Tagesanbruch von t-online

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00:00:01: Lisa Fritsch: Hallo und herzlich willkommen zu Tagesanbruch die Diskussion für das Wochenende vom 10. Februar 2024. Ich bin Lisa Fritsch, moderiere diesen Podcast und diesmal wollen wir auf die Massenproteste gegen Rechtsextremismus blicken. Schon seit vier Wochen protestieren tausende Menschen in ganz Deutschland gegen die AfD und für die Demokratie. Auf einen dieser Demonstrationen hielt CDU Politiker Armin Laschet eine Rede, die auch bei Kritikern für Zuspruch sorgte. Darüber wollen wir heute mit Herrn Laschet reden und über die Fragen, was kann aus der Protestbewegung folgen? Können dadurch potenzielle AfD Wähler überzeugt werden, ihr Kreuz bei der nächsten Wahl woanders zu machen? Und für die Diskussion begrüße ich den CDU-Politiker Armin Laschet. Vielen Dank, Herr Laschet, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

00:00:49: Armin Laschet: Hallo Frau Fritsch, ich grüße Sie.

00:00:50: Lisa Fritsch: Und t-online Chefredakteur, Florian Harms.

00:00:53: Florian Harms: Hallo auch von mir. Hallo, ich freue mich auf die Diskussion.

00:00:56: Lisa Fritsch: Herr Laschet, Sie haben am vergangenen Wochenende eine Rede auf einer dieser Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in Ihrem Wahlkreis in Aachen gehalten. Für Ihre emotionalen Worte haben Sie großes Lob bekommen, auch von der SPD und Grünen. Ich habe jetzt mal einen Mitschnitt vorbereitet, den wir uns gleich anhören, damit auch alle Hörer wissen, wovon wir reden.

00:01:13: Ton aus Rede von Armin Laschet (Quelle: Tagesspiegel auf YouTube): "Man kann sagen na ja, so schlimm wird das schon nicht werden. So haben die Leute 1933 auch gedacht, bei der Reichstagswahl der letzten im November 1932 hatten die Nazis 2 Millionen Stimmen verloren. Sie hatten nur noch 33 %. Und dann wurde Hitler zum Reichskanzler erwähnt. Und alle haben manche gesagt Na, wir ernennen den jetzt mal, in zwei Monaten wird er quietschen, der wird keinen Erfolg haben. Und wissen Sie was in den zwei Monaten bis zu dem Zeitpunkt, wo er quietschen sollte, passiert ist? Ermächtigungsgesetz. Ende der Demokratie in Deutschland."

00:01:57: Lisa Fritsch: Sie haben in Ihrer Rede davor gewarnt, was passieren kann, wenn rechtsextreme Parteien erstarken und wie wichtig es auch ist, unsere Demokratie zu bewahren. Wie haben Sie denn die Stimmung vor Ort wahrgenommen?

00:02:07: Armin Laschet: Ja, das war eine der größten Kundgebungen, die wir je in Aachen hatten. Ich habe auch viele Menschen getroffen, die vielleicht zum allerersten Mal überhaupt auf einer Demonstration war. Es ist im Moment eine Atmosphäre, dass viele sagen, wir wollen unseren Teil dazu leisten, dass die AfD eben nicht immer weiter stärker wird. Und das geht quer durch die Gesellschaft, durch alle Parteien, durch Karnevalsvereine, durch Sportvereine, durch alles, was Zivilgesellschaft ausmacht. Und das ist etwas Neues.

00:02:41: Lisa Fritsch: Ja, Sie haben auch in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass die demokratischen Parteien zusammenhalten müssen. Lassen Sie uns vielleicht auch noch mal an der Stelle die Frage klären, warum die AfD nicht demokratisch ist. Florian Vielleicht fängst du an! Woran kann man das festmachen?

