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00:00:01 LISA FRITSCH
Hallo und Herzlich Willkommen zu Diskussionsstoff für das Wochenende vom 16. Dezember 2023. Die Haushaltskrise ist vorerst gelöst, aber was bedeuten die Beschlüsse konkret? Wird dadurch alles noch teurer? Und wie stabil ist die Ampelregierung jetzt noch?
00:00:18 LISA FRITSCH
Ich bin Lisa Fritsch, moderiere diesen Podcast. Und da das in diesem Jahr die letzte Podcast-Folge ist, blicken wir am Ende schon mal voraus auf 2024, was das neue Jahr so bringen kann. Aber erstmal begrüße ich für die Diskussion den Chefredakteur von T-Online, Florian Harms.
00:00:34 FLORIAN HARMS
Hallo Lisa und an alle, die uns zuhören.
00:00:36 LISA FRITSCH
Und unseren Wirtschaftschef bei T-Online, Florian Schmidt.
00:00:40 FLORIAN SCHMIDT
Hallo Lisa.
00:00:42 LISA FRITSCH
Ja, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist jetzt so ungefähr vier Wochen her. Viele finden, dass sich die Haushaltsverhandlungen ganz schön in die Länge gezogen haben. Aber Bundeskanzler Scholz hat das beim Pressestatement diese Woche etwas beschönigt.
00:00:54 TON BUNDESKANZLER OLAF SCHOLZ
Solche schwierigen Haushaltsgespräche dauern in der Regel mehrere Monate. Wir haben sie nun innerhalb einiger Wochen geführt.
00:01:03 LISA FRITSCH
Lasst uns erstmal erklären, was ändert sich jetzt genau im Haushalt für das nächste Jahr und was bedeuten die Beschlüsse für die Bürger?
00:01:10 FLORIAN SCHMIDT
Ja es heißt es tatsächlich, dass einige Dinge noch einmal etwas teurer werden können. Das liegt vor allem daran, dass die Ampelregierung es nicht vermocht hat, das 17-Milliarden-Haushaltsloch allein durch Einsparungen zu stopfen oder durch, was ja auch in der Diskussion war, ein abermaliges Aussetzen der Schuldenbremse im größeren Rahmen, sondern sie muss sich das Geld jetzt auch bei den Bürgern ein bisschen holen. Und zwar über einen höheren CO2-Preis. Der sollte ursprünglich steigen von 30 auf 40 Euro je Tonne CO2. Jetzt steigt er zum 1. Januar auf 45 Euro. Das heißt also, wir haben da einen Anstieg von 50 Prozent und im Jahr darauf soll er abermals um noch weitere 10 Euro auf 55 Euro pro Tonne steigen. Was heißt das jetzt konkret? Heizen, tanken und an anderer Stelle auch betroffen Strom werden teurer in Deutschland. Der ADAC hat das schon mal vorgerechnet. Je nachdem, ob man Diesel oder Benzin tankt, kann das pro Liter eine Zusatzbelastung dann sein für alle Autofahrer von 1,4 bis 1,6 Cent pro Liter. Das heißt also insgesamt wird durch den sowieso schon vorher beschlossenen Anstieg beim CO2-Preis von 30 auf 40 Euro, wird dann also Benzin und Diesel bis zu 4,7 Cent je Liter zum 1. Januar teurer. Und beim Heizen heißt das, für eine Musterfamilie mit einem Jahresverbrauch von um die 20.000 Kilowattstunden, dass sie, wenn sie mit Gas heizt, um die 80 Euro pro Jahr mehr bezahlen muss. Und wenn sie eine Ölheizung hat, dann sogar um die 96 Euro mehr zahlen muss.
00:02:47 LISA FRITSCH
Und bei den E-Autos gibt es auch Einsparungen. Was war da genau geplant?
00:02:52 FLORIAN SCHMIDT
E-Autos wird es auch so sein, dass die Ampel etwas spart. Und zwar bei den Förderungen. Es gab ursprünglich festgelegt noch bis ins Jahr 2025 eine Förderung beim Kauf. Die soll nun früher auslaufen. Das ist nicht genau spezifiziert worden bislang. Allerdings man rechnet damit, dass es dann jetzt eben so vielleicht schon zur Mitte des nächsten Jahres dann keine Förderung mehr geben soll. Das heißt, alle, die sich ein E-Auto kaufen wollen, müssen sich quasi beeilen. Denn da läuft das in der Regel so, wenn der Topf leer ist, ist er leer.
00:03:21 LISA FRITSCH
Aber meint ihr nicht, dass das eigentlich eher eine negative Entwicklung für den Klimaschutz ist? Ich meine gerade der Umstieg auf E-Autos ist doch essentiell, oder?
