uiuiui. Wir sprechen am Ende noch mal genauer über deine Reise. Auch im Regierungsflieger mit Scholz. Und welche Eindrücke du da mitnehmen konntest. Und noch eine kurze Info für die Hörerinnen und Hörer Wir nehmen diese Folge aus zeitlichen Gründen schon unter der Woche auf. Aber so ist es ja auch noch mal spannender, weil du jetzt direkt vor Ort bist und wir das gerade auch miterleben. Jetzt wollen wir erst mal auf die Ergebnisse des Gipfels und die Stärke der NATO schauen. Fangen wir mal beim Gastgeber Joe Biden an Die ganze Welt blickt ja aktuell auf den US Präsidenten und stellt sich die Frage, ob er wirklich fit genug für eine zweite Amtszeit ist. Wie war denn seine Performance jetzt beim NATO Gipfel? Wie hat er auf dich gewirkt?

00:01:45: Florian Harms: Sehr beherrscht. Man merkt ihm sein fortgeschrittenes Alter und seine Gebrechlichkeit deutlich an und man merkt auch, dass er sehr darauf konzentriert ist, partout keinen Fehler zu machen. Das wurde beispielsweise deutlich bei seiner Eröffnungsrede zum offiziellen Festakt der NATO zum 75. Jubiläum. Da hat er natürlich die Liederrolle ausgeübt. Er ist ja das stärkste Mitglied dieser Allianz mit der größten Militärmacht, die er als US Präsident vertritt. Und da hat er sich wirklich minutiös an sein Manuskript geklammert, das in dem Teleprompter vor ihm stand. Und man hat gemerkt, er muss sich sehr, sehr beherrschen, um auf Gottes Willen gar keinen Fehler zu machen.

00:02:25: Lisa Fritsch: Und wenn du sagst, er war jetzt da, so konzentriert und hat wirklich auf alles geachtet, dass er alles richtig macht. Gab es denn eher Zustimmung von den anderen NATO Partnern für beiden? Oder auch so ein bisschen Getuschel hier und da? Vielleicht auch nur eine Mimik, die du beobachtet hast? Wo man wirklich seine Stärke in Frage gestellt hat.

00:02:43: Florian Harms: Habe ich bislang nicht beobachtet. Zumindest nicht vor den Kameras. Da merkt man einfach alle sind sehr darauf bedacht, ihn auf gar keinen Fall irgendwie in Frage zu stellen. Denn das ist ja auch eine prekäre Situation. Die NATO hat gegenwärtig ihre größte Herausforderung durch Putins Angriff auf die Ukraine. Das wird hier auch ganz klar so benannt und man möchte auf gar keinen Fall irgendwelche Schwächen zeigen und würde beiden jetzt infrage gestellt, zumindest offiziell in Frage gestellt von den anderen Mitgliedsstaaten, dann wäre das eine gravierende Schwäche, worüber man sich in Moskau sehr freuen würde. Deshalb versucht man das tunlichst zu vermeiden.

00:03:18: Lisa Fritsch: Und wenn du dich jetzt so mit anderen Journalisten und anderen Vertretern aus anderen Ländern dort vor Ort unterhältst, wird den beiden im Ausland genauso gesehen? Oder haben wir nur hier in Deutschland und die US amerikanischen Medien so ein Bild von ihm?

00:03:31: Florian Harms: Nein, ich habe den Eindruck, dass unsere Wahrnehmung in Deutschland sogar noch zurückgenommen ist. Verhalten ist im Vergleich zu dem, was hier in Amerika los ist. Hier in Amerika gibt es eine sehr starke und auch stärker werdende Stimmung, die auf den Satz hinausläuft Der Typ ist einfach zu alt, is not fit for office anymore. Also er ist nicht mehr fähig, dieses Amt zu führen, weil er gebrechlich ist, weil er Aussetzer hat, weil er seinen Körper nicht mehr hundertprozentig im Griff hat und sich nicht mehr darauf verlassen kann. Und das in dieser schwierigen Situation, wo der Populist Donald Trump wieder zulegt. In den Umfragen ist einfach eine Lage, die sehr vielen Menschen große Sorgen macht und wo der Druck zunimmt, auf beiden, Wo man sagt Mensch, warum? Du hattest vier Jahre lang Zeit, eine Nachfolge zu inthronisieren und zu befördern mit deiner Stellvertreterin Kamala Harris. Warum hast du das nicht gemacht? Machst jetzt verdammt noch mal auf den verbleibenden Metern vor der Wahl?