00:02:56: Florian Harms: Lisa, da gibt es viele Punkte und ich beginne einfach mal. AfD-Politiker machen einfach immer wieder deutlich, dass sie das demokratische System untergraben wollen. Ich erinnere mal an einen jetzt erst kürzlich bekannt gewordenen Vorfall. Da hat der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Hüning in Brandenburg den Satz gesagt "Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen." Und das wäre einfach ein Bruch mit dem Grundgesetz, Artikel 21, wo drinsteht, dass die Parteien an der politischen Willensbildung mitwirken. Oder ein anderes Beispiel. Beatrix von Storch: Sie hat sich dafür ausgesprochen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in Zusammenhang mit Migration und Islam einzuschränken sei. Und das ist ein klarer Angriff auf das Grundgesetz. Artikel 11, Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Ich könnte noch viele weitere Beispiele nennen, aber vielleicht zusammenfassend: Es betrifft eben nicht nur Einzelpersonen, sondern große Teile der AfD. Der Bundesverfassungsschutz Bericht 2022 sieht einfach in der AfD ein extremistisches Personenpotenzial von etwa 10.000 Menschen. Das sind so etwa 30 bis 40 Prozent der AfD-Mitglieder. Und dagegen hat die AfD dann eine Gerichtsentscheidung versucht zu erwirken. Und das ist gerade diese Woche abgelehnt worden. Man kann wirklich sagen, mit Fug und Recht, große Teile dieser Partei sind rechtsextremistisch und lehnen das deutsche demokratische System ab.

00:04:17: Lisa Fritsch: Aber meinen Sie denn beide, Herr Laschet und Florian, dass wirklich solche Gerichtsurteile wirklich etwas verändern können, auch bei den potenziellen Wählern, dass das ankommt?

00:04:27: Armin Laschet: Also erstens ist ja die Frage, mit welchen Mechanismen reagiert der Staat? Der Verfassungsschutz sagt, in drei Ländern ist sie als rechtsextremistisch, gesichert, rechtsextremistisch einzustufen. Das heißt in 13 Ländern noch nicht. Es gibt auch natürlich bei der AfD Personen, die nicht rechtsextrem sind. Aber die Gefahr mit all den Äußerungen, die wir haben, soeben zitiert hat, zeigt, wenn sie einmal Macht haben, werden Sie sie auch gegen die Demokratie ausnutzen. Und die zweite Entscheidung, das betraf von dieser Woche die Junge Alternative, also nicht die AfD selbst. Die ist als Verein organisiert, die Jugendorganisation, und die hat vor dem Gericht in Köln verloren. Das hat Konsequenzen. Eigentlich nur für die Frage: Kann man eine solche Jugendorganisation verbieten, ja oder nein? Das hält aber noch keinen Wähler davon ab, AfD zu wählen. Und deshalb müssen wir über das, was im Moment die Zivilgesellschaft auf die Straße bringt, auch politisch argumentieren. Was es bedeuten würde, beispielsweise bei der Europawahl, wenn eine Partei gewinnt, die will, dass Deutschland aus der Europäischen Union austritt, dann hat das solch gravierende Konsequenzen für jeden Einzelnen. Und diese politische Argumentation, die muss man jetzt führen.

00:05:44: Lisa Fritsch: Also diese Proteste machen ja jetzt auch darauf aufmerksam und man hat das jetzt auch in den Umfragen gesehen, dass die AfD auf jeden Fall Prozentpunkte verliert. Man kann das damit auch in Zusammenhang bringen. Aber meinen Sie denn wirklich, dass die Proteste auch nachhaltig darauf hinwirken? Ja, dass die Wähler immer skeptischer werden und auch am Ende ihr Kreuz woanders machen? Bei der nächsten Wahl zum Beispiel, jetzt bezogen auf die Landtagswahlen im Osten.

00:06:09: Armin Laschet: Naja, man weiß es noch nicht. Das erste ist einmal die AfD. Insbesondere Pegida hat bei ihren Demonstrationen immer gesagt, wir sind eigentlich die Mehrheit. Die Mehrheit denkt wie wir. Und das andere ist alles inszeniert. Jetzt haben Sie mal gesehen Nein, die Mehrheit der Deutschen denkt nicht so. In kleinen Städten, in den mittleren Städten, in großen Städten gehen Zehntausende, Hunderttausende auf die Straße, und das ist die Mehrheit. Die Mehrheit ist demokratisch. Nichtsdestotrotz gibt es immer noch Menschen, die AfD wählen, und denen kann man nicht durch Demonstrationen begegnen. Im Zweifel macht das die Leute noch wütender. Sondern nur durch Argumente. Und das ist ein mühsamer Weg. Bei der Europawahl finde ich, ist es noch relativ leicht, weil die überwiegende Mehrheit der Deutschen zufrieden ist mit der Einigung Europas, mit der gemeinsamen Währung, mit dem Binnenmarkt, mit den offenen Grenzen. Das ist für die meisten Menschen eher ein Gewinn als ein Nachteil. Aber bei den Landtagswahlen im Osten wird es halt schwieriger. Und da sind dann auch Persönlichkeiten gefragt, die auch in die Brennpunkte gehen und sich den Argumenten stellen.