00:03:31 FLORIAN HARMS
Sowohl als auch. Also natürlich wäre es wünschenswert, wenn mehr Menschen mit einem E-Auto rumflitzen würden, statt mit Benzinverbrennern oder Dieselverbrennern. Aber es geht eben nicht anders. Mehr Geld ist da jetzt nicht übrig. Und das, was Florian gerade zu dem CO2-Preis gesagt hat, ist einerseits eine Belastung für alle Bürger. Andererseits ist dieser CO2-Preis natürlich auch ein Steuerungsinstrument, um den Klimaschutz voranzubringen. Und der höhere CO2-Preis, der jetzt wieder eingeführt wird, entspricht auch den ursprünglichen Plänen, auch der Vorgängerregierung. Die hatte das nämlich genauso eigentlich mal angedacht.
00:04:04 LISA FRITSCH
Schauen wir mal auf das politische Ausmaß. Wer hat denn sozusagen die größten Einbußen hinnehmen müssen, würdet ihr sagen?
00:04:13 FLORIAN HARMS
Insgesamt ist diese Einigung denke ich ein typischer Kompromiss, den man eben in so einer Demokratie, einer Parteiendemokratie wie Deutschland dann aushandelt. Und erst recht, wenn drei Parteien daran beteiligt sind. Ich würde sagen, es gibt jetzt keinen ganz klaren Gewinner. Jede der drei Parteien musste ein paar Zugeständnisse machen, konnte sich bei manchen Punkten aber auch durchsetzen. Wenn man jetzt mal so reinhorcht, Lisa, in die Journalistenblase hier im Regierungsviertel und im Zentrum von Berlin, dann ist es schon so, dass viele Kolleginnen und Kollegen, die da als Reporter unterwegs sind, sagen, naja, der Christian Lindner ist da schon ganz gut bei weggekommen, weil er konnte eigentlich zumindest formal durchsetzen, dass eben das, was er auf gar keinen Fall wollte, beschlossen wird. Nämlich keine Steuererhöhungen und auch kein Aufbrechen der Schuldenbremse.
00:05:02 FLORIAN SCHMIDT
Da muss ich dir an der Stelle da ein bisschen widersprechen würde, Florian. Denn tatsächlich hat auch die hat auch Christian Lindner durchaus etwas schlucken müssen. FDP, Nämlich es wird eine neue Steuer sogar erst geschaffen. Und zwar und das haben wir eben die, noch gar nicht auf innerdeutsche angesprochen, Flüge kommt eine neue Kerosinabgabe dazu. Bei internationalen Flügen wird das nicht der Fall sein. Allerdings bei innerdeutschen wird eine Kerosinsteuer jetzt eingeführt. Die gab es vorher nicht. Und genauso wird eine neue Plastiksteuer kommen. Die ist per EU-Verordnung sowieso schon in Kraft. Allerdings jetzt müssen es eben auch die Unternehmen dann zahlen. Bislang hat das der Bundeshaushalt gestemmt und nach Brüssel überwiesen. Das kommt jetzt schon dazu. Das heißt also auch Christine Lindner hat an dieser Stelle einstecken müssen, dass es eine ganz neue Steuer damit gibt. Und bei der das ist formal so. Schuldenbremse, ja, Es gibt jetzt erstmal keinen neuen Ausnahmetatbestand für die Schuldenbremse, aber eben doch einen Prüfauftrag. Und das heißt, dass die Ampel sehr wohl noch im kommenden Jahr, womöglich jetzt auch schon gleich zu Beginn, mit Blick auf die Milliarden aus dem Ahrtal-Aufbaufonds, eine weitere Ausnahme der Schuldenbremse beschließen kann. Sicher ist das noch nicht, aber es ist nicht ausgeschlossen. Und manche wiederum bei der SPD und bei den Grünen sagen, doch, doch, das ist schon ziemlich wahrscheinlich, dass wir das machen werden müssen.
00:06:16 FLORIAN HARMS
Und da setzt ja auch die Kritik an, denn die nennen das nicht so, sondern sie nennen es jetzt Überschreitungsbeschluss, so nennen sie das jetzt. Und das ist natürlich fast schon diese Orwellsche Sprache. Man verschleiert etwas, was man eigentlich meint und de facto wird es dann doch irgendwie über die Hintertür eingeführt. Und da kann man schon harte Kritik dann üben.
00:06:37 LISA FRITSCH
Bleiben wir mal beim Thema Schuldenbremse. Denn in den Wochen vor jetzt dieser Entscheidung, diese Woche, gab es ja auch viele Experten, wie zum Beispiel Marcel Fratzcher, der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die eben darauf hingewiesen haben, dass mehr Investitionen anstatt der Einhaltung der Schuldenbremse gut gewesen wären für unsere Wirtschaft. Im ARD-Morgenmagazin sagte Fratzcher zum Beispiel.