00:04:21: Lisa Fritsch: Na ja, dann müssen wir noch schauen, was dabei rauskommt. Aber jetzt in Bezug auf den NATO Gipfel ist das natürlich auch eine Gefahr, die dadurch entsteht. Du hast gesagt, er soll Stärke symbolisiert werden. Das würde ja damit eher nicht. Und ein Thema des Gipfels war ja eben auch die Unterstützung der Ukraine. Und vergangenes Wochenende hat ja die ehemalige NATO Strategin Stefanie Barbst bei uns hier im Podcast gesagt, dass es endlich ein härteres Vorgehen der NATO gegen Russland geben muss. Und auch du hast den Punkt mit schärferen Sanktionen gegen Russland angeführt. Konntest du da jetzt irgendwas in der Richtung erkennen? Also welches Signal sendet dieser Gipfel?

00:04:58: Florian Harms: Er versucht ein Signal der Stärke zu setzen. Sanktionen kann die NATO selber so nicht erlassen. Das wäre dann eher etwas für die Staatengemeinschaft oder beispielsweise für die EU. Aber ganz klar ist Man möchte die Ukraine stärker unterstützen. Vielleicht zwei, drei Punkte dazu. Das eine ist, dass man ein sehr geschicktes Manöver unternommen hat, auch vor dem Hintergrund dessen, dass möglicherweise Trump im November die Wahlen gewinnen könnte. Man hat nämlich jetzt gesagt, Die weitere Unterstützung für die Ukraine 40 Milliarden US Dollar im kommenden Jahr wird die NATO auf jeden Fall zur Verfügung stellen. Und das macht auch die NATO. Das macht also nicht Amerika als Leadership. Und das heißt, Donald Trump könnte dieses Geld nicht zurücknehmen. Außerdem bekommt die Ukraine mehr Luftverteidigung. Da sind fünf Patriotsysteme genannt worden, die man zusätzlich jetzt noch zur Verfügung stellen möchte. Und dabei ist auffällig, dass Deutschland auch wirklich vorangeht und hier auch als Führungsnation mittlerweile wahrgenommen wird. Und dann kann man wirklich sagen, ist das hier schon ein, sage ich mal, stärkeres Signal für die Unterstützung der Ukraine. Auch wenn klar ist, unterm Strich wird das naturgemäß alles noch nicht reichen.

00:06:10: Lisa Fritsch: Kannst du noch mal genauer erklären, wofür diese Patriotsysteme gedacht sind, wie die der Ukraine genau helfen?

00:06:17: Florian Harms: Wir haben ja vor wenigen Tagen diesen fürchterlichen russischen Angriff auf ukrainische Städte gesehen, darunter ein Kinderkrankenhaus in Kiew. Man geht auch davon aus, dass Putin das ganz bewusst zeitgleich zu dem NATO Gipfel so gestartet hat, diesen verbrecherischen Angriff um der NATO zu signalisieren Hört mal her, ihr könnt die Ukraine gar nicht schützen. Und umso mehr ist jetzt hier die Notwendigkeit begründet, dass man den Ukrainern mehr Luftverteidigung gibt. Diese Patriotsysteme sind in der Lage. Auch die tief liegenden Raketen von russischen Kampfflugzeugen abzuschießen und auch sogar russische Kampfjets, wenn sie sich denn in den ukrainischen Luftraum begeben. Es gibt weitere Systeme, die die Ukrainer brauchen, wie zum Beispiel Flugabwehrpanzer und einiges mehr. Da wird sicherlich noch mehr auf die NATO Staaten in Zukunft zukommen. Denn es ist ja so, es reicht nicht, dass man solches Material einfach mal zur Verfügung stellt, sondern es wird natürlich auch von den Russen gezielt angegriffen. Die Russen haben bekannt gegeben, sie hätten schon einzelne Komponenten von Patriotsystemen der Ukraine ausgeschaltet. Und das zeigt einfach es braucht nach und nach immer wieder weitere Unterstützung.