00:07:18: Lisa Fritsch: Florian, die Frage an dich: Was folgt aus den Protesten?

00:07:21: Florian Harms: Ich möchte daran anschließen, was Sie, Herr Laschet, gerade gesagt haben, dass jetzt bemerkt wird in Deutschland, dass die schweigende Mehrheit eben eine klare Stimme und eine klare Haltung zu unserer Demokratie hat. Und die ist Demokratie-unterstützend, Demokratie-stärkend. Es ist ja leider Gottes so in so Krisenzeiten wie gegenwärtig, dass wir das erleben, was auch andere Demokratien erleben, sei es in Amerika oder in Italien oder in Frankreich. Dann beginnt sich die Gesellschaft zu polarisieren und die Extreme werden immer lauter. Man redet eher übereinander als miteinander, und das ganze Geschrei in den sozialen Medien ist groß. Und dann kommt schnell der Eindruck auf, das sei die wahre politische Debatte und das sei so die gefühlte Mehrheitsmeinung. Das ist natürlich nicht so, und deshalb finde ich es auch so wichtig, dass jetzt die Bürgergesellschaft wirklich ihre Stimme findet. Und eben, wie Sie es beschrieben haben, Herr Laschet, Menschen im ganzen Land auf die Straße gehen und sagen hier ist die Grenze, das machen wir nicht mit. Wir wollen nicht, dass eine Partei in Regierungsverantwortung kommt, die die Zugehörigkeit zu unserem Land an der Biologie festmacht und eben nicht am Staatsangehörigkeitsrecht und dann darüber schwadroniert, dass man Menschen deportieren müsse oder emigrieren müsse, wie sie es verklausulieren.

00:08:34: Lisa Fritsch: Also sehen Sie auf jeden Fall beide die Wahrscheinlichkeit eher, dass es die demokratische Masse, die jetzt die anderen Parteien wählt, mobilisiert und verstärkt als die potenziellen AfD Wähler.

00:08:46: Florian Harms: Es gibt natürlich ein Risiko dabei. Häufig bei solchen Bewegungen wie jetzt, dass viele Menschen auf die Straße gehen, dass sie sich engagieren, ist es auch so, dass das wieder abebbt. Das hat man an vielen Stellen in Protestbewegungen gesehen. Die wenigsten Protestbewegungen halten dann stand über einen großen Zeitraum. Deshalb ist es, glaube ich, so wichtig, dass man sich klarmacht. Es ist nicht damit getan, einmal auf eine Demonstration zu gehen, sondern eigentlich muss jetzt der nächste Schritt kommen. Dass man nämlich diese Diskussionen im Privaten führt, in der Familie, am Stammtisch, im Sportverein. Herr Laschet hat das gerade gesagt und dass man vielleicht sogar mit dem Gedanken spielt, sich selber politisch zu engagieren. Demokratie ist ja nichts, was die da oben machen. Demokratie ist eine Aufgabe für uns alle. Jeden Tag.

00:09:24: Lisa Fritsch: Ja und vor allem, auch wenn Herr Laschet angesprochen hat, dass er auch Leute zum ersten Mal demonstrieren sehen hat. Das ist ja auch auf jeden Fall ein Punkt, der dem zuspricht. Wenn wir jetzt aber auch schon mal beim Thema Landtagswahlen in Ostdeutschland sind und Florian, du hast den Aspekt erwähnt, dass ja solche Parteien in Europa immer radikaler werden. Das haben wir auch bei der AfD beobachtet in den letzten Jahren. Es ist ja auch teilweise dadurch passiert. Also Experten sagen das auch, dass man sie immer mehr ausgrenzt, umso radikaler werden sie. Und jetzt sagen Sie die Frage Herr Laschet, wie sehen Sie das in Ostdeutschland überhaupt noch, diese sogenannte Brandmauer dort einzuhalten? Oder ist es da noch realistisch, auf keine Zusammenarbeit zu setzen mit der AfD?