00:06:59 TON MARCEL FRATZCHER, PRÄSIDENT DES DEUTSCHEN INSTITUTS FÜR WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
würde im Augenblick eine weitere Notlage machen. Der Staat soll sich das Geld leihen und soll dann einen klaren Plan haben, wie über die nächsten zehn Jahre die Schulden wieder so reduziert, dass sie mit den Regeln vereinbar sind. Das halte ich wirtschaftlich jetzt in diesen schwierigen Zeiten für den allerbesten Weg.
00:07:15 LISA FRITSCH
Also würdet ihr persönlich sagen, dass das Einhalten der Schuldenbremse wirklich so die richtige Entscheidung ist für die Lage, die wir momentan haben, um auch im internationalen Wettbewerb bestehen zu können?
00:07:26 FLORIAN SCHMIDT
Ich persönlich würde sagen, das das richtig ist. Denn tatsächlich hat die Schuldenbremse die Ampel jetzt dazu einfach gezwungen, noch einmal stärker zu priorisieren. Es ist ja nicht dass so, die Schuldenbremse jetzt dazu führt, dass beispielsweise der Klima- und Transformationsfonds, der auch den Grünen und dem Wirtschaftsminister Robert Habeck sehr wichtig ist, komplett zusammengestrichen wäre. Auch jetzt nach der Einigung im Haushaltsstreit nicht. Da ist immer noch sehr viel Geld drin. Es werden auch weiterhin Investitionen, wie es Herr Habeck sagt, wie es die Grünen sagen, möglich sein. Zugleich allerdings müssen wir auch immer wieder sehen, in der Vergangenheit wurden Dinge als Investitionen deklariert, die am Ende allerdings doch eher Subventionen waren, Förderungen für Unternehmen, die diese Unternehmen womöglich aber auch selber hätten stemmen können. Beispielsweise, wenn man dafür die richtigen Rahmenbedingungen setzt. Diese Chipfabrik, von der jetzt immer wieder die Rede ist, von Intel, die im Übrigen mit Klimaschutz an der Stelle gar nicht so viel zu tun hat, sondern eher damit, dass wir uns von den Chinesen etwas unabhängiger machen wollen, von Lieferketten für Mikrochips. Die hätte womöglich auch eine Firma wie Intel in Deutschland selber angesiedelt. Wären denn die Rahmenbedingungen hier besser? Beispielsweise die Steuern niedriger? Wären etwa die Bürokratiehürden nicht so hoch? Das muss man nicht immer über solche Fördermittel machen. Man sagt dann immer, diese Förderungen sind Investitionen, aber das müssen sie nicht unbedingt sein.
00:08:51 FLORIAN HARMS
Zugleich, Lisa, gibt es natürlich, wie ich finde, berechtigte Kritik an der Art und Weise, wie die Schuldenbremse in Deutschland gilt. Die ist aus guten Gründen eingeführt worden, damit eben künftige Generationen nicht zu sehr belastet werden und nicht irgendwann unter der Schuldenlast erdrücken. Gut und richtig so. Aber wo genau man die Zahl festmacht, wie viel Prozent soll denn der Schuldenberg anwachsen dürfen oder auch nicht anwachsen dürfen, darüber muss man schon reden können. Der Haken ist eben, das kann die Bundesregierung nicht einfach einseitig festlegen, sondern dafür bräuchte sie eine Mehrheit, bei der die Union auch eine Rolle spielt. Also sie müsste CDU und CSU dafür ins Boot holen. Und die verweigern sich natürlich gegenwärtig.
00:09:31 LISA FRITSCH
Erstmal noch kurz ein Kommentar zu dir, Florian, mit den Investitionen fand ich interessant, weil man muss es ja wirklich immer differenziert betrachten. Also es geht einerseits um Arbeitsplätze, damit kann man natürlich punkten und argumentieren. Aber andererseits sind es halt Riesenkonzerne, denen man Geld gibt. Ja, noch mal kurz ein Aspekt zur Schuldenbremse, die ja jetzt eingehalten wird, weil eben auch Einsparungen für den Klimaschutz getätigt werden. Da gab es diese Woche noch eine Diskussion zu einem Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro. Also so wie das für die Bundeswehr. Was sagt ihr da? Wäre das eine Methode, um die Schuldenbremse zu umgehen sozusagen?