00:07:25: Lisa Fritsch: Und wir haben jetzt auch in Bezug auf die Folge vom vergangenen Wochenende sehr viele Hörer Zuschriften bekommen, Viel Zustimmung mit der ehemaligen stellvertretenden Natogeneralsekretärin, Frau Babs. Aussagen wie Endlich bringt es mal jemand auf den Punkt, dass mit diesem härteren Vorgehen gegen Russland und wenn wir uns auch eine Umfrage, die wir auf Online geschaltet haben, die zwar nicht repräsentativ sind, aber 12.000 Befragte abgestimmt anschauen, dann stimmen 65 % eben diesem strengeren Vorgehen zu. Es gibt aber eben auch kritische Stimmen, und die sollten wir auch nicht außer Acht lassen. Zum Beispiel Andrea schreibt in Bezug darauf Die NATO hat in puncto Russland eigentlich nichts zu sagen, denn Russland hat die NATO nicht angegriffen. Die NATO soll sich raushalten und nicht irgendwelche dummen Spekulationen von sich geben. Was sagst du dazu?

00:08:14: Florian Harms: Die sage Ich habe ja sehr viel Verständnis für Leserinnen und Lesern. Aber da muss ich sagen, ich finde diese Aussage dumm. Sie trifft überhaupt nicht zu, meiner Ansicht nach. Denn worum geht es denn hier? Es geht darum, dass die Ukrainer selbstbestimmt ihre politischen Entscheidungen treffen wollen und sich selbstbestimmt dem Westen und auch der NATO angenähert haben. Die NATO führt ja nicht selber aktiv jetzt Kriege und will Russland angreifen. Die NATO versteht sich. Und das ist hier auch noch mal sehr deutlich geworden in Washington als Verteidigungsbündnis. Und wenn ein Land sich um Hilfe suchend an die NATO wendet und sagt Wir brauchen eure Unterstützung, weil hier unsere Zivilisten beschossen werden, weil wir bedrängt werden von einem Aggressor, dann kann man dieses Land unterstützen. Es ist aber auch zugleich sehr klar und da kann man sicherlich vielleicht dann der Leserin entgegenkommen, dass die NATO noch mal deutlich gemacht hat, sie möchte und wird nicht mit eigenen Soldaten in der Ukraine oder gar auf russischem Gebiet gegen russische Soldaten kämpfen, sondern es bleibt dabei, dass man die Ukraine mit Waffen Material unterstützt.

00:09:18: Lisa Fritsch: Und trotzdem sagen jetzt ja auch immer Vertreter von der NATO, wenn immer vorgehalten wird, sie seien nicht so stark, dass sehr viel gemacht wird, also zum Beispiel auch der Ausbau der Ostflanke dort, die Brigade, die aufgebaut wird. Meinst aber, das reicht aus, Also kann die NATO Russland jetzt noch Paroli bieten?

00:09:36: Florian Harms: Also die NATO muss sich stärker wandeln. Sie ist aufgeweckt worden aus einem Dornröschenschlaf durch Putins Angriff auf die Ukraine 2022. Und wenn man noch mal zurückschaut vor zehn Jahren waren es von den Mitgliedsstaaten der NATO gerade mal drei, die das 2 % Ziel eingehalten haben, also 2 % vom Bruttoinlandsprodukt aufzuwenden für die Verteidigungsausgaben. Jetzt, zwei Jahre nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, sind es 23 der 32 Mitgliedsstaaten. Da sieht man schon, da hat sich enorm was entwickelt. Ist es verstanden worden in den NATO, Hauptstädten, auch in Europa, dass man mehr tun muss? Auch die deutsche Bundesregierung betrifft das, die ja viel zu lang die Bundeswehr hat verlottern lassen, vor allem unter den Merkel Jahren. Und jetzt in der mittelfristigen Haushaltsplanung hat auch die Ampelkoalition ganz klar gemacht Sie möchte bis 2028 80 Milliarden € des deutschen Steueraufkommens, also des deutschen Haushalts, für die Verteidigung investieren. Das wäre mal locker eine Verdopplung zurzeit vor einigen Jahren. Und da sieht man einfach, da wird mehr getan. Aber das heißt natürlich nicht, dass wenn man jetzt dieses Geld bereitstellt, dass dann das nötige Material wie beispielsweise Artilleriegranaten, Kampfjets, die Ausrüstung für Soldaten usw von jetzt auf gleich da wäre. Nein, das dauert Jahre und da sieht man eben auch, wie groß dieser Nachholbedarf ist.