00:10:10: Armin Laschet: Ja, es gibt Mehrheiten jenseits der AfD, und die muss man mobilisieren. Das ist der Vergleich mit den europäischen Nachbarstaaten. Trägt auch begrenzt. Also, wenn Sie mal die Ministerpräsidentin Italiens nehmen: Von Meloni. Die ist proeuropäisch, die steht an der Seite der Ukraine. Die hat in der Innenpolitik Vorstellungen, die ich so nicht habe. Aber sie ist eine Demokratin, und sie hat sich eher in die Mitte entwickelt und nicht nach rechts und. Frau Le Pen in Frankreich distanziert sich jetzt von der AfD. Also unsere AfD in Deutschland, auch mit den Akteuren, die dort den Ton angeben, ist schon eine Spezialität in Europa und insofern ist das Heraushalten aus öffentlichen Funktionen. Das war ja der Appell meiner Rede. Sie haben jetzt eben den Ausschnitt genommen, der mit dem Ermächtigungsgesetz endete. Aber man kann vom 30. Januar bis 31. März alle drei, vier Tage irgendein Akt sich in Erinnerung rufen, wo die Demokratie außer Kraft gesetzt wird. Und deshalb, wenn sie irgendwo in Ostdeutschland mitregieren würde, dann bestimmt sie über Gesetze, über Verordnungen. Sie hat Zugriff auf die Einwohnermeldeämter, sie hat Zugriff auf die Benennung von Richtern auf und vieles, vieles mehr. Und das darf einfach nicht passieren. Und deshalb ist jetzt dieser Kampf wichtig.

00:11:31: Lisa Fritsch: Aber es gab ja jetzt auch schon in der Vergangenheit teilweise Zusammenarbeit in Ostdeutschland mit der AfD, auch von Ihrer Partei. Meinen Sie, das darf jetzt nicht mehr?

00:11:42: Armin Laschet: Die gab es nicht. Herr Ramelow hat da ab und an mal ein Gesetz mit der AfD durchgebracht. Das habe ich auch kritisiert. Es gibt keine Zusammenarbeit mit der AfD, nirgendwo.

00:11:50: Lisa Fritsch: Also da bleiben Sie stark bei dieser Aussage. Alles klar. Wenn Sie gerade Ihre Rede noch mal ansprechen, dort haben Sie ja auch den Vergleich mit der Machtergreifung Hitlers gezogen, wie wir es auch im Ausschnitt vorhin gehört haben. Mit solchen Vergleichen wird auch das Vorurteil bestärkt, AfD Wähler seien alle Nazis. Wenn man jetzt aber mal die Menschen fragt, die sich vorstellen könnten, die AfD zu wählen, könnten sie zum Beispiel folgendes sagen, wie es uns einer unserer Leser im Interview erklärte.

00:12:17: Ton Leser: Was mich am meisten ärgert, ist all das. Das ist ein Totschlagargument. Ja, die AfD, Nazi, rechts, rechtspopulistisch, demokratiefeindlich und damit sind jegliche Diskussion beendet. Weil dagegen können sie ja nichts machen. Und ich habe das mache ich oft. Dann sage ich ja, was würde denn passieren, wenn die jetzt gewählt werden? Warum sagt man ja, wir können nicht wählen, Sie nicht wählbar? Ja, und jetzt als Beispiel, die würden wir gewählt und uns anstellen. Den Kanzler. Was würde denn in Deutschland passieren? Dann frage ich dann immer Glauben Sie, dass da Konzentrationslager eröffnet werden, dass da Leute erschossen werden? Da sagt dann jeder na, einer, glaube ich auch nie. Na sehen Sie, das ist halt der Grund, warum ich sage, die AfD legt nicht nur den Finger in die Wunde, sondern ich finde schon, dass sie Lösungen anbieten.

00:12:58: Lisa Fritsch: Ja, die Frage an Sie, Herr Laschet, treibt man denn mit solchen Nazivergleichen wie in Ihrer Rede nicht die potenziellen Wähler noch mehr in die Arme der AfD?