00:10:11 FLORIAN SCHMIDT
Tatsächlich steht das jetzt in der Debatte, allerdings mehr in einem ökonomischen Vorfeld, würde ich sagen. In der Politik und auch innerhalb der Ampelkoalition haben das gar nicht so viele Leute dann auch befürwortet, weil eben klar ist, dass die FDP in diesem Verhalten auch gar nicht mitmachen wollen würde. Und, weil man, auch wie du eben gesagt hast, Florian, bei der Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse insgesamt auch dafür womöglich die CDU bräuchte. Denn ein Sondervermögen, so wie es im Falle der Bundeswehr geschaffen wurde, müsste auch im Grundgesetz verankert sein und dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit. Die ursprünglichen Sondervermögen im Rahmen der Schuldenbremse
00:10:50 FLORIAN HARMS
Urteil so nämlich nicht mehr möglich. Und da, Lisa, sehen wir natürlich auch die Schwierigkeit, denn Deutschland ist gegenwärtig so vielen großen grundlegenden Herausforderungen ausgesetzt, dass schon absehbar ist, dass sich das dauerhaft nicht alles aus dem regulären Haushalt bewältigen lässt. Der Bundeskanzler Scholz hat das ja angedeutet. Sollte im nächsten Jahr die Lage an der ukrainischen Front prekärer werden, sollten sich die Russen weiter durchsetzen. Und in Amerika verändert sich der Ton und möglicherweise kommt nicht mehr die Form der Militärhilfe aus Washington wie bislang. Dann wird Deutschland zwangsläufig mehr machen müssen und wird auch mehr Geld brauchen, um die Ukrainer zu unterstützen. So, jetzt kommt das Klima. Wir haben das gerade gesehen bei dem großen Weltklimagipfel in Dubai. Das ist ja schön und gut, dass man sich dort geeinigt hat. Aber was folgt denn jetzt daraus? Das werden riesige Investitionssummen sein, die es dort braucht, die auch Deutschland braucht, um diese Transformation zu schaffen. Summendie sein, es dort braucht, die auch Deutschland braucht, um diese Transformation zu schaffen. Und da ist schon das klar, wird vorn und hinten nicht klappen mit den gegenwärtigen Investitionen im normalen Haushalt. Also wir werden früher oder später wieder darüber dass reden, es eine Form von Sonderetat braucht oder eben doch nochmal die Schuldenbremse in Frage
00:12:04 LISA FRITSCH
Und es gibt ja jetzt auch noch keine wirkliche Klarheit, was über 2024 hinaus investiert wird. Denn diese Woche, diese Entscheidung war ja eben nur für kommendes Jahr. Ihr hattet jetzt gerade schon die CDU angesprochen und in Bezug auf die Klage, die sie ja eingereicht hatten. Wie wahrscheinlich ist es denn jetzt, dass die CDU nochmal gegen diesen Haushaltsbeschluss klagt? Ist das jetzt relativ unwahrscheinlich, eben weil die Schuldenbremse eingehalten wird?
00:12:24 FLORIAN HARMS
Also nach allem, was ich gehört halte habe, ich das für relativ unwahrscheinlich, eben weil die Schuldenbremse eingehalten wird? Also nach allem, was ich gehört halte habe, ich das für relativ unwahrscheinlich. Das kann schon sein, dass die das als taktisches Manöver machen. Aber zweierlei gebe ich da zu bedenken. Das eine ist, dass die Planer in der Bundesregierung, in den Ministerien jetzt wirklich sehr akribisch darauf geachtet haben, dass sie bei ihren Planungen dem Urteil entsprechen. Weil die sich das dann gar nicht erlauben können, dass sie nochmal vom Bundesverfassungsgericht derart abgewatscht werden. Das wäre fast schon ein Rücktrittsgrund für Bundeskanzler Scholz. Also das weiß ich, die gucken da akribisch drauf und sagen auch zu Recht, dass die Formulierungen in diesem Urteil so grundlegend sind, dass die weitreichende Folgen nicht nur für den Bundeshaushalt, sondern auch für andere Haushalte in Deutschland haben werden. Das Zweite ist, die Union würde sich das zweimal überlegen, ob sie nochmal dagegen vorgeht, weil sie ja auch irgendwann wieder in die Macht kommen will und dann müsste sie unter denselben Gegegenheiten kämpfen. Also die haben da eigentlich kein Interesse daran, noch schärfere Bedingungen in Deutschland einzuführen.
00:13:18 FLORIAN SCHMIDT
Hinzu kommt, dass tatsächlich ja auch jetzt schon die Ampelspitzen gesagt haben, dass sie zumindest, was das Ahrtal angeht, was die Gelder angeht, die in dem Ahrtal-Fonds noch drin sind und die sie jetzt über diesen Trick des Übertragungsbeschlusses dann doch wieder quasi im Rahmen der Schuldenbremse dann im nächsten Jahr möglich machen wollen, dass sie in diesem Fall auf die Union auch zugehen wollen. Das heißt also dort dann auch möglichst die, wie man so schön sagt, abholen möchte, dass sie eben dagegen nicht klagt. Deswegen halte auch ich das für eher unwahrscheinlich, dass da eine weitere Klage dann quasi im Raum steht.