00:11:01: Lisa Fritsch: Ja, aber wir sehen trotzdem das auch bei unseren Hörer Zuschriften, dass das wirklich so ein bisschen wie zwei Lager sind, wenn man sich die Zuschriften zuließe. Also ich kann auch noch mal eine zitieren, die wirklich auch Angst haben, dass doch was passiert, dass eventuell Putin auch mit Atomwaffen wirklich Realität macht. Horst meint zum Beispiel eine Aussage Die Meinung, Russland müsse zu Fall gebracht werden, was ja Frau Papst im Podcast gesagt hat, bedeutet in der Konsequenz nichts anderes, als einen großen Krieg in Europa vorsätzlich in Kauf zu nehmen, der uns alle in den Abgrund stürzen würde. Also wirklich, diese Angst vor dem Krieg, der Eskalation und ein weiteres Thema, wo sich die Mitgliedsländer jetzt ja beim NATO Gipfel auch nicht einig sind, ist der. Der Beitritt der Ukraine in die NATO. Wie hast du denn das wahrgenommen? Das ist doch wirklich gerade der Streitpunkt des Bündnisses, oder?

00:11:54: Florian Harms: Also zunächst einmal kann ich diese Sorge und die Angst vieler Hören und Hörer sehr gut verstehen. Und ich habe ja auch schon im Tagesanbruch verschiedentlich Bedenken geäußert, auch hinsichtlich des Plädoyers, dass man immer mehr und sofort ganz viel tut. Ich selber habe mich auch gegen die Lieferung von Taurus Marschflugkörpern an die Ukraine ausgesprochen, weil ich glaube, das könnte der Punkt sein, der über eine Grenze hinausgeht oder zumindest im Kreml so verstanden wird, weil diese Waffe kann tatsächlich bis zum Kreml schießen. Ich glaube, die Aufgabe für die NATO ist eine Gratwanderung und das gelingt auch hier. Das kann man schon sagen, dass man auf der einen Seite die Ukraine unterstützt, so weit das eben geht, aber auf der anderen Seite nicht zu weit geht, um tatsächlich diesen Aggressor Putin zu weit zu reizen. Ich habe Frau Babs, die du gerade zitiert hast, in unserem letzten Podcast so verstanden, dass es nicht darum geht, Russland als Land zu unterwerfen, sondern das Putin Regime so weit zu schwächen, dass es nicht mehr in der Lage ist als Aggressor andere Länder zu überfallen, möglicherweise sogar NATO Länder zu attackieren. Und das ist auch die Frage, um die es hier geht. Und mit Gratwanderung ist dann eben auch gesagt Ich kenne hier keinen, der sagt, die Ukraine muss sofort in die NATO eintreten, außer den Ukrainern. Die medizinische Delegation. Jens Stoltenberg tut das natürlich.

00:13:08: Lisa Fritsch: Er hat sich dafür ausgesprochen.

00:13:10: Florian Harms: Jens Stoltenberg hat sich schon dafür ausgesprochen, hat aber dann auch verstanden, dass das insbesondere in Berlin und in Washington jetzt nicht mitgetragen wird. Und Berlin und Washington sind die entscheidenden Städte jetzt, die vorangehen und den Kurs der NATO bestimmen. Die baltischen Staaten, die anderen osteuropäischen Staaten, schauen auch ein bisschen anders darauf und würden lieber früher als später der Ukraine diesen Schutz auch gewähren. Aber es ist eben klar Man kann der Mehrzahl der NATO Mitgliedsländer nicht erklären, dass man ein Land im Krieg aufnimmt und damit ja sofort auch die Ukraine noch viel stärker verteidigen müsste, beispielsweise mit deutschen Soldaten, die dann in Charkiw kämpfen müssten.