00:13:06: Armin Laschet: Nein, ich habe auch keinen Nazivergleich gemacht. Wenn Sie die Rede ganz hören, sage ich am Anfang, dass natürlich 1933 nicht vergleichbar ist mit 2024 und dass natürlich die NSDAP nicht vergleichbar ist mit der AfD. Das darf man auch nicht machen. Man darf nicht jeden, der irgendetwas sagt, immer gleich zum Nazi erklären. Ich erkläre nur den Mechanismus, wie naiv man sein kann, wenn man jemanden Macht gibt. Und so war das 33, mit nur zwei Ministern ist ja Hitler in diese Regierung gegangen. Die anderen waren alle noch Demokraten. Und wie er es geschafft hat, in zwei Monaten die Demokratie auszusetzen. Das ist die These. Es heißt nicht, dass die Nazis sind wie damals. Aber das heißt, dass eine rechtsextreme Kraft es schafft, die Institutionen außer Kraft zu setzen. So, und was der Hörer da gerade gesagt hat, stimmt. Ich teile das auch. Man ist viel zu leicht mit dem Nazivergleich. Und manche auf der Linken tun ja dann gleich die halbe CDU, die CSU, die FDP gleich mit in diesen Topf. So kann man in Deutschland nicht diskutieren. Man muss den Kern dessen, was sie außer Kraft setzen wollen, das muss man benennen. Herr Harms hat eben einige Beispiele genannt. Das können Sie in jedem Land machen, das können Sie im Deutschen Bundestag in jeder Debatte hören, wie Sie drohen, was Sie tun, wenn Sie einmal die Macht haben. Sie drohen auch richtig. Wir werden aufräumen, wenn und dann kommen all die Dinge, die da zu benennen sind und dass sie aus der Europäischen Union austreten. Ja, alleine das ist schon ein Grund, eine solche Partei nicht zu wählen. Denn das wäre das Ende des Wohlstands in Deutschland, wenn man das wirklich durchziehen würde.

00:14:41: Florian Harms: Und Herr Laschet, deshalb fand ich auch Ihre Rede so beeindruckend, weil Sie das eben durch den historischen Vergleich wirklich in eine Dimension gerückt haben, die eigentlich jeder verstehen müsste. Man kann ja auch andere Vergleiche wählen. Lisa, also, wenn wir mal nach Polen schauen, was dort passiert ist, als die Rechtspopulisten an die Macht gelangt sind und wie schwer das jetzt ist, die nach einer demokratischen Wahl wieder aus diesen Positionen rauszunehmen und da eben andere Demokraten hinzusetzen. Oder wir schauen nach Amerika, was passiert, wenn Donald Trump die Wahl gewinnen sollte und wieder ins Weiße Haus einzieht. Der schmiedet jetzt schon Pläne gegen die Demokratie. Und das ist eben das, was ich, glaube ich, leider Gottes viele Menschen nicht klarmachen. Es ist nicht damit getan. Einfach mal aus Protest, weil einem die gegenwärtige Bundesregierung nicht passt oder Krise herrscht. Einfach mal eine radikale Partei zu wählen, damit man mal ein Zeichen setzt oder ein bisschen aufräumt. Wenn man das macht, dann öffnet man die Tore zur Hölle. Das ist so, das wird die Demokratie beschädigen.

00:15:36: Lisa Fritsch: Ja, genau. Dieser Frust ist eben oft das Argument der potenziellen Wähler. Und das ist eben so gefährlich. Vergangene Woche hat die AfD-Vorsitzende Alice Weidel mit ihrer Rede im Bundestag nach der Holocaust-Gedenkstunde ziemlich schockiert. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch dran erinnern oder ob Sie auch persönlich vor Ort im Bundestag waren, Herr Laschet. Kritiker werfen ihr vor, sie schüre Hass mit Aussagen wie dieser.

00:15:59: Ton Alice Weidel (Quelle: phoenix auf YouTube): Sie können Deutschland nicht gut regieren, und Sie wollen es nicht, Sie richten es zugrunde. Und ich sage Ihnen auch, warum. Weil sie ihr eigenes Land, weil sie Deutschland hassen. Diese Regierung hasst Deutschland.

00:16:15: Lisa Fritsch: Wie haben Sie, Herr Laschet oder auch du, Florian, die Rede wahrgenommen?