00:13:52 LISA FRITSCH
Ja, obwohl die Stimmung, wenn man sich so Bundestagsdebatten anguckt, doch sehr aufgeheizt ist.
00:13:57 FLORIAN HARMS
Lisa, das ist aber ein Stück weit Theater. Das müssen die ja so machen, da entsprechen die dann ihrer Rolle. Da muss der Oppositionsführer ordentlich auf die Pauke hauen und dann haut halt der Kanzler zurück. Das müssen die ja so
00:14:06 LISA FRITSCH
Ist ja auch gut und wir haben auch durch unsere Analyse jetzt zum Haushalt gemerkt, dass die Ampel vielleicht an einigen Stellen auch ein bisschen besser kalkulieren hätten könnte, schon in der Vergangenheit. Florian Harms, du hast es angesprochen, das könnte natürlich auch ein Grund sein, warum das Vertrauen in die Ampel jetzt so stark gesunken ist. Und diese Woche hatten wir noch eine zweite Nachricht in Bezug auf die Stabilität der Ampel. Und zwar startet die Bundesspitze der FDP eine Mitgliederbefragung mit der Frage, ob die Partei die Koalition mit der SPD und den Grünen beenden soll. Meint ihr denn, dass es realistisch ist, dass die FDP aussteigt?
00:14:45 FLORIAN SCHMIDT
Da müssen glaube vor allem erstmal ja nicht die Bundesspitze hat wir, das von sich ich, aus so sondern präzisieren, sie wurde dorthin gedrängt. getan, Es gibt den Wunsch nach einem Mitgliederentscheid und dem entspricht die Bundesparteispitze weil da genügend Leute für unterschrieben haben. jetzt, Deswegen müssen die das jetzt machen. Dazu allerdings wichtig, dass dieses Votum nicht bindend ist. Das heißt auch, was dabei herauskommen mag, ist dann nicht dass so, die Partei das dann umsetzen muss. Politisch allerdings wird es natürlich schwierig, sollte dann ein solches Ergebnis dabei rauskommen, dass die Basis und die ist bei der FDP wie in allen Parteien immer etwas rebellischer als die Spitze. Wenn die dafür dann doch sind, wird es doch für die Spitze um Lindner schwierig, dann auch zu sagen, okay, wir bleiben jetzt hier dabei. Insofern kann es schon sein, dass es davon Auswirkungen gibt.
00:15:31 FLORIAN HARMS
ich habe auch den Eindruck, dass diese drei Ampelparteien jetzt unter maximalem Druck stehen. Denen ist es jetzt schon gelungen, ihre Einigung einigermaßen über die Bühne zu bringen und zu vermitteln, dass sie eben noch gut zusammenarbeiten können. Aber dieser ganze Prozess und auch das öffentlich übereinander reden, sich gegenseitig kritisieren, das hat schon Spuren hinterlassen. Und deshalb ist es so, die sind abgestürzt in den Umfragen. Also die drei Ampelparteien SPD, Grün und FDP sind jetzt noch so stark wie die Union alleine, also CDU und CSU. Das Zutrauen der Bürger in den Bundeskanzler ist massiv gesunken. Das sind die schlechtesten Werte, die je ein Kanzler in Deutschland hatte. Und damit müssten die jetzt natürlich umgehen. Also die werden sich sehr genau überlegen, wie sie dieses schwierige Jahr 2024, über das wir ja gleich noch reden können, bewältigen oder halbwegs unbeschadet durchkommen. Ich glaube, keine der drei Parteien hat ein Interesse daran, dass die Koalition jetzt platzt, denn bei etwaigen Neuwahlen würden die alle drei abgestraft.
00:16:31 FLORIAN SCHMIDT
gebe dir da völlig recht, Florian, ich sehe das genauso. Alle würden verlieren. Bei der FDP ging es sogar darum, ob sie womöglich aus dem Bundestag rausflöge. Die sind immer so jetzt zwischen fünf und sechs Prozent, manchmal auch sieben Prozent in Umfragen. Da geht es dann am Ende tatsächlich um die Existenz im Bundestag. Die SPD würde aller Voraussicht nach den Kanzler verlieren, für den sie wahnsinnig viel hergegeben hat. Das würden die auf keinen Fall wollen. Und auch bei den Grünen steht dann quasi zur Debatte, ob sie bei einer kommenden Regierung überhaupt wieder dabei sein würden. Das heißt also, die werden bis zum Schluss wahrscheinlich das Ding dann durchziehen, bis zur nächsten regulären Wahl und hoffen, dass es jetzt eben etwas besser läuft. Es gibt auch Ampelregierungen, beispielsweise die in Rheinland-Pfalz, die haben erst ab der zweiten Hälfte der Legislatur dann auch gut zusammengearbeitet und da wurde es alles ein bisschen entspannter. Vielleicht ist das jetzt die Hoffnung bei dem einen oder anderen innerhalb der Ampelregierung, ob es so kommen wird. Ich habe da meine Zweifel.