00:13:48: Lisa Fritsch: Also man guckt immer noch aufs Bündnis und schaut sich die verschiedenen Meinungen an und regiert da sozusagen nicht an den anderen vorbei, was ja eigentlich auch ein positiver Punkt ist. Und du hast jetzt auch gesagt, Scholz sticht auch als stärker hervor aus dem Bündnis, als er vielleicht hier in Deutschland wahrgenommen wird. Kommen wir jetzt mal so ein bisschen hinter die Kulissen von deiner Reise. Du hast ihn ja begleitet im Regierungsflieger. Wie war denn das? Wie lief diese Reise ab und was hast du so von ihm ein bisschen mitbekommen können?

00:14:19: Florian Harms: Also auffällig war, dass er sehr gut gelaunt ist. Und nicht nur er, sondern auch Frau Baerbock, die auch mit im Regierungsflieger saß. Ich habe den Eindruck, Scholz ist sehr froh darüber, dass diese schwierigen Haushaltsgespräche, die er mit Habeck und Lindner geführt hat, in den vergangenen Wochen glimpflich über die Bühne gegangen sind und die eine Lösung gefunden haben. Und es war wohl wirklich so, dass es da manchmal nah an den Koalitionsbruch voranging. Insofern wirkt er jetzt gelöst. Und du hast es gerade gesagt Tatsächlich ist die Wahrnehmung der deutschen Bundesregierung ganz anders hier im Ausland als im Inland. Also in Deutschland kann man ja jeden Tag lange klagen und lamentiert über die Bundesregierung, die Ampelregierung hören. Hier im Ausland, beispielsweise auf dem NATO Gipfel, wird Olaf Scholz mit seiner Regierung als Garant von Stabilität und Sicherheit in Europa wahrgenommen. Eben weil er die Ukraine so stark unterstützt, weil er das Verteidigungsbudget gesteigert hat, weil er verlässlich ist, weil er keine Alleingänge macht. Wieso früher in Boris Johnson, in Großbritannien oder in Viktor Orban in Ungarn.

00:15:20: Lisa Fritsch: Und jetzt noch mal ein bisschen mehr auf die Reise bezogen Wie ist man da so untergebracht? Bist du da jetzt Next door zum Bundeskanzler oder wie kann man sich das vorstellen?

00:15:29: Florian Harms: Nein. Also wir sind in einem anderen Hotel als der Bundeskanzler mit seiner Delegation untergebracht, aber die Wege sind hier kurz. Also wenn man aus dem Hotel rausgeht, ist man einen Katzensprung weiter am Weißen Haus. Alles hermetisch abgeschirmt hier in Washington. Da muss man dann sich durchbahnen. Es gibt ein riesiges Medien konferenzzentrum, wo der Gipfel stattfindet, und wir kriegen dann immer so Karten, mit denen man dann bestimmte Zugänge bekommt. Also zum Beispiel dazu, wenn eine Arbeitssitzung abgehalten wird. Das Schöne ist, es gibt dann Hintergrundgespräche, die kann man dann machen mit dem Bundeskanzler, mit dem Verteidigungsminister Pistorius, Außenministerin Baerbock. Das sind sogenannte unter drei Gespräche. Das heißt, wir Journalistinnen und Journalisten setzen uns dann mit denen zusammen, durchaus zu später Stunde auch mal bei einem Glas Wein. Und dann fragen wir die alles, was wir wissen wollen, und die erzählen dann das, was sie sagen wollen. Das Ding ist nur Das dürfen wir nicht eins zu eins so aufschreiben, sondern das dient unserer Information als Journalisten, damit wir die Situation besser einordnen, bewerten können. Wir müssen dann aber weiter recherchieren und gucken, wie wir so genannte Obertöne, also echte Töne bekommen, die uns bestimmte Dinge bestätigen, dass wir es dann auch so schreiben können. Und solche Hintergrundgespräche gibt es dann halt auch im Regierungsflieger, weil du danach gefragt hast, und da sitzt man ganz eng gedrängt in so einem winzigen Konferenzraum in dieser. Maschine. Und dann unterhält man sich dort. Und ja, das ist schon ein Privileg, das man hat, als Journalist so nah dran sein zu dürfen.