00:16:20: Armin Laschet: Ja. Wenn man sie das Wort Hass aussprechen hört, merkt man, was sie da bewegt. Also das richtet sich eher gegen sich selbst. Ich sage mal, wenn die Bundesregierung vernünftig regieren würde, wäre der Anteil der AfD auch kleiner. Also dieser ganze Frust kommt ja aus der Performance, auch der jetzigen Regierung. Also das wäre schon mal ein Beitrag, dass sie besser regieren. Dann wäre der Frust vielleicht weniger. Aber was sie da macht, ist eben diesen Frust der Menschen über die Regierung so zu nutzen. Und mit der Unterstellung, dass die Minister, die da sitzen, das Land hassen. Und das ist nun wirklich absurd. Ich finde, sie regieren schlecht. Aber keiner von denen hasst das Land. Jeder denkt, dass er etwas Gutes will. Jeder meint das gut, was er da tut. Und diese Grundunterstellung zeigt schon, dass das der Unterschied ist zu Demokraten. Demokraten streiten heftig, aber unterstellen dem anderen nicht, dass er das Land hasst. Und Frau Weidel setzt genau auf diese Rhetorik und sie produziert das natürlich für ihre sozialen Medien, gar nicht für den Bundestag. Für uns 700 Abgeordnete, die da sitzen, sondern das ist genau gezielt hinein in eine aggressive Social Media Aktivität, die sie sehr professionell betreiben.

00:17:42: Florian Harms: Das ein wichtiger Punkt, den ich unterstreichen möchte. Ich habe den Eindruck, die AfD nutzt die sozialen Medien so umfänglich und professionell wie keine andere Partei in Deutschland. Ich habe mir das schon 2017 angesehen. Da konnte ich mal in diese Medienzentrale der AfD im Bundestag gehen und mal da Mäuschen spielen und habe gesehen, wie ihr Menschen dort quasi eine ganze Trollarmee kontrollieren und dann eben Befehle erteilen. Jetzt alle auf die jetzt auf dieses Thema und hier sind. Die Argumente sind die Sharing Cards. Und da werden dann eben solche Reden wie jetzt von Frau Weidel mannigfach inszeniert, um die eigenen Anhänger anzusprechen und dieses Narrativ zu bedienen. Guck mal hier, wir sind die einzigen, die Klartext reden und die denen, die das Land in die Krise reiten, jetzt mal richtig Kontra geben. Und das ist gefährlich, weil es nicht nur die Personen angreift, sondern es greift die Institutionen an! Die AfD äußert sich nicht nur im Hinblick auf die Bundesregierung so, sondern auch im Hinblick auf den Bundesverfassungsschutz, auf das Bundesverfassungsgericht, auf viele andere Institutionen in unserem Land. Sie untergräbt deren Legitimität.

00:18:45: Lisa Fritsch: Ja, damit würde ich das Gespräch an dieser Stelle schließen. Ich finde, wir haben auf jeden Fall viele Aspekte rund um die Proteste gegen Rechtsextremismus und auch die AfD und der Aspekt mit dem nicht demokratischen erarbeitet. Wenn Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, noch eine Frage, eine Anmerkung oder vielleicht auch einen Themenwunsch haben, können Sie uns gerne schreiben an Podcasts@t-online.de. Podcast hier mit Mehrzahl S. Und ja, damit bedanke ich mich ganz herzlich bei Ihnen fürs Zuhören. Wenn Ihnen diese Diskussion gefallen hat, abonnieren Sie gerne den Tagesanbruch Podcast. Dann verpassen Sie nämlich keine Folge. Und auch einen großen Dank an Ihnen, Herr Laschet, für das Gespräch und Ihre Zeit heute und auch an Dich, Florian, für deine Einschätzungen. Vielen Dank fürs Zuhören und ein schönes Wochenende. Tschüss.

00:19:28: Armin Laschet: Tschüss.

00:19:30: Florian Harms: Tschüss und bleiben Sie uns gewogen und bleiben Sie bitte stabil.

Über diesen Podcast

Der Nachrichtenpodcast von t-online zum Start in den Tag.

Im „Tagesanbruch“ ordnet t-online-Chefredakteur Florian Harms im Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen die wichtigsten Themen des Tages ein, analysiert und kommentiert – am Wochenende in einer tiefgründigeren Diskussion zu einem aktuellen Thema der Woche. Neue Folgen gibt es montags bis samstags ab 6 Uhr morgens.

Fragen, Anregungen und Kritik gerne an: podcasts@t-online.de

Den Tagesanbruch gibt es auch zum Nachlesen unter https://www.t-online.de/tagesanbruch

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von und mit Florian Harms

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