00:17:24 LISA FRITSCH
Also die Stabilität der Ampel ist auf jeden Fall angeknackst. Würdet ihr denn sagen, dass es so diese Haushaltskrise jetzt einer der Hauptpunkte war oder ist es auch generell einfach dieses Zusammenwürfeln von drei unglaublich verschiedenen Meinungen und Ansatzpunkten?
00:17:39 FLORIAN HARMS
Lisa, ich glaube, es ist genau das. Die sind einfach so unterschiedlich in ihren Vorstellungen und auch in ihrer Weltsicht. Also allein die beiden gegensätzlichen Pole, FDP und Grüne, die schauen so unterschiedlich auf die Lage und haben so unterschiedliche Konzepte, dass es enorm schwierig ist, das immer unter einen Deckel zu bekommen. Und dann noch die SPD mit ihrer großen Sozialader, alle drei jetzt unter maximalem Druck. Das ist wirklich schwierig. Alle drei jetzt unter maximalem Druck. Das ist wirklich schwierig. Andererseits ist das doch toll, weil diese drei Parteien verhandeln eigentlich stellvertretend für die unterschiedlichen Milieus und die unterschiedlichen Begehrlichkeiten in der Bevölkerung einen Kompromiss. Und das gebe ich auch zu bedenken, wenn dann immer wieder so hart kritisiert wird. Ich mache das zum Teil selber ja auch, wenn ich dann hart kritisiere, dass sie sich vielleicht kommunikativ wirklich unterirdisch verhalten. Und das kann man auch wirklich mal richtig kritisieren. Aber dass die grundsätzlich da oben in der Regierung sich immer wieder zusammenraufen und immer wieder Lösungswege finden für sehr unterschiedliche Sichten auf die Lage, das ist schon eigentlich gut und das entspricht unserem demokratischen Modell.
00:18:44 LISA FRITSCH
Obwohl wenn Ja, man sich jetzt die Mehrheiten wie anguckt, ihr ja beide schon gesagt habt, es ist ja eher nicht mehr die Mehrheit der Bevölkerung.
00:18:53 FLORIAN HARMS
Aber es ist womit die mal angetreten wofür die Bevölkerung sich mehrheitlich entschieden hat dann, Ja, das, sind, in dem Wahlergebnis, das ist der Wählerwille. Und in Deutschland ist das jetzt aus guten historischen Gründen eben auch dass so, man nicht so einfach eine Neuwahl machen kann. Sondern der Bundeskanzler müsste eben im Bundestag die Vertrauensfrage stellen oder sich eine Misstrauensvotum stellen. Und dann könnte neuer Kanzler erstmal gewählt werden. Und das heißt auch noch nicht automatisch Neuwahlen. Aber
00:19:18 LISA FRITSCH
wären denn nicht auch Neuwahlen, wenn die FDP jetzt sagen würde nach dieser Mitgliederbefragung, wir sind raus?
00:19:23 FLORIAN HARMS
dann müssten die Neuen nach einer Mehrheit suchen im Bundestag.
00:19:26 LISA FRITSCH
Ah, okay. Also es werden nicht direkt Neuwahlen. Okay. Ja, und damit kommen wir jetzt erstmal zum Ende der Diskussion über die Haushaltsbeschlüsse für 2024. Um das kurz zusammenzufassen, also es ist auf jeden Fall so, dass es Auswirkungen auf die Bürger geben wird. Heizen, tanken und auch fliegen innerdeutsch wird teurer. auf die Bürger geben wird. tanken Heizen, und auch fliegen innerdeutsch wird teurer. Und auch wenn es erst nicht so dass es schien, Steuererhöhungen ist das auf gibt, jeden Fall der Fall. Die Stabilität der Ampel ist haben angeknackst, wir zusammengefasst. Und damit kommen wir jetzt kurz zu unserem ja, Ausblick aufs neue Jahr, neben Haushalt und was es Ampel, alles noch so was 2024 gibt, passieren könnte. Denn das wie ist, gesagt, die letzte Podcast- Folge in diesem Jahr und auch die letzte Folge des Diskussionsstoff-Podcasts, aber dazu ganz am Ende mehr. Ja, wenn wir jetzt 2023 mit all seinen Krisen und Kriegen mal hinter uns lassen, was gibt es denn für optimistischere Anhaltspunkte für das kommende Jahr? Was erwartet uns?