00:16:52: Lisa Fritsch: Und da würde mich jetzt mal interessieren, wie du ihn da so wahrgenommen hast in seiner Kommunikation. Denn wir haben auch einige Hörer Zuschriften bekommen, die eben genau das so ein bisschen bemängeln. Die Kommunikationsstrategie, das hatten wir jetzt ja schon öfter im Podcast zu Scholz und da schreibt ein Hörer. Die baltischen Staaten, Schweden, Finnland sind mit ihrer Kommunikation näher am Konflikt und auch an ihren Bürgern wie in Deutschland werden in Friedenswatte von Scholz gepackt. Mir fehlt der Blick auf die Kommunikationsstrategie unserer Regierung bezüglich der Auseinandersetzung mit Putin. Was sagst du dazu, dass wir in Friedens Watte von Scholz gepackt werden?

00:17:31: Florian Harms: Ja, ich würde es vielleicht nicht ganz so drastisch ausdrücken. Wobei, vielleicht würde ich das sogar hier und da in einem Tagesanbruch mal ähnlich formulieren. Und ich kann die Hörerin sehr gut verstehen. Es gibt tatsächlich einen gewissen Widerspruch vor dem Olaf Scholz, der vor den Kameras steht oder auch mal in einer Talkshow befragt wird einerseits und dem Olaf Scholz, den man dann in einer vertraulichen Runde zuhören kann. Was er nicht tut, ist Übertreibungen zu formulieren, auf die Pauke zu hauen, verbal richtig mal es krachen zu lassen. Das ist nicht die Mentalität von Olaf Scholz. Er denkt sehr langfristig, er denkt strategisch, er liest sehr viel, er versucht abzuwägen und dann vorsichtig zu formulieren. Und wenn er vor der Kamera steht, dann formuliert er umso vorsichtiger. Und dann versucht er eben auch, alle verschiedenen Milieus in der Bevölkerung zu adressieren. Auch durchaus jene, die es auch zum Beispiel unter SPD Anhängern gibt, die eben sehr kritisch schauen auf das Engagement der Bundesregierung, auch der Natostaaten im Ukrainekonflikt. Und so kommt dann diese gewisse Diskrepanz zustande, die die Leserin angesprochen hat.

00:18:37: Lisa Fritsch: Und so war das jetzt auch in den Gesprächen unter dreien, die du jetzt gerade erwähnt hast und beschrieben hast.

00:18:43: Florian Harms: Ja, ein bisschen ist das auch so gewesen. Man kriegt ihn auch in den Hintergrundgesprächen nicht dazu, dass er eben wirklich super prägnante Sätze sagt, so wie man die vielleicht von manchen anderen Personen kennt. Pistorius zum Beispiel ist durchaus deutlicher in seinen Formulierungen. Aber beim Kanzler kommt es darauf an, dass man die Zwischentöne hört, dass man, auch wenn man ihn regelmäßig begleitet, versucht rauszuhören, wie sich seine Kommunikation weiterentwickelt, wie er einzelne Begriffe wägt. Also zum Beispiel Der Begriff konstruktiv ist für ihn sehr wichtig. Er hat den Eindruck, dass wir gegenwärtig in einer Welt leben, in der es ganz häufig nur noch um Schwarz und Weiß geht, um vermeintlich richtig, vermeintlich falsch, Gut und Böse, der Populismus zunimmt und wo man sofort immer draufhaut und immer sagt Funktioniert alles nicht, ist alles falsch. Die da oben haben es überhaupt nicht im Griff, die müssen alle weg. So, und Scholz versucht, dem etwas Konstruktives entgegenzusetzen, indem er sagt Ja, die Probleme sind groß, aber dann müssen wir sie halt lösen. Dann müssen wir schrittweise an der Lösung der Probleme arbeiten. Und da kommen wir vielleicht nicht morgen schon dahin, dass alles abgeräumt ist. Aber vielleicht haben wir ein kleinen Teil gelöst. Und dann übermorgen nehmen Sie den nächsten Teil vor.