00:20:23 FLORIAN HARMS
das nächste Jahr wird vor allem ein Sportjahr. Das beginnt mit der Handball-Europameisterschaft, geht dann weiter in den Sommer mit der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, also bei uns zu Hause. Und natürlich kann man sich, wenn man diesen ganzen Krisensturm erlebt hat in den vergangenen Monaten, wünschen, dass wir da mal wieder so eine Art Sommermärchen bekommen. mal wieder so eine Art Sommermärchen bekommen. Und dann kommt auch noch Olympia, die Olympischen Und dann Spiele kommt auch in noch Paris. Olympia, die Olympischen Spiele in Paris. Und selbst wenn man sich jetzt nicht für Fußball und Sport interessiert, kann einen das schon mitreißen und packen, wenn um Rekorde gekämpft wird, wenn Tore reingeballert werden. Das Ganze kann hoffentlich wieder ein bisschen bessere Stimmung auslösen in der Bevölkerung.
00:20:58 LISA FRITSCH
habe sogar auch schon ein Ticket für die EM. Ich weiß nicht, wie es bei euch aussieht.
00:21:01 FLORIAN SCHMIDT
bin leer ausgegangen. und dann Ja, haben wir aber auch noch politisch einige
00:21:03 LISA FRITSCH
dann Ja, haben wir aber auch noch politisch einige Ich Dinge. weiß wie nicht, es bei euch aussieht. Ich bin leer ausgegangen. Ich bin leer ausgegangen leider. auch, und dann Ja, haben wir aber auch noch politisch einige Dinge. US-Wahl und bei uns drei Landtagswahlen im Osten. Was können
00:21:13 FLORIAN SCHMIDT
erwarten? Um dem Optimismus dann vielleicht doch ein bisschen wieder zu trüben. Politisch wird das nächste Jahr definitiv spannend, aber auch herausfordernd für die Demokratie. Gerade im Osten bei den drei den Wahlen, Landtagswahlen, wird höchstwahrscheinlich die AfD einen sehr großen Anteil der Stimmen bekommen, sehr, womöglich in zwei von drei Ländern sogar als Wahlsieger vom Platz gehen. Und gerade in wo mit Thüringen, Björn Höcke, ein erwiesenermaßen Rechtsextremist an der Spitze dieser Partei steht, wird das schon herausfordernd, nicht zuletzt auch von der Regierungsbildung dort werden, die sowieso schon jetzt sehr schwierig war, aber das wird umso komplizierter dort dann werden. Und was die US-Wahl angeht, müssen wir uns glaube ich auch darauf einstellen, dass das ja einen Ausgang haben kann, der für viele in Deutschland und für uns in Europa womöglich nicht so gut ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Donald Trump wieder an die Macht kommt und Joe Biden verlieren wird. Auch das kann große Konsequenzen für uns und unsere Sicherheit auch in Europa haben.
00:22:11 FLORIAN HARMS
wird eine Prüfung für die Demokratie. Egal, wer diese Wahlen gewinnt, ob das jetzt die AfD ist im Osten oder Donald Trump in Amerika, allein die Wahlkämpfe werden sehr hart geführt werden und da wird es auch viele, viele Tiefschläge geben, wo man sich wirklich fragen kann, kann ein Gemeinwesen, das auf Konsens, auf Pluralismus, auf Rechtsstaat basiert, das dauerhaft aushalten? um unsere vielen Leserinnen und Leser bestmöglich zu informieren darüber. Wir werden Reporter wir ausschicken, werden live wir werden tickern, Nachrichten liefern. Wir werden zur US-Wahl wahrscheinlich ein neues Format haben. auch, Lisa, Ich verrate jetzt mal noch nicht aber da kommt was im Januar, mehr, damit auch unsere vielen
00:22:58 LISA FRITSCH
Und jetzt nochmal kurz im Rückblick auf unsere die wir gerade Diskussion, schon zum Haushalt und der Ampel haben. Ist das sozusagen die bittere die sie jetzt schlucken Pille, müssen, weil sie eben
00:23:11 FLORIAN HARMS
Also die müssen besser kommunizieren und das sagt sich so wohlfeil. Aber wenn man das dann immer wieder wie Hölzern sieht, der Kanzler eben rüberkommt, ist das schon echt ein Manko an dieser Regierung. Ja, die sind alle sehr unterschiedlich. Ja, er muss da ganz, ganz verschiedene Interessen immer wieder unter einen Hut bringen. Aber Scholz hat das Problem, dass er offenkundig auf viele Menschen nicht nahbar wirkt, nicht empathisch wirkt und auch auf viele nicht richtig aufrichtig wirkt, sondern sich da von einer Phrase zur nächsten hangelt. Und das ist echt eine Schwierigkeit und auch anders als bei seiner Vorgängerin.
00:23:55 LISA FRITSCH
Und das
00:24:16 FLORIAN SCHMIDT
und auch anders als bei seiner Vorgängerin. Auch Angela Merkel war keine große Rednerin, aber sie hat haben und wir dann in der Verantwortung mehr stehen, wie groß sind dann überhaupt die Chancen, dass die Ukraine dort noch Erfolge erzielen kann? diesen Krieg gewinnen kann. Allerdings braucht sie dafür tatsächlich die volle Unterstützung des Westens, die nicht zuletzt, wir haben noch das eben schon kurz angerissen, eine Investition in unsere eigene Sicherheit ist. Die Ukraine kämpft stellvertretend für uns, für die Europäer im Westen, nicht zuletzt auch für die Amerikaner gegen Russland, dass sich sonst womöglich in einem imperialistischen Gedankenfolgen noch viel mehr unter den Nagel reißen würde. Insofern ist es so, wie du sagst, wenn die Stimmung kippt und sie eben die Ukraine nicht mehr in dem Maße unterstützen wollen, müssen wir stärker einspringen. Das kann auf uns zukommen im nächsten Jahr, absolut.
00:24:52 FLORIAN HARMS
schon sehr bald auf uns zukommen, nicht erst mit dem Ausgang der Präsidentschaftswahl in Amerika im November. Die amerikanischen Militärhilfen, die jetzt genehmigt wurden, die reichen bis Ende des Jahres. Und was ist denn ab Januar? Im Moment sind diese Gelder noch nicht freigegeben. Es kann sein, dass man da noch einen Kompromiss findet, aber es wird wirklich sehr schwierig. Und das wird uns wahrscheinlich in Deutschland in eine hoch prekäre Lage bringen, zumal auch viele europäische Partnerländer jetzt nicht mehr so euphorisch dabei sind, wenn es um weitere Waffenlieferungen für die Ukrainer geht. Die kämpfen dort aber wirklich um jeden Mann. Da geht es jede Minute um Leben und Tod. Und was mich schon bestürzt ist, dass viele Menschen hierzulande eigentlich diesen Krieg mittlerweile ausblenden. Psychologisch ist das verständlich. Man hat es verstanden, wie schlimm das ist, aber man will sich nicht mehr jeden Tag damit belasten. Wir müssen uns dafür interessieren, weil Florian völlig zu Recht gesagt hat, da geht es um unsere Freiheit. Es geht um die Frage, ob Europa sich verteidigen kann gegen einen brutalen Imperialisten. Und wenn uns das nicht gelingt, dann gnade uns Gott.
00:25:58 LISA FRITSCH
mit dieser etwas harten Aussage würde ich sagen, wir schließen die Diskussion an dieser Stelle. Trotzdem bin ich froh, dass wir ein paar optimistischere Klänge gegeben haben, also mit Vorausblick auf die EM, auf Olympia. Ja, und damit bedanke ich mich ganz herzlich bei euch beiden für eure Einordnungen und Analysen und für Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, machen wir es ab kommenden Jahr noch leichter, an die besten Informationen und die spannendsten Gespräche zu kommen. Aus Diskussionsstoff wird Tagesanbruch die Diskussion. Künftig bekommen Sie deshalb die ausführliche Diskussion am Samstag im Tagesanbruch-Podcast, genau dort, wo es Montag bis Freitag die Themen des Tages gibt. Und damit sind alle Informationen und Diskussionen für Sie übersichtlich in einem Podcast gewündelt. Also wenn Sie den Tagesanbruch-Podcast noch nicht abonniert haben, holen Sie das am besten jetzt gleich nach. Wenn Sie noch eine Anmerkung oder Frage haben, schreiben Sie uns gerne an podcasts.t-online.de, Podcast hier mit Plural S. Und damit wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende, eine schöne Weihnachtszeit und sage Tschüss.
00:27:01 FLORIAN SCHMIDT
Lisa, tschüss Florian, bis ins nächste Jahr.
00:27:04 FLORIAN HARMS
Sie bitte zuversichtlich, wir bleiben es auch. Jetzt wünschen wir Ihnen, und zwar im Namen der gesamten Redaktion von T-Online, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr und dann sind wir alle wieder für Sie da. Tschüss und bleiben Sie uns gewogen.