00:19:51: Lisa Fritsch: Ja, sehr interessant, was du da alles mitbekommen hast. Und du meintest auch vorhin, dass du solche speziellen Umhänge, Schilder und Ausweise bekommen hast. Wie wird man denn generell für so eine Reise als Journalist ausgewählt und wie viele dürfen da ungefähr mitreisen?

00:20:06: Florian Harms: Also man kann sich bewerben und das tun auch viele Journalistinnen, Journalisten von vielen Medien. Und dann wählt das Bundespresseamt aus und wählt meistens nach der Reichweite aus. Und da die Online eben so eine riesengroße Reichweite hat es ist ja nach der ARD das zweitgrößte Medium in ganz Deutschland, größer als Bild, als Spiegel, als alle, wie sie alle heißen, können wir in der Regel mit Reisen auf diesen Touren von Kanzler und Ministern und bezahlen dann natürlich auch einen Beitrag dafür. Also das ist nicht für lau und wir müssen durchaus auch bei den Flugkosten uns beteiligen. Aber wir sind dann eben sehr nah dran an den Regieren.

00:20:41: Lisa Fritsch: Und auch die anderen Kosten, so wie Übernachtung und Verpflegung müssen wir auch selbst tragen.

00:20:46: Florian Harms: Ja, das zahlen wir alles. Natürlich, das tragen wir alles selber bis zur Flasche Wasser. Und wir brauchen viele Flaschen Wasser, weil es hier so heiß ist.

00:20:53: Lisa Fritsch: Okay, dann lass uns zum Ende kommen. Ich hoffe, wir haben auch, um das Wort wieder aufzugreifen, konstruktive Inhalte den Hörerinnen und Hörern bieten können. Hier mit deinen Einblicken hinter die Kulissen des NATO Gipfels. Und wenn Ihnen dieses Gespräch gefallen hat, dann würden wir uns freuen, wenn Sie den Tagesanbruch Podcast auf Spotify oder Apple Podcast oder in einer Podcast App Ihrer Wahl abonnieren würden. Dann verpassen Sie nämlich auch keine neuen Folgen. Und für die Hörer, die jetzt bis zum Ende gehört haben, gibt es noch eine kleine Information vorab. Denn beim nächsten Mal wird hier keine Lisa Fritsch für Sie moderieren, weil ich nämlich heiraten werde und dann Lisa Raphael heiße. Also schon mal als kleine Vorwarnung fürs nächste Mal, damit Sie sich nicht wundern. Und wenn Sie noch eine Anmerkung oder Frage haben und hier auch in unseren Folgen zitiert werden möchten mit. Ihrer Meinung? Dann schreiben Sie uns doch gerne oder schicken Sie am besten auch eine Sprachnachricht. Dann können wir Ihre Aussage auch gleich hören, und zwar an die folgende Emailadresse. Podcasts at t minus online.de Podcast mit Mehrzahls und damit. Vielen Dank noch mal an Dich, Florian, und Ihnen da draußen fürs Zuhören. Ein schönes Wochenende und ciao!

00:22:04: Florian Harms: Lisa Ich glaube, ich spreche für viele Hören und Hörer, dass sie dir alles Gute wünschen für deinen großen Tag und du möglichst viel Sonne hast und ein großes, großes, rauschendes Fest. Und wir sehen uns dann wieder mit deinem neuen Namen. Ich freue mich drauf und nach draußen. Tschüss und bleiben Sie uns gewogen.

Über diesen Podcast

Der Nachrichtenpodcast von t-online zum Start in den Tag.

Im „Tagesanbruch“ ordnet t-online-Chefredakteur Florian Harms im Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen die wichtigsten Themen des Tages ein, analysiert und kommentiert – am Wochenende in einer tiefgründigeren Diskussion zu einem aktuellen Thema der Woche. Neue Folgen gibt es montags bis samstags ab 6 Uhr morgens.

Fragen, Anregungen und Kritik gerne an: podcasts@t-online.de

Den Tagesanbruch gibt es auch zum Nachlesen unter https://www.t-online.de/tagesanbruch

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von und mit Florian Harms

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